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Schülerinnen in der Bibliothek (Symbolfoto) © de.depositphotos.com

Studie

Unicef fordert mehr Gleichheit und Investitionen in Bildung

Viel Positives, aber auch Probleme: Unicef Deutschland warnt, dass immer mehr Kinder in der Bundesrepublik zu wenig Chancen für ihr Leben bekämen. Vor allem im Bildungsbereich sieht das Kinderhilfswerk großen Handlungsbedarf – insbesondere bei Kindern mit Migrationsbiografie.

Donnerstag, 14.09.2023, 19:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 14.09.2023, 16:10 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Die große Mehrheit der jungen Menschen in Deutschland wächst nach Einschätzung des UN-Kinderhilfswerks Unicef unter positiven und in vielerlei Hinsicht privilegierten Bedingungen auf. Dennoch gerieten immer mehr Kinder ins gesellschaftliche Abseits und könnten die Chancen, die ihnen zustehen, nicht nutzen, heißt es im Unicef-Bericht 2023 zur Lage der Kinder in Deutschland, der am Donnerstag in Berlin vorgestellt wurde. Dazu gehörten Kinder, die in Familien mit niedrigen Einkommen leben, deren erste Sprache nicht Deutsch ist oder die als Geflüchtete nach Deutschland kommen.

Ohne eine stabile politische Ordnung im Nahen Osten und Nordafrika wird es den Experten zufolge immer wieder Fluchtbewegungen aus diesen Regionen geben. „Es ist daher sinnvoll, die damit verbundene Herausforderung für das Bildungssystem nicht nur zu akzeptieren, sondern genauso wie in den 1960er- und 1970er-Jahren die sich aus solchen Prozessen ergebende strukturelle Benachteiligung bestimmter Gruppen offensiv zu thematisieren und zu prüfen, welche Strategien entwickelt werden können, damit alle Kinder aus den verschiedenen Regionen, die jetzt in Deutschland leben, die Chance haben, ihre Talente zu entfalten und ihre Fähigkeiten in Zukunft in und für die Gesellschaft einzubringen“, heißt es in dem Bericht.

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Teilweise deutliche Leistungsunterschiede

Nach wie vor erzielten Kinder mit und ohne Migrationserfahrung teilweise deutlich unterschiedliche Ergebnisse in der Schule. Die Forderung von UNICEF, allen Kindern gleiche Bildung zu ermöglichen, werde offensichtlich nicht erfüllt. „Angesichts dieser deutlichen Unterschiede ist die in Deutschland gleichermaßen verbindliche UN-Kinderrechtskonvention kaum als umgesetzt anzusehen“, so die Verfasser des Berichts.

Der Vorstandsvorsitzende von Unicef Deutschland, Georg Graf Waldersee, sagte, Handlungsbedarf bestehe vor allem im Bildungsbereich. Deutschland müsse dringend in die Bildung von Kindern und Jugendlichen investieren, vor allem in die unterfinanzierten Grundschulen. Es entscheide sich weitgehend im Grundschulalter, ob Kinder ihre Talente entfalten können. Waldersee betonte, eine individuelle Förderung der Schülerinnen und Schüler sei ebenso erforderlich wie eine hochwertige Ganztagsbetreuung.

Politik reagiert nicht wachsende Kinderzahl

Der Familiensoziologe und Autor des Berichts, Hans Bertram, sagte, die Politik reagiere nicht angemessen auf die wachsende Zahl von Kindern in Deutschland. „Wir investieren in den Grundschulbereich so viel wie Bulgarien und sind auch so schlecht wie Bulgarien“, sagte Bertram. Dass jährlich rund 50.000 Jugendliche die Schulen ohne Abschluss verließen, dürfe nicht hingenommen werden. Diese jungen Menschen müssten aufgefangen werden.

In dem Bericht fordert Unicef Deutschland auch Investitionen in die frühkindliche Bildung, die Sprachförderung und für Kindertagesstätten. Waldersee sagte, in Deutschland seien rund 1,3 Millionen Kinder dem Risiko dauerhafter Armut ausgesetzt. Viele staatliche Leistungen kämen bei den Kindern nicht an oder seien zu knapp bemessen. Die geplante Kindergrundsicherung sei ein wichtiger Baustein auf dem Weg, Kinderarmut entgegenzuwirken. Von der Bundesregierung werde nun erwartet, in der zweiten Hälfte ihrer Regierungszeit „Umfang und Tempo ihrer Bemühungen für Kinder zu steigern“. Es dürften nicht immer mehr Kinder ins gesellschaftliche Abseits geraten.

Lebenszufriedenheit von Jugendlichen eingebrochen

Dem Bericht zufolge ist die Lebenszufriedenheit der Jugendlichen in Deutschland von 2021 zu 2022 eingebrochen. Deutschland teile sich mit Bulgarien bei den verglichenen Ländern den letzten Platz, hieß es. Diese Veränderungen seien jedoch kaum auf die Pandemie zurückzuführen, weil andere Länder, die in der Pandemie sehr restriktive Beschränkungen bei Jugendlichen durchgesetzt hätten, solche Einbrüche nicht aufwiesen. Dazu gehörten Österreich, Polen und Finnland.

Da dieser Einbruch in keinem anderen europäischen Land zu beobachten sei, könne die Pandemie nicht die alleinige Ursache sein. Die Hintergründe der Entwicklung sollten deshalb genauer untersucht werden, denn die Zukunft der Gesellschaft hänge auch vom Optimismus der nachwachsenden Generation ab. (epd/mig) Aktuell Panorama

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