Straftatbestand
Bundesrat möchte Genitalverstümmelung sanktionieren
Der Bundesrat will die Beschneidung weiblicher Genitalien mit einem eigenen Straftatbestand sanktionieren (Drucks. 867/09). Auch Auslandstaten sollen strafbar sein, wenn das Opfer zur Zeit der Tat in Deutschland wohnt. Die Strafverfolgungsverjährung soll künftig bis zur Vollendung des 18. Lebensjahrs des Opfers ruhen.
Montag, 15.02.2010, 8:09 Uhr|zuletzt aktualisiert: Freitag, 27.08.2010, 23:47 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
„Der Bundesrat möchte jeden Zweifel über die strafrechtliche Einordnung der Tat als schwerwiegenden Verstoß gegen das Recht auf körperliche Unversehrtheit des Opfers beseitigen und ein eindeutiges Signal setzen, dass der Staat solche Menschenrechtsverletzungen keinesfalls toleriert, sondern energisch bekämpft“, teilten die Länder nach dem Beschluss im Bundesrat am 12. Februar 2010 mit. Als Strafmaß soll eine Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren oder – in minder schweren Fällen – von sechs Monaten bis zu fünf Jahren festgesetzt werden.
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Nähere Informationen über Genitalverstümmelungen hält „TERRE DES FEMMES“ auf ihren Internetseiten bereit.
Die Länder betonen, dass die Verstümmelung weiblicher Genitalien eine schwerwiegende Grundrechtsverletzung an Mädchen oder Frauen darstellt. Davon betroffen seien überwiegend Frauen in Afrika, wo in einzelnen Ländern bis zu 90% der Frauen beschnitten sind, aber auch in einzelnen Ländern Asiens und Lateinamerikas. In Deutschland seien ca. 20 000 Frauen betroffen. Ungefähr 4 000 Mädchen und Frauen mit Migrationshintergrund müssten als gefährdet gelten, dieser Praxis – beispielsweise bei einem Ferienaufenthalt im Herkunftsland der Familie – unterworfen zu werden.
„Das deutsche Strafrecht gilt grundsätzlich nur für im Inland begangene Taten (§ 3 StGB). Hier lebende Mädchen müssen aber auch vor dem Risiko geschützt werden, im Ausland Opfer einer Genitalverstümmelung zu werden, beispielsweise bei einem Ferienaufenthalt im Herkunftsland“, heißt es in der gemeinsamen Gesetzesbegründung der Länder Baden-Württemberg und Hessen. Deshalb sei es geboten, den strafrechtlichen Schutz auf Auslandstaten auszudehnen, wenn das Opfer zur Zeit der Tat seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland habe.
Bundestag gefragt
Der Staat sei verpflichtet, die gefährdeten Mädchen und Frauen vor diesem schwerwiegenden Eingriff in das Recht auf körperliche Unversehrtheit zu schützen. Neben außerstrafrechtlichen Maßnahmen und Hilfen gehöre dazu eine eindeutige, unmissverständliche und in ihrer Höhe der Schwere der Tat entsprechende Strafdrohung, heißt es in der Begründung weiter.
„Der besonders schwerwiegenden Misshandlung von Frauen und Mädchen durch die Genitalverstümmelung kann durch die heutige Mehrheit im Bundesrat für die Einführung des Straftatbestands Genitalverstümmelung endlich ausreichend Rechnung getragen werden“, erklärten Justizminister Jörg-Uwe Hahn aus Hessen und sein Amtskollege aus Baden-Württemberg, Justizminister Prof. Dr. Ullrich Goll.
§ 226a StGB neu soll lauten:
Genitalverstümmelung
(1) Wer die äußeren Genitalien einer Frau durch Beschneidung oder in anderer Weise verstümmelt, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren bestraft.
(2) In minder schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.
Weiterhin müsse gewährleistet werden, dass die Verfolgung dieser Taten nicht regelmäßig an der Verjährung scheitern dürfe, so Minister Hahn und Goll. „Die Opfer der Genitalverstümmelung sind in den meisten Fällen noch Kinder. Da die Täter oder Anstifter häufig zur Familie des Opfers gehören, können sich die minderjährigen Opfer in vielen Fällen erst im Erwachsenenalter zu einer Strafanzeige entschließen. Daher soll die Verjährung der Tat ruhen, bis das Opfer 18 Jahre alt ist.“
Die beiden Minister fügten hinzu: „Die Bundesländer haben ihre Hausaufgaben gemacht, nun ist der Deutsche Bundestag gefragt.“ Der Gesetzentwurf werde zunächst der Bundesregierung zugeleitet, die ihn innerhalb der nächsten sechs Wochen dem Bundestag vorlegen müsse. Politik
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Sehr gut.
Diese Straftäter sollten dann aber auch direkt abgeschoben werden.
Leider ein sehr unkritischer Artikel. Einige Punkte dazu von mir in Kürze:
Genitalverstümmelung ist voll vom geltenden Strafrecht abgedeckt. Sie fällt seit eh und je unter (schwere) Körperverletzung bzw. Misshandlung Schutzbefohlener. Die Schaffung eines Extra-Gesetzes ist klassische Augenwischerei. In Großbritannien etwa gibt es seit 1985 ein Anti-FGM-Gesetz. Die Verstümmler/innen lachen sich drüber tot, denn noch nie ist eine verurteilt worden.
Es gibt also kein Defizit in der Legislative, sondern in der Exekutive. Ärzte müssten endlich verpflichtet werden, FGM zu melden, und die Mädchen aus den bekannten Risikogruppen müssten durch regelmäßige Untersuchungen sowie eventuelle Reiseverbote in Heimatländer geschützt werden. Aber das will keiner. Wär ja Rassismus.
Ich finde, diese banalen Tatsachen hätte ein Artikel zum Thema schon bringen können, anstatt nur dieses langweilige Politikergeschwafel wiederzukäuen. Oder?
Lieber Jean-Pierre,
vielen Dank für die konstruktive Kritik. Die MiGAZIN-Redaktion weiß es zu schätzen und wird die von Ihnen ausgeführten Aspekte für künftige Artikel im Hinterkopf behalten.
Liebe Grüße
Ich schließe mich Jean-Pierre an: Diese Meldung ging in der letzten Woche durch etliche Medien und ich bin erschüttert darüber, dass in KEINEM EINZIGEN Beitrag auch nur der Ansatz von Reflexion oder gar tiefergehender Recherche wahrnehmbar war. Sonst wäre man dahinter gekommen, dass die gplanten Änderungen in Wirklichkeit eine Verringerung der möglichen Mindeststrafe bedeuten: Denn heute können die Genitalverstümmelungen als schwere Körperverletzung (§226, Abs. 2) mit einer Strafe „nicht unter drei Jahren“ geahndet werden.
Es ist also eine glatte Lüge, wenn behauptet wird, man wolle „das Starfrecht verschärfen“.
Interessant der Verweis zu TERRE DES FEMMES: Da habe ich kürzlich eine interessante Meldung gefunden, welche bei dem Verein die Vereitelung der Strafverfolgung im Fall von Genitalverstümmelung thematisiert: http://www.news4press.com/Hamburger-Gerichtsbeschluss-rettet-zwei-Maedchen-in-Hamburg-vor-Genitalverstuemmelung-N_510190.html