Studie

Verbundenheit der türkeistämmigen Bevölkerung zu Deutschland wächst

Die Mehrheit der Türkeistämmigen fühlt sich in Deutschland heimisch und hat keine Rückkehrabsichten mehr. Dies ist eines der Ergebnisse der Mehrthemenbefragung des Zentrums für Türkeistudien und Integrationsforschung, die Integrationsminister Armin Laschet vorgestern vorstellte.

Donnerstag, 01.04.2010, 8:05 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 05.09.2010, 2:58 Uhr Lesedauer: 4 Minuten  |  

„Wenn 60 Prozent der Türkeistämmigen in Deutschland bleiben wollen, dann führen Diskussionen darüber, zu wem diese Menschen gehören, an der Realität vorbei. Sie haben sich bereits entschieden; sie leben in Deutschland und sind Teil dieses Landes“, sagte Laschet auch mit Blick auf den Türkeibesuch der Bundeskanzlerin. Deutschland müsse ein Land sein, in dem jedem, unabhängig von der Herkunft der Eltern, der Aufstieg durch Bildung ermöglicht werden müsse. Voraussetzung seien gute Kenntnisse der deutschen Sprache. „Daran müssen wir gemeinsam arbeiten“, forderte Laschet.

Mit der jährlichen Mehrthemenbefragung Türkeistämmiger in Nordrhein-Westfalen, die die Stiftung Zentrum für Türkeistudien und Integrationsforschung im Auftrag des Integrationsministeriums durchführt, werden seit 1999 der Stand und die Entwicklung der Integration in zentralen Lebensbereichen untersucht und auch Merkmale der Identitätsentwicklung der Türkeistämmigen erhoben. Die Ergebnisse der 10. Mehrthemenbefragung können hier heruntergeladen werden.

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Verbundenheit nimmt zu
Die Verbundenheit mit Deutschland nimmt in den letzten Jahren kontinuierlich zu. Gut ein Drittel fühlt sich mit beiden Ländern verbunden. Laschet: „Das macht die eindeutige Positionierung des entweder Türkisch- oder Deutsch-Seins schwierig und zeigt, dass die Hinwendung zu Deutschland nicht mit einer Abwendung von der Herkunftskultur verbunden sein muss.“

Die Mehrheit der türkeistämmigen Zugewanderten weist eine Mischidentität auf. Unabhängig davon steht diese Mischidentität, also die Beibehaltung der kulturellen Wurzeln bei Hinwendung zur neuen Heimat, nach den Ergebnissen der Mehrthemenbefragung der Integration – gemessen etwa an Bildungsbeteiligung und Arbeitsmarkteingliederung – nicht im Wege.

Identifikation mit Deutschland kein Integrationsindikator
Die Studie kommt unter anderem zu dem Schluss, dass die Identifikation mit Deutschland kein geeigneter Indikator zur Messung des Integrationserfolges ist, da auch erfolgreich verlaufende Prozesse der Sozialintegration nicht zwangsläufig in der Abwendung vom Herkunftsland und einer klar deutschen Identität münden.

Im Fokus des variablen Thementeils der diesjährigen Befragung stand das Thema Kultur und deren Wirkung auf die Interessen, Gewohnheiten und Bedürfnisse der Türkeistämmigen in Nordrhein-Westfalen. „Kultur spielt eine zentrale Rolle im gesellschaftlichen Leben und ist auch ein wichtiger Faktor bei der Integration, denn sie trägt dazu bei, dass sich Menschen näher kommen, neugierig auf das ‚Andere‘ werden und es kennenlernen wollen“, sagte Minister Armin Laschet.

Hohes Interesse an Kultur
Den Ergebnissen zufolge ist das Interesse an Kulturveranstaltungen bei Türkeistämmigen relativ hoch, jedoch stärker in Bezug auf türkische Kulturveranstaltungen als auf deutsche. Knapp ein Fünftel interessiert sich stark für türkische Kulturveranstaltungen, gut ein Drittel mittelmäßig, 42 Prozent wenig.

Für deutsche bzw. internationale Kulturveranstaltungen interessieren sich neun Prozent stark, ein Viertel mittelmäßig und 61 Prozent nur wenig. Besonders auffallend ist, dass beides nicht in Konkurrenz zu einander steht: Das Interesse an deutscher und türkischer Kultur überschneidet sich stark. 95 Prozent derjenigen, die sich für deutsche Kulturveranstaltungen interessieren, sind auch an türkischen Kulturveranstaltungen interessiert. Bezüglich des Interesses an deutschen Angeboten unterscheiden sich die Gruppen vor allem nach Bildung, jedoch weniger nach Alter oder Generation. Gesellschaft

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  1. Kosmopolit sagt:

    Das ist Wunschdenken ( Verbundenheit) und trifft nur für einen kleinen Teil zu.
    Auf „Befindlichkeiten gegenüber der Türkei“ gibt es auch entkräftende Argumente.
    Die bessere Umschreibung für diesen Tatbestand wären Befürchtung, Mißtrauen, Argwohn oder Angst. Begriffe, die sich im Laufe der Zeit durch Verhalten und Auftreten dieser Immigranten aus Nahost nun mal gebildet haben.

