Die These, Deutschland ist kein Einwanderungsland galt teilweise bis ins neue Jahrtausend hinein. Heute muss es heißen, dass Deutschland auch ein Einwanderungsland für internationale Fluchtbewegungen ist. Das Land steht erneut vor einem migrationspolitischen Wendepunkt. Von David Yuzva Clement Von David Yuzva Clement
Die Koalition streitet wieder ums Asylpaket. Dabei hat das Gesetz längst das Kabinett passiert - offenbar aber mit unterschiedlichen Interpretationen. Man habe die Tragweite "anders eingeschätzt", erklärte das Familienministerium.
Als sich die Koalition im November 2015 erstmals auf das zweite Asylpaket verständigte, war noch vom Willkommen für Flüchtlinge mit einer Bleibeperspektive die Rede. Nun geht es vor allem um Abschreckung derer, die in Deutschland keine Chance haben.
Das Bundeskabinett hat am Mittwoch in Berlin das zweite Asylpaket beschlossen. Wie das erste im Herbst vergangenen Jahres enthält es vor allem Verschärfungen für abgelehnte Asylbewerber und Flüchtlinge ohne Bleibeperspektive. Die vorgesehenen Änderungen im Überblick:
Die Spitzen der großen Koalition haben sich nach langem Ringen auf das zweite Asylpaket geeinigt. Die SPD tauscht den Familiennachzug für Syrer ein gegen Aufenthaltstitel für Flüchtlinge in Ausbildung. Außerdem gibt es neue sichere Herkunftsstaaten.
Der Familiennachzug zu Flüchtlingen wurde eingeschränkt. Die Folgen solcher politischer Entscheidungen zeigt die Ausstellung "Generation Einskommafünf" in Bildungsstätte Anne Frank. Dort kommen Kinder von einstigen Gastarbeitern zu wort, die in der Heimat bleiben mussten. Auch ihr Familiennachzug war Anfangs nicht gewollt.
Die geplante Aussetzung des Familiennachzugs bei Flüchtlingen ist nach Überzeugung des Deutschen Anwaltsvereins verfassungswidrig. Die Verfassungsrichter hätten bereits mehrfach deutlich gemacht, dass die Einheit der Familie wichtiger sei als einwanderungspolitische Erwägungen.
Das Bundesinnenministerium hat das zweite Asylpaket auf den Weg gebracht. Es enthält die geplanten Asyl-Schnellverfahren und Einschränkungen des Familiennachzugs. Auch Minderjährige sollen ihre Familien nicht mehr nachholgen können - zum eigenen Schutz.
Ein Streit über das Recht auf Familiennachzug für syrische Geflüchtete ist entbrannt. Eine Aussetzung würde jedoch an einem Grundrecht rütteln: dem Schutz von Ehe und Familie - ein Grundrecht, das im Migrationskontext Regierungen schon seit Jahrzehnten ein Dorn im Auge ist. Von Miriam Gutekunst Von Miriam Gutekunst
Muslimische Wohlfahrtseinrichtungen sollen im kommenden Jahr erstmals staatliche Förderung erhalten. Im Gegenzug sollen Muslime in die Integrationsarbeit von Flüchtlingen eingebunden werden. Die Gründung eines muslimischen Wohlfahrtsverbandes sei aber noch nicht in Sicht.