Fußball, Bundesliga, Sport, Kicken, Jugend, Rasen
Fußball © susieq3c @ flickr.com (CC 2.0), bearb. MiG

Soccer Refugee Coach

„Fußball verbindet Menschen auf magische Weise“

Die Brüder Ainullah und Omid Moradi haben in Hildesheim ein neues Zuhause gefunden. Geholfen hat den Afghanen das Projekt „Soccer Refugee Coach“ des Niedersächsischen Fußballverbandes und des Landessportbundes Niedersachsen.

Von Donnerstag, 28.03.2024, 13:20 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 26.03.2024, 23:45 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Die Werdegänge von Omid und Ainullah Moradi lesen sich wie ein Best-Practice-Beispiel gelungener Integration. 2015 kamen die Brüder aus Afghanistan nach Hildesheim. Sie waren Teenager, 14 und 16 Jahre alt. Heute arbeitet Omid nach Fachabitur und Ausbildung als Elektrotechniker, im Oktober beginnt der 22-Jährige sein Bachelor-Studium der Ingenieurwissenschaft. Omids zwei Jahre älterer Bruder Ainullah hat Abitur gemacht, er ist im sechsten Semester eines dualen Studiums der Verwaltungsinformatik.

Geholfen hat den Brüdern auf ihrem Weg das 2016 gegründete Projekt „Soccer Refugee Coach“ des Niedersächsischen Fußballverbandes und des Landessportbundes Niedersachsen. Das Projekt bietet Zugewanderten nicht nur die Möglichkeit zu kicken, sondern bildet sie auch als Co-Trainer und Betreuer von Fußballmannschaften aus.

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Den Geflüchteten werden die Grundlagen des deutschen Fußballs vermittelt. Trainer-Lizenzen, Aufsichtspflicht, Erste Hilfe, Kindertraining – all diese Themen werden in den viertägigen Coach-Lehrgängen behandelt. Das Wort „Refugee“ ist seit Kurzem aus dem Namen des Projekts verschwunden. Der Grund: Auch anderweitig benachteiligte Menschen, Menschen mit einer Behinderung etwa oder von Armut Betroffene, sollen sich willkommen fühlen.

„Fußball ist perfekt“

„Wir hatten 2016 die Situation, dass wir sehr schnell und konkret vor Ort Angebote für die Geflüchteten schaffen mussten“, erinnert sich Najmann Kuri, Projektkoordinator seitens des Niedersächsischen Fußballverbandes an die Anfänge. „Fußball ist dafür perfekt, jeder auf der Welt kennt es, man braucht nur einen Ball und los geht’s, ganz ohne kulturelle oder sprachliche Hürden“, sagt Kuri, der selbst Migrant ist. Er kam vor fast 30 Jahren aus Syrien nach Deutschland.

„Fußball ist mehr als Sport, mich hat er von der Straße geholt“, sagt Kuri. Fußball könne eine positive Dynamik entfalten. „Ich habe Mentoren gefunden, Menschen, die mir geholfen haben, so dass ich die Schule fertig machen konnte, diese Vernetzung ist bei der Integration sehr wertvoll.“

„Integration durch Sport“

Das Bundesprogramm „Integration durch Sport“ des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), zu dem auch der „Soccer Coach“ gehört, gibt es bereits seit 35 Jahren. Der DOSB bezeichnet das Programm, das durch das Bundesinnenministerium und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gefördert wird, als „einen der größten aktiven Integrationshelfer in Deutschland“.

Im Jahr 2022 wurden bundesweit 1.800 Vereine sowie 3.500 Sportgruppen gefördert, die Gesamtsumme lag 2022 bei rund 5,5 Millionen Euro. Am Lehrgang „Soccer Coach“ haben seit Projektbeginn an etwa 30 Standorten in Niedersachsen rund 500 Teilnehmer knapp 40 Lehrgänge absolviert und ein Trainer-Zertifikat erworben, das als Vorstufe zur C-Lizenz gilt.

Gäbe es die Afghanen nicht…

Dass das Geld gut investiert ist, zeigt der Werdegang der Moradi-Brüder. Omid trainiert beim SV Emmerke und SV Sorsum zweimal wöchentlich die unter Zwölfjährigen, samstags begleitet er sie bei ihren Punktspielen. Ainullah hat die Trainer-C-Lizenz erworben, er engagiert sich im MTV 1848 Hildesheim.

Gäbe es die Afghanen nicht, stünden Hobbykicker im Raum Hildesheim vor einem Problem. Denn qualifizierte Trainer sind rar. „In Sorsum und Emmerke hätte sich die Kindermannschaft fast auflösen müssen“, sagt Omid Moradi.

„Das tut gut“

Was aber macht den Zauber von Fußball aus? Warum ist diese Sportart so gut zur Integration geeignet? Omid überlegt. „Fußball verbindet Menschen auf magische Weise“, sagt er schließlich lächelnd.

Ainullah nickt. Er erinnert sich an die sechs Monate, die er mit seinem Bruder in einer Flüchtlingsunterkunft, einer alten Kaserne verbracht hat. „Da gab es eine ungenutzte Fläche, auf der wir oft Fußball gespielt haben“, sagt er. Manchmal seien Sozialarbeiter und andere Mitarbeiter dazugekommen und hätten mitgekickt. „Man kennt sich nicht, doch schon nach wenigen Sekunden spürt man eine Verbindung – das tut gut“, sagt der angehende Verwaltungsinformatiker. (epd/mig) Aktuell Panorama

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