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MiGAZIN Kolumnist Sven Bensmann © privat, Zeichnung MiG

Nebenan

Eins, Zwei, Polizei

George Floyds Mörder muss für über 20 Jahre in den Knast. Irgendwie ja traurig. Traurig, dass es eine Nachricht wert ist. Eigentlich müssten solche Verurteilungen selbstverständlich sein - auch bei uns.

Von Dienstag, 29.06.2021, 5:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 28.06.2021, 20:47 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Nun ist es also entschieden. Derek Chauvin, der Mann, der George Floyd ermordete, ist dieses Mordes für schuldig gesprochen worden und muss für über 20 Jahre in den Knast. Irgendwie ja traurig. Traurig, dass es eine weltweite Nachricht wert ist jedenfalls, wenn ein weißer Polizist einen Schwarzen ermordet und dafür verurteilt wird – wenn es doch eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein sollte.

Doch nicht nur in den USA, auch in Deutschland stehen Polizisten üblicherweise über dem Gesetz: Weil sich Opfer nicht trauen, Polizisten anzuzeigen; weil Polizisten andere Polizisten decken; weil Polizisten Anzeigen mit Gegenanzeigen beantworten und Justitia sich gewohnheitsmäßig auf die Seite der Polizei stellt; weil Polizisten gegen Polizisten ermitteln müssten, Kollegen gegen Kollegen, Freunde gegen Freunde.

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„Wir wissen immer noch nicht, wie Oury Jalloh in seiner Gewahrsamszelle bei der Dessauer Polizei, an allen Extremitäten gefesselt, an einen Benzinkanister gekommen ist, um sich mit diesem zu übergießen und dann selbst anzuzünden.“

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Die Politik, die beispielsweise bei der Kennzeichnung von Polizisten auf Demos besonders gern den Bremser und damit auch von außen das Zeichen gibt, dass Polizisten vor dem Recht, dass sie eigentlich durchsetzen sollen, „geschützt“ werden müssen – schon das ein massives Misstrauensvotum gegen die Polizei: kein Ehepartner würde im Eheversprechen bereits erklären, jegliche Verantwortung für etwaiges zukünftiges Fremdgehen explizit abzulehnen – bestärkt Polizisten eben damit auch, unfreiwillig oder freiwillig, in ebendieser Annahme, selbst über dem Gesetz zu stehen.

Aber während einerseits so langsam ein Umdenken einzusetzen scheint und gegen offenen, verfassungswidrigen Rechtsextremismus in einzelnen Fällen sehr öffentlichkeitswirksam vorgegangen wird, wissen wir andererseits noch immer nicht, was der deutsche Staat und seine Ermittlungsorgane eigentlich so über den NSU wussten, wissen wir auch immer noch nicht, wie Oury Jalloh denn nun in seiner Gewahrsamszelle bei der Dessauer Polizei, an allen Extremitäten gefesselt, an einen Benzinkanister gekommen ist, um sich mit diesem zu übergießen und dann selbst anzuzünden.

Während derweil das Vertrauen der Deutschen zu ihrer Polizei proportional zur Pigmentierung der Hautfarbe verschlechtert, kenne ich auch sonst nur wenige, die sich in Anwesenheit von Polizisten sicherer und eben nicht bedroht fühlen – eben weil wir das Gefühl haben, dass Polizisten in einem rechtsfreien Raum agieren, der sie für alle anderen zu einer Bedrohung macht.

„Wie groß der Anteil der Rechtsextremisten, Reichsbürger und Rassisten in der deutschen Polizei wirklich ist, lässt sich aktuell nicht einmal vermuten. Sicher ist trotzdem, dass all die Einzelfälle, die uns monatlich in der Familienpackung serviert werden, nicht mehr als die Spitze eines Eisberges sind.“

Das Urteil gegen Derek Chauvin ist ein schüchterner Anfang. Die Auflösung des SEK Frankfurt ist ein öffentlichkeitswirksamer Aufbruch. Aber nicht mehr. Immerhin: Die Reformen der Polizeigesetze der letzten paar Jahre marschierten noch stramm in eine ganz andere Richtung.

Wie groß der Anteil der Rechtsextremisten, Reichsbürger und Rassisten in der deutschen Polizei wirklich ist, lässt sich aktuell nicht einmal vermuten. Sicher ist trotzdem, dass all die Einzelfälle, die uns monatlich in der Familienpackung serviert werden, nicht mehr als die Spitze eines Eisberges sind, vor dem alle zittern müssen, die sich nicht selbst in strammrechten Kreisen bewegen.

Es ist jetzt eine harte Aufklärung an allen Fronten notwendig, damit wir alle wieder das Vertrauen in die Polizei haben können, die sie eigentlich verdient. Meinung

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