Zweites Asylpaket auf dem Weg
Frontalangriff auf das Recht auf Asyl
Das Bundesinnenministerium hat das zweite Asylpaket auf den Weg gebracht. Es enthält die geplanten Asyl-Schnellverfahren und Einschränkungen des Familiennachzugs. Auch Minderjährige sollen ihre Familien nicht mehr nachholgen können - zum eigenen Schutz.
Donnerstag, 19.11.2015, 8:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 24.11.2015, 16:31 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Ein neues Asylpaket von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) könnte nach Einschätzung von Pro Asyl für weit mehr Flüchtlinge die Situation verschärfen als zunächst gedacht. Ein Gesetzentwurf, der dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegt, regelt die in der Koalition verabredete Einrichtung von speziellen Aufnahmezentren, die nach den Äußerungen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vor allem Asylsuchende aus sicheren Herkunftsländern treffen sollen. Pro Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt fürchtet aber, dass auch andere Gruppen betroffen sein könnten. „Das Gesetz ist ein Frontalangriff auf das Grundrecht auf Asyl“, sagte er dem epd.
Grund für Burkhardts Befürchtungen ist die Definition der Gruppen, die in speziellen Aufnahmezentren ein Asyl-Schnellverfahren durchlaufen sollen. Neben Menschen aus sicheren Herkunftsstaaten finden sich dort auch Personen, die ihren Pass zurückhalten oder vernichten oder falsche Angaben machen. Dies treffe auch auf Bürgerkriegsflüchtlinge aus Syrien zu, sagte Burkhardt. Der Entwurf sei eine „uferlose Ausweitung“ der in der Koalition besprochenen Maßnahmen.
Kein Familiennachzug
Auf Kritik stoßen bei der Flüchtlingsorganisation auch die Regelungen zum Familiennachzug. Union und SPD hatten verabredet, den Nachzug von Angehörigen bei subsidiär Schutzberechtigten für zwei Jahre auszusetzen. Bislang sind davon nicht die syrischen Flüchtlinge betroffen. Ob die Einschränkung auch für sie gelten soll, wird politisch noch diskutiert.
Wie aus dem Papier hervorgeht, sollen die geplanten Einschränkungen des Familiennachzugs auch Minderjährige betreffen, die ihre Eltern nach Deutschland holen wollen. „Dies ist durch die steigende Zahl an Minderjährigen, die alleine flüchten oder alleine auf die Flucht geschickt werden, erforderlich geworden“, heißt es in der Begründung eines Gesetzentwurfs aus dem Bundesinnenministerium, der dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegt. Genauso wie Erwachsene soll für sie eine Wartefrist von zwei Jahren gelten.
Im Interesse der Minderjährigen
In der Gesetzesbegründung heißt es weiter, durch die steigende Zahl unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge sei „offensichtlich“ geworden, dass Anreize geschaffen worden seien, sie allein auf die Flucht zu schicken. „Eine Einschränkung des Familiennachzugs erscheint daher auch im Interesse der Minderjährigen selbst geboten“, heißt es.
Im Gesetzentwurf ist aber bereits von Bürgerkriegsflüchtlingen ausdrücklich die Rede. In der Gesetzesbegründung heißt es, aufgrund der hohen Zuzugszahlen von Schutzberechtigten sei die „daraus resultierende Dimension“ des Familiennachzugs „gesellschaftspolitisch schwer darstellbar“. Zwar werden dann nur subsidiär Schutzberechtigte genannt, also solche mit zeitlich begrenztem Schutz. Weiter heißt es aber: „Vielmehr ist es wichtig und richtig, dass Bürgerkriegsflüchtlinge in den Schutzräumen der Krisenregion gemeinsam mit ihren Familien verbleiben und dort versorgt und betreut werden.“
Pro Asyl: Regelungen verfassungswidrig
Burkhardt sagte, die Wartefrist von drei Jahren bedeute durch die zusätzlichen Wartezeiten beim Asylantrag in Deutschland und den Botschaften der Herkunftsländern de facto ein vier- bis fünfjähriges Warten auf die Angehörigen. „Da wäre es ehrlicher, den Artikel sechs des Grundgesetzes, der Ehe und Familie unter besonderen Schutz stellt, für Bürgerkriegsflüchtlinge auszusetzen“, sagte er. Die Regelungen seien verfassungswidrig.
Flüchtlinge haben nach bisheriger Rechtslage die Möglichkeit, ihre sogenannte Kernfamilie zu sich zu holen. Darunter fallen Ehegatten und minderjährige Kinder beziehungsweise deren Eltern. Auch für Minderjährige soll die Einschränkung gelten, wie im Entwurf betont wird. „Dies ist durch die steigende Zahl an Minderjährigen, die alleine flüchten oder alleine auf die Flucht geschickt werden, erforderlich geworden“, heißt es in der Begründung.
Die Einschränkung des Familiennachzugs und die Asyl-Schnellverfahren, die insgesamt nicht länger als drei Wochen dauern sollen, wurden Anfang November bei einem Spitzentreffen der Koalition besprochen. Wann sich das Bundeskabinett mit dem Entwurf befasst, ist noch unklar. (epd/mig) Leitartikel Politik
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Die Aufregung verstehe ich nicht. Wer seinen Pass fälscht, absichtlich vernichtet oder zurückhält, kann ebenfalls in eine Aufnahmeeinrichtung.
Im Gesetzentwurf steht ja nicht, dass dies für denjenigen gilt, der keinen Pass besitzt.
Wer bewusst seinen Pass verfälscht, ihn bewusst vernichtet oder bewusst zurückhält, darf sich doch nicht darüber beschweren, dass er in einer Aufnahmeeinrichtung ist. Die Einschränkung des Grundrechts auf Asyl ist für mich nicht zu sehen. Ganz im Gegenteil, ich halte das für sinnig.
Wer seine Identität nicht offenbaren will und damit von Anfang an zeigt, dass er sich nicht an die deutsche Rechtsordnung halten will, hat die Unterbringung in der Aufnahmeeinrichtung selbst zu verschulden.
Und nochmal: Es geht nicht um diejenigen, die schlichtweg keinen Pass besitzen.