Willkommenskultur statt Angstgipfel

Länder unterstützen Forderung nach Reformen in der Integrationspolitik

Die Forderung des Rates für Migration nach institutionellen Reformen in der Integrationspolitik auf Bundesebene findet immer mehr Zustimmung auch auf Länderebene. NRW-Integrations- und Arbeitsminister fordert: „Dialog auf Augenhöhe statt sicherheitspolitisch dominierter Angstgipfel“.

Mittwoch, 09.10.2013, 8:27 Uhr|zuletzt aktualisiert: Freitag, 11.10.2013, 16:59 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Die Forderung des Rates für Migration (RfM) nach institutionellen Reformen in der Integrationspolitik findet in der Politik immer mehr Zustimmung. In einem offenen Brief hatten zahlreiche Wissenschaftler verschiedener Disziplinen und weitere Erstunterzeichner die neue Bundesregierung aufgefordert, die Zuständigkeit der Integrationspolitik aus dem Innenministerium auszulagern und ein neues Querschnittsministerium zu schaffen.

Diese Idee findet Anklang. Nordrhein-Westfalens Integrationsminister Guntram Schneider (SPD) etwa, der in seinem Ministerium bereits seit drei Jahren auch die Ressorts Arbeit und Soziales vereint, erklärte: „Integration ist vor allem das Vorantreiben der Teilhabe von Migranten an Arbeit, Qualifikation, Mitbestimmung und Chancengerechtigkeit.“ Deshalb deshalb sei es richtig, was viele Experten forderten, „nämlich die Integrationspolitik im Bund aus dem Innenministerium herauszulösen und die Zuständigkeit bei einem anderen Ressort anzusiedeln, das weniger von sicherheitspolitischen Interessen überlagert ist“.

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Gute Erfahrungen in den Ländern
Zwar sollen Sicherheitsaspekte weiterhin im Innenressort angesiedelt bleiben; die gesellschaftliche Integration müsse aber anderswo gebündelt werden. Ziel müsse sein: das Thema Integration zu erden und endlich zu einem gestalterischen Handlungsfeld zu entwickeln. Die bisherige Integrationsdebatte hingegen sei weitestgehend von einem rein intellektuellen und oft folgenlosen Diskurs geprägt gewesen.

„Wir machen in NRW seit drei Jahren sehr gute Erfahrungen mit unserem Ressortzuschnitt und verbinden die Integrationsfrage mit Fragen der Beschäftigung, Ausbildung, Fachkräfterekrutierung und sozialen Maßnahmen im Kampf gegen Armut“, erklärte Schneider dem MiGAZIN. Das Ergebnis lasse sich sehen: „Die Beschäftigungsquote der Migranten steigt, höhere Schulabschlüsse werden immer öfter erreicht, deutlich mehr Migranten lassen sich einbürgern und die Willkommenspolitik Nordrhein-Westfalens führt zu einem Dialog auf Augenhöhe mit den Migrantinnen und Migranten auf Landesebene und in den Kommunen“, so der Minister.

Zur Petition: Sie unterstützen die Forderung des Rates für Migration? Auf change.org können Sie die Forderung unterzeichnen und die Forderung nach institutionellen Reformen unterstützen.

Gute Erfahrungen mit der Verlegung der Zuständigkeit für Integrationspolitik in ein sozialpolitisches Ressort hat auch das Land Rheinland-Pfalz gemacht. Dort hat die rot-grüne Landesregierung im Jahr 2011 das Ministerium für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen geschaffen mit den Bereichen des gesamten Ausländer- und Einbürgerungsrechts und der Fluchtaufnahme. „Dieser Ressortzuschnitt hat sich sehr gut bewährt“, erklärte das Ministerium diesem Magazin.

Willkommenskultur statt Angstgipfel
Auch das Land Schleswig-Holstein findet „Überlegungen zur institutionellen Reformen in der Integrationspolitik sind lohnenswert. Wie das Innenministerium gegenüber dem MiGAZIN erklärte, herrsche auf „Bundesebene eine komplexe, vielschichtige und zum Teil schwer zu koordinierende Kompetenzvielfalt“. Migration und Integration seien wichtige Themen von Gegenwart und Zukunft, die inzwischen fast alle Politik- und Verwaltungsbereiche betreffen und „auf Bundesebene entsprechender Rahmenbedingungen bedürfen, die einer zukunftsweisenden Integrationspolitik Rechnung tragen“.

Schneider ergänzt: Selbstverständlich sei Integration ein Querschnittsthema. Entsprechend befinde sich das NRW-Integrationsministerium mit allen anderen Ressorts der Landesregierung im ständigen Austausch. Wichtig sei nun, so Schneider, dass die Integration im Bund „endlich Fakten schafft: Eine bessere Teilhabe am Arbeitsmarkt statt wachsender Armut, einen Dialog auf Augenhöhe statt sicherheitspolitisch dominierter Angstgipfel, eine Willkommenskultur – statt hoher Hürden und Assimilationsdruck – mit mehr Einbürgerungen durch eine Doppelstaatsangehörigkeit.“ (bk) Aktuell Politik

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  1. Han Yen sagt:

    Der Entzug des Integrationsministeriums aus den Händen der Innenminister ist ein Fortschritt. Leider ist auch ein Querschnittsministerium auch nur eine Mini-Reform. Die staatlichen Institutionen müssen sich die Frage gefallen lassen, ob man nicht schon wieder ein falsches Verhältnis von Zentralisierung/Dezentralisierung der Kompetenzen wählt. Das neue Innenministerium erhält keine Informationsangebot durch den migrantischen Wählerwillen, dass Fehlentwicklungen anzeigen könnte. Außerdem ist die Beamtenschaft nicht ausgebildet für Migrationsmanagement, sie wäre gar nicht in der Lage die Migrationspolitiken umzusetzen. Nicht besser schaut die Informationsbeschaffung durch die Statistische Ämter aus. Es ist gar nicht möglich etwas zu managen, über das man kaum etwas weiß. Der deutsche Staat sollte sich ein Beispiel an Großbritannien nehmen, und Social Entrepreneurship mit einer Bank und einem eigenen Kapitalmarkt ausstatten. Großbritannien hat eine Big Society Bank mit 600 Mio. € durch vergessene Bankkonten und Lotterie-Gewinne kapitalisiert, die Communities helfen soll eigenverantwortlich Sozialunternehmen zu gründen. Sozialunternehmen werfen keinen Profit ab, sondern zahlen nur Löhne. Für Ende 2013 ist ein Global Social Stock Exchange geplant, dass lokale Lösungen skaliert. Die USA macht seit Jahrzehnten gute Erfahrungen mit den aus den Community Reinvestment Act entstandenden Communiity Banks, dass die Kreditlücken in den migrantischen Communities schließt. Ein Querschnittsministerium ist überhaupt keine instituionelle Basis, um bezahlbares Wohnen, Ausbildungsplätze und Gründungskapital bereitzustellen.