Umfrage

Wer ist Sarrazin? Türken fühlen sich gut integriert

Die Debatte um Thilo Sarrazins umstrittenen Äußerungen ist an der Merheit der Türkischstämmigen vorbeigegangen. Sie fühlen sich in Deutschland gut integriert. Das sind die Ergebnisse einer Umfrage des Forschungsinstituts Data 4U.

Donnerstag, 30.09.2010, 8:30 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 08.01.2020, 15:45 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Eine deutliche Mehrheit der türkischen Migranten fühlt sich in Deutschland gut integriert. – Dies ist das Ergebnis einer bundesweiten telefonischen Umfrage, die das Berliner Markt- und Meinungsforschungsinstitut Data 4 U Mitte September unter 1.083 repräsentativ ausgewählten türkischstämmigen Migranten durchgeführt hatte. Angeregt worden war die Umfrage von „SEK-POL“, einer deutsch-türkischen Initiative, die sich für mehr soziale, politische und kulturelle Forschung mit und unter Migranten einsetzt.

„Ganz offensichtlich existiert beim Thema Integration zwischen Deutschen und türkischen Migranten eine große Wahrnehmungsdifferenz.“

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So antworteten rund 84 Prozent der türkischstämmigen Befragten, dass sie sich persönlich „eher gut“, „gut“ oder sogar „sehr gut“ in Deutschland integriert fühlen. In der Gruppe der jüngeren Deutsch-Türken (14-29 Jahre) lag die kumulierte Zustimmung zu dieser Aussage sogar bei über 90 Prozent. – „Ganz offensichtlich existiert beim Thema Integration zwischen Deutschen und türkischen Migranten eine große Wahrnehmungsdifferenz, die einen intensiven interkulturellen Dialog notwendig macht“, kommentiert Data 4 U Geschäftsführer Joachim Schulte (51) dieses Umfrageergebnis.

Integration - Türken in Deutschland: Fühle mich persönlich in Deutschland... © Data 4U

Integration - Türken in Deutschland: Fühle mich persönlich in Deutschland... © Data 4U

Ungeachtet der durch die Äußerungen und Thesen des ehemaligen Berliner Senators und Bundesbank-Vorstand Thilo Sarrazin aktuell ausgelösten Integrationsdebatte, halten etwa zwei Drittel der Befragten (68 Prozent) auch die gesamte türkische Community in Deutschland für überwiegend gut integriert. – Wiederum sind es die jüngeren Deutsch-Türken bei denen die Zustimmung mit fast drei Vierteln (73 Prozent) am höchsten ist, während immer noch 61 Prozent der über 50jährigen die Türken in Deutschland (TiD) im Großen und Ganzen für gut integriert hält.

Dr. Murat Erdogan von der Hacettepe Üniversitesi Ankara, Mitinitiator der Umfrage und aktuell Gastwissenschaftler an der Berliner Humboldt Universität erklärt hierzu: „In Deutschland diskutiert man überall die Integration der Türken, aber niemand wusste was und wie die Türken selber darüber denken. In diesem Sinne ist diese Studie sehr wichtig und sehr nötig. – Im Übrigen ist es ein gutes Zeichen für eine gemeinsame Zukunft, dass insbesondere die jüngeren Türken den Stand der Integration optimistisch beurteilen“, so Dr. Erdogan weiter.

Integration - Türken in Deutschland: Türken sind in Deutschland im Großen und Ganzen... © Data 4U

Integration - Türken in Deutschland: Türken sind in Deutschland im Großen und Ganzen... © Data 4U

Gesellschaft Studien

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  1. Harun sagt:

    Das ist dann ein Beweis für gute Integration, wenn gerade mal ein Drittel die Debatte die allgegenwärtig war mitgekriegt hat und ganze 2/3 der Leute nicht mitkriegt wie sie erniedrigt werden. Gratuliere – Sehr Aussagefähig.

  2. Ben sagt:

    Die Hälfte der Leute hat die Sarrazindebatte nicht mitbekommen und fühlt sich aber gut integriert – offenbar wird hier Integration sehr unterschiedlich gedeutet.
    Zudem ist zwischen persönlichem Wohlfühlen und in einer Gesellschaft verankert sein auch noch mal ein großer Unterschied.

    Dass intensive Innenpolitische Debatten in der Türkei wohl wichtiger sind als das, was hier im Lande abläuft, ist schon bedenklich.
    Aber das Fehlen der türkischen Stimmen in der ganzen Diskussion ist ja offensichtlich und das größte Problem.

