Studie widerlegt Gerücht

Ausländer nicht öfter an Corona erkrankt

Die Wahrscheinlichkeit einer Corona-Infektion hängt einer aktuellen Studie zufolge vom sozialen Status ab. Auch migrationsbedingte Faktoren spielen eine Rolle. Die Untersuchung widerlegt das Gerücht, wonach Ausländer öfter an Corona erkranken.

Montag, 13.06.2022, 20:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 13.06.2022, 15:45 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Laut einer neuen Studie hat der soziale Status im Verlauf der Covid-19-Pandemie eine zunehmende Bedeutung für das Infektionsgeschehen bekommen. Migrationsbedingte Faktoren hätten dagegen zu Beginn der Pandemie ein stärkeres Gewicht gehabt als in der zweiten und dritten Welle, teilte die Universität Bielefeld am Montag mit. Beide Merkmale hätten den Verlauf des Infektionsgeschehens unabhängig voneinander beeinflusst.

Für ihre Arbeit hatten die Bielefelder Gesundheitswissenschaftler Kayvan Bozorgmehr und Sven Rohleder demnach die Ausbreitung des Coronavirus in 401 Landkreisen und kreisfreien Städten in Deutschland analysiert. Sie brachten unter anderem sozioökonomische Merkmale wie Bildung, Beschäftigungsstatus und Einkommen mit den Infektionen auf kommunaler Ebene in Verbindung. Hinzu kamen Bevölkerungsdaten, Informationen zur Siedlungsstruktur und zu Impfungen.

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In der ersten Welle seien Menschen in wohlhabenderen Kommunen einem größeren Infektionsrisiko ausgesetzt gewesen – zum Beispiel durch Reiserückkehrer. In der zweiten und dritten Welle waren nach Erkenntnissen der Forscher hauptsächlich Menschen in benachteiligten Regionen stärker gefährdet, sich anzustecken. Dieses Risiko habe „über die Wellen hinweg“ zugenommen.

Diversität der Gesellschaft berücksichtigen

Ein gegenläufiges Muster habe sich bei Menschen ausländischer Staatsangehörigkeit gezeigt. „In der ersten Welle war das Infektionsrisiko in Landkreisen mit einem höheren Anteil an Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit relativ hoch. In den späteren Wellen stieg das Risiko jedoch nicht weiter an, sondern es verringerte sich“, erklärt Studienautor Sven Rohleder. Offenbar habe es länger gedauert, die ausländische Bevölkerung mit Informationen oder Maßnahmen zu erreichen. Unter Berufung auf das Boulevardblatt „Bild“ hatten Medien bundesweit berichtet, dass Menschen mit Einwanderungsgeschichte öfter an Corona erkanken.

Deshalb sollten Politik und Behörden nach Ansicht der Forscher berücksichtigen, wie sozioökonomische Faktoren bei der Ausbreitung des Coronavirus wirken. Nur so könnten Bevölkerungsgruppen bei der Pandemiebekämpfung gezielt adressiert werden. „Man sollte die Diversität in der Gesellschaft mehr berücksichtigen“, sagt Kayvan Bozorgmehr.

Auf migrationsbedingte Faktoren vorbereitet sein

Insbesondere in frühen Phasen einer Pandemie müsse der Staat auf migrationsbedingte Faktoren vorbereitet sein, damit mehrsprachige und zielgruppengerechte Maßnahmen etabliert werden können, so der Professor für Bevölkerungsmedizin und Versorgungsforschung an der Universität Bielefeld, der die Studie geleitet hat.

Die am Montag im Fachjournal „Lancet eClinicalMedicine“ erschienene Arbeit ist Teil der Stoppt-Covid-Studie in Kooperation der Universität Bielefeld mit dem Robert Koch-Institut. (epd/mig) Gesellschaft Leitartikel

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