    Eine Frage ist noch nie beantwortet worden: Wenn das Umfeld unfreundlich ist, das Wetter schlecht, das Essen nicht rein, die Kleidung zu westlich ist, Sitten und Gebräuche verwerflich sind, und die geliebte Heimat so fern ist – Warum wollen alle nach Deutschland?
    Diese Botschaft wäre es wert, Herrn Erdogan zu übermitteln. Aber das lassen seine Träume eines neuen osmanischen Imperium nicht zu.

    Folgene Nachbetrachtung ist schon 1000 Jahre alt und hat von seiner Gültigkeit nichts verloren
    Si fueris Romae, Romano vivito more; si fueris alibi, vivito sicut ibi Wenn Du in Rom bist, sollst du nach römischer Weise leben; bist Du woanders, sollst Du leben, wie [es] dort [üblich ist]
    Mehr muss nicht gesagt werden.
    Davon sind die große Teile der Türken gegenüber anderen Migranten noch meilenweit entfernt.

    • Mehmet sagt:

      “ Wenn Du in Rom bist, sollst du nach römischer Weise leben; bist Du woanders, sollst Du leben, wie [es] dort [üblich ist]“

      Stimmt, deswegen hat das Römische Reich auch alle um sich herumliegenden Völker unterworfen und zu „zivilisierten“ Bürgern des Reiches „modelliert“. Lesen Sie das Zitat jetzt nochmal…

      Soviel zu Ihrem sinnfreien Vergleich.

      • delice sagt:

        Vornehmlich galt dies für die Barbaren aus dem Norden, genannt auch als Gesamtbegriff als die Germanen. Für die Römer und vor allem großen Cesar waren sie immer schon die Wilden und Unzähmbaren!

        Die in Wälder und Höhlen lebten und jetzt doch Meinen – aus dem zusammengeraubten Wissen – die Weisheit mit dem Löffel gegessen zu haben. Die ganze Kultur, die sie umgibt ist nur eine sich freiwillig aufgestülpte fremde Kultur, alles ist nur Plagiat und Diebeshut, selbst die Religion.

        Alleine der Ausspruch ist grotesk und eine primitive Selbstverarschung, wenn folgender Satz kundgetan wird:

        „Europa stehe [gemeint ist hier das dunkle und finstere Abendland] in der jüdisch christlichen Tradition!“, zum Einen entgeht dabei wohl diesen Denkern einer kruden Gedankenwelt, dass diese beiden Religionen aus dem Morgenland stammen; und zum Anderen selbst das Wort „Europa“ semitisch ist, sprich aus dem Nahen Osten! So viel zu derart blödsinnigen Sätzen. Es zeigt, dass man einfach nicht mehr weiterdenkt. Denn das ist nicht nur plump und dreist, sondern auch ein überaus großer Schwachsinn.

        Denn die wirkliche und wahre Übersetzung, und damit auch die dechiffrierte Verlautbarung dieses Ausspruchs würde wie folgt sein: „Das Abendland ist stehe in der Tradition und Kultur des Morgenlandes“, das würde dann aber stimmen. Nur will man damit das gerade nicht sagen und meint damit etwas völlig anderes, nämlich die Ausgrenzung der Türkei. Man sieht, dass selbst diese Wahrheit dreist genug in seiner Bedeutung verkehrt wird. Das hat im Abendland aber auch schon wieder Tradition! Die Verdrehung von Wahrheiten und Tatsachen! So wie es einem beliebt!

    • delice sagt:

      Dabei fällt mir ein, dass die Römer bestimmt nicht so leben wollten wie z.B. die Barbaren im Norden. Sie wollten eher, dass die Germanen ihre römische Kultur und Zivilisation annehmen. Hierfür bauten Sie Städte entlang des Limes. Köln z.B. sollte ein Schaufenster in ihr Reich sein. Deshalb ist das was du da schreibst nicht ganz logisch, zumal dies gerade eben nicht für ein Imperium sprach bzw. gelten konnte.