  3. Bernd Fouquet sagt:

    Wieso soll es gegen eine erfolgreiche Integration sprechen, dass die Opfer von Sarrzins medialer Hetze Gelassenheit zeigen und das hysterische Gegeifer Juden-Gen-Thilos ganz einfach ignorieren?

    Ich denke es ist eher umgekehrt, weil es fuer eine gewisse Selbstsicherheit spricht, dass man sich weigert den Zirkus Sarrazini wahrzunehmen. Man muss sich naemlich nicht wirklich an den extremen Raendern der Gesellschaft orientieren um auch wirklich in ihrer Mitte anzukommen. Wenn die Wahrnehmung von Sarrazins Geschimpfe der Masstab fuer maximale Integration sein soll, dann muesste man schlussfolgern, dass ausgerechnet die NPD am Allerbesten integriert ist, weil von denen hat das garantiert jeder mitgekriegt. Und das mag ich nicht glauben, eine so schlechte Meinung habe ich nicht von der deutschen Gesellschaft.

    Integration bedeutet auch gegenseitiges Lernen und was wir von unseren tuerkischstaemmigen Mitbuergern lernen koennen scheint klar: Mehr Gelassenheit gegenueber lauten und hysterischen Aussenseitern. Irgendwann hoeren die von ganz alleine auf mit Schreien.

  4. Bierbaron sagt:

    @ Bernd Fouquet

    Eine etwaige Gelassenheit bei den Türkischstämmigen zu attestieren, hielte ich für einen Trugschluss. Gelassenheit etwas gegenüber muss schon ein bewusster Zustand sein – da die Mehrheit der Türkischstämmigen von der Sarrazin-Debattte nichts mitbekommen hat, kann es sich in meinen Augen auch nicht um Gelassenheit handeln – Uninformiertheit und/oder Desinteresse wären die passenderen Zustandsbeschreibungen. Diese Uninformiertheit und dieses Desinteresse sind in meinen Augen die größten Hürden, die es von der Seite der Türkischstämmigen zu überwinden gilt. Wie kann ich von DER innenpolitischen Debatte des Spätsommers nichts mitbekommen und mich dennoch als „integriert“ bezeichnen? Hier handelt es sich ganz offensichtlich um ein unterschiedliches Verständnis von „Integration“: Integration, wie ich sie verstehe, impliziert auch eine Partizipation an innergesellschaftlichen Diskursen. Basis dieser Partizipation muss ein grundsätzliches Interesse an den gesellschaftlichen Prozessen des Gastlandes sein – ein Interesse, das bei der Mehrzahl der Türkischstämmigen augenscheinlich nicht besteht.
    So muss ich leider zu dem Schluss kommen, dass sich ein nicht unerheblicher Teil der „gut integrierten“ Türkischstämmigen erfolgreich in „ihre“ Parallelgesellschaft integriert hat – eine Parallelgesellschaft, in der es sich offensichtlich ganz angenehm leben lässt.

    Grüße
    Bierbaron

  5. elimu sagt:

    Also mal ganz ehrlich! Wer setzt sich denn noch hin und schaut sich was im deutschen/türkischen Fernsehen an?

    Diese ganzen Diskussionen um die Integrationsdebatte nervt so allmälich… Da kann ich meine weiblichen Landsleute verstehen, wenn sie lieber irgendwelche Serien gucken, die spannender sind.

    Letzten Endes ist da zumindest Spannung mit dabei… Bei Herrn Sarrazin kann man nur den Kopf schütteln und sich unnötigerweise aufregen…

    Wenn ich „up to date“ sein will, schaue ich ins Internet und picke mir dabei die wichtigsten Schlagzeilen heraus und lese. Eine Debatte, wo Türken und Deutsche sich gegenseitig fertig machen, will ich erst recht nicht sehen! Ich bin nämlich BEIDES! (obwohl ich leider meine türksiche Seite auf Papier aufgeben musste!!) und verdammt noch mal! ich bin stolz auf beide Seiten… Und ja.. in meiner Umgebung sind die
    Meinesgleichen alle „gut bis sehr gut“ integriert. Das ist ja auch das „Problem“… wir sind die Unauffälligen… wir stechen leider nicht so ins Auge, wie manch andere…

  6. Paul sagt:

    @Bierbaron

    Was meinen sie mit Gastland? Wer zu Gast ist, geht irgendwann wieder. Das ist das Grundproblem bei dieser ganzen Diskussion. Es wird von Teilen der sogenannten „Mehrheitsgesellschaft „nicht grundsätzlich akzeptiert, dass Menschen die hier geboren sind oder auch schon länger hier leben Teil des Landes sind, gleichberechtigter Teil.

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