Ein „triviales Detail“
Mastercard-Chef glaubt nicht an weniger Geflüchtete wegen Bezahlkarte
Mastercard stellt die Infrastruktur für die Bezahlkarte für Geflüchtete. Ausgerechnet der Konzern-Deutschlandchef glaubt nicht, dass die Bezahlkarte die Flucht eindämmt. Er spricht aus Erfahrung: Seine Eltern waren ebenfalls geflüchtet. Die Karte sei im Vergleich zu den Fluchtgründen ein „triviales Detail“.
Mittwoch, 21.02.2024, 12:11 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 21.02.2024, 12:28 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Mastercard-Deutschlandchef Peter Robejsek glaubt nicht, dass eine Bezahlkarte für Flüchtlinge die Migration nach Deutschland eindämmen wird. „Wenn es mir wirklich schlecht geht und ich sehe mich gezwungen, meine Heimat zu verlassen, oder weil ich mir woanders ein besseres Leben aufbauen will, dann fällt es mir sehr schwer zu glauben, dass Menschen davon Abstand nehmen, nur weil es Bezahlkarten gibt“, sagte Robejsek der „Augsburger Allgemeinen“.
Er spricht aus Erfahrung aus seiner eigenen Familie. Seine Eltern waren aus der damaligen Tschechoslowakei geflüchtet. „Ein so triviales Detail hätte meine Eltern nicht von der Flucht vor dem Kommunismus abgehalten.“ Er habe bisher auch noch keine wissenschaftlich fundierte Analyse gesehen, die einen negativen Zusammenhang zwischen Zuwanderung und Bezahlmethode hergestellt habe.
Robejsek: Bezahlkarte praktisch für Verwaltung
Der Finanzdienstleister Mastercard stellt nach Robejseks Angaben Infrastruktur für die Bezahlkarte zur Verfügung. „Welche konkrete Ausgestaltung eine Karte bekommen soll, kann sich theoretisch von Bundesland zu Bundesland unterscheiden und auch von Landkreis zu Landkreis“, sagte er der Zeitung. „Das hängt davon ab, wie sich die Politiker auf den verschiedenen Ebenen abstimmen.“
Robejsek hält die Bezahlkarte vor allem für praktisch: „Wenn Bargeld und Sachgüter an Geflüchtete ausgegeben werden, dann ist das auch für die Verwaltungen unglaublich teuer und umständlich. Mit den Bezahlkarten wird der Aufwand deutlich reduziert, was im Interesse der Steuerzahler ist.“ Für diskriminierend halte er sie nicht.
Gesellschaft für Freiheitsrechte sieht Diskriminierung
Die Gesellschaft für Freiheitsrechte hingegen sieht in der Bezahlkarte eine Reihe diskriminierender Faktoren. So könne je nach Ausgestaltung, etwa in Hamburg, mit der Bezahlkarten nur dort bezahlt werden, wo bestimmte Kredit-Karten akzeptiert werden. Viele Händler, gerade in kleinen Läden, akzeptieren aber nicht alle Kreditkarten. Außerdem seien Überweisungen und Online-Einkäufe ausgeschlossen. So würden die Menschen von kostengünstigen Online-Einkäufen ausgeschlossen. Geflüchtete und ihre Kinder können beispielsweise keinem Sportverein beitreten, da sie die Mitgliedsbeiträge nicht überweisen können.
Zudem sei der Einsatz der Bezahlkarte teilweise geografisch beschränkt. Das könne dazu führen, dass Betroffene bestimmte Produkte in ihrer Region überhaupt nicht erwerben können, etwa wenn der nächste Halal-Supermarkt nicht mehr im erlaubten PLZ-Gebiet liegt.
Koalitionsstreit um die Bezahlkarte
Um die Bezahlkarte war zuletzt ein neuer Streit in der Ampel-Koalition ausgebrochen. Aus Sicht von SPD und FDP braucht es flankierend eine bundesgesetzliche Regelung. Die Grünen halten dies nicht für nötig und weisen darauf hin, dass die Einführung in Hamburg bereits begonnen hat und in Bayern kurz bevorsteht. Dort soll die Karte im März in vier Kommunen an den Start gehen. In Hamburg sind damit auch Barabhebungen an Geldautomaten möglich, allerdings nur bis zu einem Höchstbetrag von 50 Euro pro Monat plus 10 Euro für jedes Kind.
14 von 16 Bundesländern – darunter Hamburg – hatten sich Ende Januar auf ein gemeinsames Vergabeverfahren zur Einführung einer Bezahlkarte für Asylbewerber geeinigt, das bis zum Sommer abgeschlossen sein soll. Bayern und Mecklenburg-Vorpommern gehen eigene Wege. Mit der Karte soll unter anderem verhindert werden, dass Migranten Geld an Schlepper oder an ihre Familie oder Freunde ins Ausland überweisen. (dpa/mig) Aktuell Panorama
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