      • Kosmopolit sagt:

        @Delice
        Denn Ball flach halten, tauschen sie doch das Wort Rom mit Berlin, Köln oder Hamburg aus, dann stimmts doch wieder.
        Ich überlege mir gerade, wie sich diejenigen, aus der römisch/griechisch/byzantinischen Epoche in Kleinasien (so wurde diese Gegend mal genannt), gefühlt haben, wie sie von asiatischen Reiterhorten kulturell bereichert wurden und was da übrig blieb, oder was daraus geworden ist.
        Delice: „Dabei fällt mir ein, dass die Römer bestimmt nicht so leben wollten wie z.B. die Barbaren im Norden.“
        Sind sie sicher, dass die Menschen Kleinasiens so leben wollten, was die Reitervölker über sie gebracht hatten ??
        Dieses Thema kann man weiter spannen, wenn man sich die Frage stellt, was die kreuzzugartigen islamisch geprägten Eroberungszügen aus diesem Gebiet in Richtung Balkan, die zu Erweiterung oder zur Tributverplichtung durchgeführt wurden, auf die Betroffen gewirkt haben, die nur dazu dienten, schlussendlich den „golden Apfel“ zu erobern. Das Ergebnis sieht man noch heute!

        Das sollte auch Hassan lesen. Ob die übersteigende Art und Weise wie sich das türkische/islamisch Nationalbewusstsein zur „Herrenklasse“ über alles mutiert sollte er doch besser beantworten können.

        Meine Bitternis geht dahin, das sich viele Türken, mit der zum Teil grausamen Geschichte der eigenen Ethnie nicht auseinander setzen, sondern die Finger immer auf andere zeigen.

  2. Non-EU-Alien sagt:

    „Die Studie kommt unter anderem zu dem Schluss, dass die Identifikation mit Deutschland kein geeigneter Indikator zur Messung des Integrationserfolges ist, da auch erfolgreich verlaufende Prozesse der Sozialintegration nicht zwangsläufig in der Abwendung vom Herkunftsland und einer klar deutschen Identität münden.“

    –> Also das ist das Problem. Nur die Abwendung vom Herkunftsland eignet anscheinend zur Messung gelungener Integration. Traurig, traurig…

  3. LI sagt:

    Immer diese pseudowissenschaftlichen Untersuchungen.

    Was heißt eigentlich Verbundenheit mit und Hinwendung zu Deutschland und wie will man das messen.

    Was sind Kulturveranstaltungen?

    Musikantenstadl ? Dann haben 90 % der Deutschen ein Problem mit Ihrer eigenen Kultur.
    Museen, Theater, Oper. Dann liegt die Konfliktquote bei den deutschen Mitbürgern auch im Bereich von 80 %.

    usw. usw.

    Wenn sich als 9 % der Türksichstämmigen stark und 25 % mittelmäßig für deutsche Kultur interessieren, liegt nach meiner Erfahrung dieser Wert weit über dem Interesse der Geburtsdeutschen an ihrer eigenen Kultur,

    Wenn sich also die Türkischstämmiger intensiver mit zwei Kulturen auseinandersetzen als Geburtsdeutsche mit nur einer, wird im Ergbenis deutlich, daß das ganze Bildungsdefizitgebrabbel der Politik und der Medien überflüssig und falsch ist.

    LI

    • maria sagt:

      Kultur wird oft mit Brauchtum verwechselt.
      Wenn man einen Deutschen nach seiner Kultur fragt, bekommt man die deutschen Tugenden zur Antwort. Davon sind aber etliche, wie z.B. Solidarität und Zusammenhalt in unserer derzeitigen Wohlstandsgesellschaft zerfallen. Uns beherrschen doch heute das Ego und der Materialismus, das sind aber keine Tugenden, die die deutsche Kultur ausmachen.
      An welcher Kultur halten wir uns also noch fest ?
      An den Wissenschaften ? den Dichtern und Denkern ? der Religion ?
      Gebiete, die täglich durch die Tagespresse getrieben werden, wie die Sau durchs Dorf.

      Ich denke, wir müssen ehrlich zu uns selber sein und zugeben, dass wir schon längst von einer Mischkultur geprägt sind. In der heutigen Zeit der Globalisierung geradezu von Vorteil.

  4. Hassan sagt:

    @ Kosmopolit

    Deine Denkweise widerspricht der Logik. Du würdest also bei einem afrikanischen Stamm auch zum Kannibalen werden? Forderungen und Lebensweisen einer Gesellschaft ohne Reflektion blind nachzuahmen bringt keine Vorteile mit sich. In einer globalen Welt sollten alle voneinander lernen. Die Zeit der Herrenmenschen ist vorbei.

  5. Pingback: Türkische Presse Europa 01.04.2010 - Türkische Schulen, Ehegattennachzug, Kopftuch | MiGAZIN

  6. Luca Martin sagt:

    „Eine Frage ist noch nie beantwortet worden:“

    Ein Löwenzahn beklagt sich auch wegen der zugepflasterten Straßendecke. Dennoch gelingt es ihm durch zu brechen . Das Problem ist nur! Andere sprechen ihm das ab. Sie meinen, er gehöre in seine Heimat die in den Naturschutzgebieten liegen. Diese Politik wird weiterhin fortgesetzt und leider ist diese Denke immer noch weit verbreitet.