
Nach Trump-Drohung
Dänemark beendet rassistische Psychotests bei Grönländern
Seit vielen Jahren sind psychologischen Tests für grönländische Eltern in der Kritik. Trotz Rassismus-Kritik hat Dänemark daran festgehalten. Jetzt, wo Trump die Kontrolle über Grönland übernehmen will, wurden sie abgeschafft, um den Grönländern Zugeständnisse zu machen.
Mittwoch, 29.01.2025, 11:39 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 29.01.2025, 11:58 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Dänemark will sich stärker gegen Rassismus und Diskriminierung gegenüber Grönländern im Land einsetzen. Es handle sich um ein ernsthaftes Problem, das man mit zwölf konkreten Initiativen und zusätzlichen Mitteln in Höhe von 35 Millionen Kronen (4,7 Mio. Euro) bis 2028 bekämpfen wolle, teilte das dänische Ausländer- und Integrationsministerium mit.
„Viele hier lebende Grönländer erleben leider Vorurteile, Rassismus und Diskriminierung in Dänemark. Damit will sich die Regierung auseinandersetzen“, erklärte das Ministerium. Zu den Initiativen zählt unter anderem der Anspruch auf einen grönländischen Pass, die Stärkung des Dolmetschens für Grönländer in Dänemark, Hilfemöglichkeiten auf Grönländisch und Untersuchungen dazu, welche Erfahrungen Grönländer mit Rassismus gemacht haben. Um die Ambitionen zu unterstreichen, wurde die Mitteilung des Ministeriums auch auf Grönländisch veröffentlicht.
Grönland ist weitgehend autonom, gehört aber offiziell zum Königreich Dänemark. In dem deutschen Nachbarland leben etwa 17.000 Menschen, die in Grönland geboren sind – das entspricht fast einem Drittel der Menschen, die auf der größten Insel selbst leben.
Koloniale Vergangenheit und strukturelle Diskriminierung
Die Ankündigung der dänischen Regierung kommt vor dem Hintergrund einer langen Geschichte der kolonialen Kontrolle über Grönland. Eines der umstrittensten Kapitel ist das sogenannte Kinderexperiment von 1951. Damals wurden 22 grönländische Kinder ihren Eltern entrissen und nach Dänemark gebracht, um sie zu „modernen Dänen“ zu erziehen. Ihnen wurde ihre Muttersprache abtrainiert, und viele litten zeitlebens unter Identitätsproblemen. Die dänische Regierung entschuldigte sich erst 2020 offiziell für dieses Experiment.
Auch heute erleben Grönländer in Dänemark strukturelle Diskriminierung. Neue Recherchen zeigen, dass grönländische Kinder fünfmal so häufig aus ihren Familien genommen werden wie dänische Kinder. Ein besonders umstrittenes Instrument dabei waren psychologische Tests für grönländische Eltern, die zur Bewertung ihrer Erziehungsfähigkeit eingesetzt wurden.
Soziale Kontrolle und Zwangsmaßnahmen
Kritiker sehen darin eine Fortsetzung kolonialer Praktiken, die darauf abzielten, Grönländer als unfähig zur Kindererziehung darzustellen und somit eine hohe Zahl an Kindesentnahmen zu rechtfertigen. Dies hat in den vergangenen Wochen zu Protesten in mehreren grönländischen Städten sowie in Kopenhagen, Aarhus und Reykjavik geführt. Nun wurde diese Praxis von der dänischen Regierung abgeschafft.
Schon in den 1960er Jahren startete Dänemark ein sogenanntes „Modernisierungsprogramm“ für Grönland, das tiefgreifende Folgen hatte. Dabei sollte Grönland im Zeitraffertempo nach dänischem Vorbild umgestaltet werden, traditionelle Lebensweisen gingen dabei verloren. Ein besonders drastisches Beispiel staatlicher Eingriffe war die Zwangseinsetzung von Spiralen bei grönländischen Frauen und Mädchen – oft ohne deren Zustimmung. Diese Maßnahmen blieben lange unbekannt und kamen erst in den letzten Jahren ans Licht.
Politischer Druck und internationale Interessen
Die verstärkten Bemühungen Dänemarks, die Situation der Grönländer zu verbessern, stehen auch in einem geopolitischen Kontext. Seit den aktuellen Äußerungen von Donald Trump, der bereits 2019 Grönland kaufen wollte, wächst der Druck auf Kopenhagen, dem Territorium mehr Zugeständnisse zu machen. Dänemark hat bereits Milliardeninvestitionen in die militärische Präsenz im Norden angekündigt.
Dass die dänische Regierung erst nach Trumps Drohungen reagiert, werfen Beobachter der dänischen Regierung vor, dass es ihr in Wahrheit nicht um die Bekämpfung von Rassismus und Diskriminierung geht, sondern um Sicherung geopolitischer Machtinteressen. (dpa/mig) Aktuell Ausland
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