Anwaltverein

Aussetzung des Familiennachzugs verfassungswidrig

Die geplante Aussetzung des Familiennachzugs bei Flüchtlingen ist nach Überzeugung des Deutschen Anwaltsvereins verfassungswidrig. Die Verfassungsrichter hätten bereits mehrfach deutlich gemacht, dass die Einheit der Familie wichtiger sei als einwanderungspolitische Erwägungen.

Montag, 30.11.2015, 8:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 01.12.2015, 15:41 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Der Deutsche Anwaltverein ist überzeugt, dass die geplante Aussetzung des Familiennachzugs bei Flüchtlingen vom Bundesverfassungsgericht wieder kassiert werden könnte. In Dutzenden Entscheidungen habe das höchste deutsche Gericht deutlich gemacht, dass die Einheit der Familie, wenn sie zumutbar nur im Bundesgebiet herzustellen wäre, Vorrang vor einwanderungspolitischen Erwägungen habe, sagte der Rechtsanwalt Tim Kliebe am Donnerstag in Berlin. Für Syrer gelte dies, weil sie mit ihren Familien derzeit nicht in ihrem Herkunftsland leben könnten.

Der auf Asylrecht spezialisierte Jurist verwies auf entsprechende Entscheidungen in den 90er Jahren, in denen illegal in Deutschland lebende Flüchtlinge, die hier beispielsweise bereits Kinder hatten, abschoben werden sollten und dies per Gericht verhindert wurde. Kliebe nannte zudem eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1987, in der es um eine von Baden-Württemberg festgelegte dreijährige Aussetzung des Familiennachzugs für Gastarbeiter ging. Die Karlsruher Richter entschieden damals, dass dies maximal für ein Jahr gelten dürfe.

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Kliebe ergänzte, das Verfahren zum Familiennachzug dauere bereits jetzt lange. In einigen Orten Deutschlands müssten Flüchtlinge ein Jahr auf eine Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge warten. Dazu kommt dann die Wartezeit bis zum Asylbescheid. In den Auslandsbotschaften, wo der Familiennachzug beantragt werden muss, komme nochmals eine Wartezeit von vielen Monaten dazu.

Die große Koalition hat sich Anfang November darauf verständigt, den Familiennachzug für bestimmte Flüchtlingsgruppen für zwei Jahre auszusetzen. Begründet wird dies mit dem derzeit allgemein großen Flüchtlingsandrang. Ob Syrer von der Regelung betroffen sein werden, ist politisch noch umstritten. Das Bundesinnenministerium hatte bereits einen Gesetzentwurf in die Ressortabstimmung gegeben, in dem die Aussetzung des Familiennachzugs sowie beschleunigte Verfahren in speziellen Aufnahmeeinrichtungen vorgesehen sind. Union und SPD verhandeln derzeit aber noch über Details. (epd/mig) Aktuell Recht

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