„Rückführungsoffensive“
Faeser und Union streiten über Kurs in Migrationspolitik
Zwei Wochen vor den Wahlen in Bayern und Hessen verschärft sich der Ton in der Migrationsdebatte. Innenministerin Faeser kündigt Gesetze für mehr Rückführungen an und schließt Änderungen beim Familiennachzug derzeit aus. Der Union reicht das nicht.
Sonntag, 24.09.2023, 15:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 24.09.2023, 14:08 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Die Migrationspolitik sorgt weiter für hitzige Debatten zwischen Regierung und Opposition im Bund. Mit einem Antrag zur Begrenzung der Migration brachte die Unionsfraktion das Thema am Freitag auf die Tagesordnung des Bundestags, wo auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) ihren Kurs erläuterte. Sie kündigte eine „Rückführungsoffensive“ an und bestätigte, dass entsprechende Pläne in die Ressortabstimmung in der Bundesregierung gegangen seien. Einem Medienbericht, wonach sie die im Koalitionsvertrag angekündigten Erleichterungen zum Familiennachzug von Flüchtlingen derzeit konkret angehen will, widersprach sie.
„Nein, ich habe nicht vor, im Moment den Familiennachzug vorzulegen“, sagte Faeser in Reaktion auf eine Kurzintervention des CDU-Abgeordneten Christoph de Vries in Berlin. Die „Welt am Sonntag“ hatte zuvor unter Berufung auf einen Referentenentwurf aus Faesers Ministerium online berichtet, dass subsidiär Schutzberechtigte beim Familiennachzug künftig wieder anerkannten Flüchtlingen gleichgestellt werden sollen. So wurde es im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP angekündigt.
Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums erläuterte auf Anfrage, dass es sich beim Thema Familiennachzug um einen ein Jahr alten Arbeitsentwurf aus der Migrationsabteilung des Ministeriums handele, „der derzeit nicht weiterverfolgt wird“. „Erleichterungen beim Familiennachzug haben aktuell angesichts der angespannten Unterbringungssituation in den Kommunen keine Priorität“, ergänzte er. Prioritär für das Handeln der Bundesregierung seien derzeit „die Steuerung, Ordnung und Begrenzung der irregulären Migration“.
Faeser betont Maßnahmen zur Migrationsbegrenzung
So hob Faeser in ihrer Rede im Bundestag Maßnahmen zur Begrenzung der Migration hervor. Sie betonte, dass Gesetzentwürfe mit dem Ziel von Verbesserungen bei Rückführungen finalisiert worden seien. „Meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben heute Morgen auf den Startknopf gedrückt“, sagte sie. Faeser hatte Anfang August einen sogenannten Diskussionsentwurf zu diesem Thema veröffentlicht. Darin wurde unter anderem vorgeschlagen, die Höchstdauer des sogenannten Ausreisegewahrsams, mit dem ein ausreisepflichtiger Ausländer festgesetzt werden kann, von 10 auf 28 Tage zu verlängern und die Gründe für eine Abschiebehaft auszuweiten.
Die Union hatte in ihrem Antrag im Bundestag gefordert, stationäre Kontrollen an den Grenzen zu Polen und Tschechien einzuführen, Bundesaufnahmeprogramme wie etwa das für in Afghanistan verfolgte Menschen einzustellen und noch mehr Länder als von der Regierung mit Moldau und Georgien geplant zu sicheren Herkunftsstaaten zu erklären. Sie wirft Faeser vor, den „steigenden“ Migrationszahlen nichts entgegenzusetzen.
Zahlen weit unter 2016-Niveau
Die Bundespolizei hat laut einer Mitteilung vom Freitag im laufenden Jahr bis Ende August knapp 71.000 unerlaubte Einreisen nach Deutschland festgestellt. Das sind mehr als im Vorjahr, allerdings wird an den Grenzen durch Schleierfahndungen auch mehr kontrolliert. Beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sind laut dessen Statistik bis Ende August mehr als 204.000 Erstanträge auf Asyl gestellt worden. Das sind 77 Prozent mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres, zugleich aber weit unterhalb der Zahlen aus den Jahren 2015 (442.000) und 2016 (722.000).
Mit Blick auf die Forderungen des Antrags warf Faeser den Schwesterparteien CDU und CSU vor, Wahlkampf auf dem Rücken derer zu machen, die vor Krieg und Verfolgung fliehen. Am 8. Oktober wird in Bayern und Hessen ein neuer Landtag gewählt. Faeser selbst ist Spitzenkandidatin der SPD in Hessen. Auch Pro Asyl mahnte einen gemäßigteren Ton in der erregten Debatte an. Die deutsche Politik verliere aktuell „ihren menschenrechtlichen Kompass“, erklärte sie am Freitag. (epd/mig) Leitartikel Politik
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