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Kopftuchverbot

Politik muss klares Zeichen setzen

Das Bundesverfassungsgericht hat das Kopftuchverbot gekippt, dem Gesetzgeber aber einen Stolperstein auf den Weg gelegt. Nun liegt es an der Politik: die Neuregelung kann für Vielfalt zu werben oder Islamhassern eine Steilvorlage liefern. Von Ekrem Şenol

Von Sonntag, 15.03.2015, 19:22 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 26.03.2015, 20:53 Uhr Lesedauer: 1 Minuten  |  

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Kopftuchverbot erteilt dem Gesetzgeber eine Lehrstunde in Verfassungsrecht Grundkurs. Keine Religion darf gegenüber anderen Glaubensrichtungen bevorzugt oder benachteiligt werden. Genau das war in Nordrhein-Westfalen bisher der Fall. Während das Kopftuch auf dem höchstpersönlichen Kopf einer Lehrerin verboten war, durften christliche Kreuze und Kruzifixe an staatlichen Wänden hängen. Mit dieser Entscheidung ist die von Schwarz-Gelb geschaffene Ungleichbehandlung auf höchster Ebene Geschichte.

Zudem entschieden die Richter, dass das Kopftuch weder die negative Glaubensfreiheit tangiert noch das Elternrecht oder den staatlichen Erziehungsauftrag. Auch die pauschale Behauptung, der Kopftuch stehe für die Unterdrückung der Frau, „verbietet“ sich laut Verfassungsgericht.

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Weshalb die Verfassungsrichter in ihrer Entscheidung dennoch eine Tür gegen das Kopftuch aufgelassen haben, bleibt indes rätselhaft. Danach kommt ein Verbot in Betracht, wenn eine hinreichend konkrete Gefahr für den Schulfrieden vorliegt. Wann das gegeben sein soll, lassen die Richter offen.

Im Einzelfall könnten also Kopftuchgegner an einer Schule einen Streit entfachen und so den Schulfrieden stören. Die Folge wäre ein Kopftuchverbot. Nicht die Unruhestifter, die Intoleranten würden also sanktioniert, sondern jene, die ein grundrechtlich geschütztes Recht in Anspruch nehmen. Ein klarer Fehltritt des Gerichts, den die Gesetzgeber der Länder nicht mitgehen dürfen. Sonst rufen sie die erwartbaren Provokationen von Islamhassern geradezu herbei – Pegida lässt grüßen.

Deshalb sollte der Gesetzgeber ein klares Signal senden: Religionsfreiheit gehört unstreitig zu Deutschland! Wer ein Problem damit hat, ist im Lichte unserer Verfassung selbst ein Problem. Das muss doch auch mal gesagt werden. Aktuell Meinung

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  1. aloo masala sagt:

    @openyourmind

    Frankreich ist in dieser Angelegenheit wenigstens konsequent. Ich bezog mich eigentlich auf die Debatte in Deutschland.

  2. aloo masala sagt:

    @Johann

    Privilegierung und Diskriminierung sind zwei Seite der gleichen Medaille. Wenn Sie die einen diskriminieren, privilegieren sie automatisch die anderen und umgekehrt.

  3. openyourmind sagt:

    @aloo masala:
    „Privilegierung und Diskriminierung sind zwei Seite der gleichen Medaille. Wenn Sie die einen diskriminieren, privilegieren sie automatisch die anderen und umgekehrt.“
    In Frankreich, wo das Prinzip „gleich wenig“ für alle gilt, gibt es weder Privilegierung noch Diskriminierung. Bei den ganzen Kopftuch-Verfahren geht es in Wirklichkeit nicht um den Kampf für Vielfalt und gegen Diskriminierung. Vielmehr wollen die klagenden Kopftuchträgerinnen nur gruppenegoistisch am Privillegienkuchen mitnaschen, der bisher den christlichen Kirchen vorbehalten war. Die klare Trennung von Staat und Religionen soll ausgebaut werden, anstatt die in Deutschland leider aus historischen Gründen bestehenden inkonsequenten Verflechtungen des Staats mit den christlichen Kirchen noch um eine weitere mit dem Islam zu ergänzen.

  4. aloo masala sagt:

    @ openyourmind

    Das Neutralitätsprinzip des Staates, so wie Sie es interpretieren, widerspricht dem Neutralitätsgebot. Die Forderung alle Weltanschauungen zu marginalisieren, ist auch eine Weltanschauung. Wie kann ein neutraler Staat Ihrer Weltanschauung der Neutralität Vorrang geben, ohne dabei das Neutralitätsprinzip zu verletzen?

  5. El_Mocho sagt:

    Das Neutralitätsprinzip ist keine Weltanschauung, sondern grade die Ablehnung einer solchen. Mein Nicht-Fußballspielen ist auch kein Sport.

  6. aloo masala sagt:

    @el_mocho

    Das Neutralitätsprinzip ist keine Ablehnung von Weltanschauungen, sondern eine unparteiische Haltung.

    Das Neutralitätsprinzip, wie es von User „openyourmind“ ausgelegt wird, ist eine Weltanschauung, die Bekenntnisfreiheit in staatlichen Institutionen nicht zulässt und das Grundrecht der Religionsfreiheit einschränkt. Diese Weltanschauung steht im Konflikt mit sich selbst, mit dem Grundgesetz und auch mit den Werten einer Demokratie.

    Die Weltanschauung von User „openyourmind“ steht im Konflikt mit sich selbst, weil keine Weltanschauung zulassen auch bedeutet, die Weltanschauung der klinisch-sterilen Wertfreiheit in staatlichen Institutionen zu verbieten. Das heißt „openyourmind“ steckt mit seiner Weltanschauung int einem unauflösbaren Paradox.

    Die Weltanschauung von „openyourmind“ steht im Konflikt mit dem Grundgesetz und den demokratischen Werten, weil zum einen Grundrechte wie die Religionsfreiheit eingeschränkt werden und zum anderen Pluralismus und eine werte-oriientierte Erziehung in der Schule unerwünscht sind.