Islamrat kritisiert Vorhaben
Nordrhein-Westfalen will Kopftuchverbot für Mädchen prüfen
NRW-Integrationsminister Joachim Stamp erwägt ein Kopftuchverbot für Mädchen unter 14 Jahren. Kritik kommt von den Grünen: Man könne ja auch nicht die Taufe oder den Kommunionsunterricht verbieten. Auch der Islamrat reagiert mit Kritik.
Montag, 09.04.2018, 6:19 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 09.04.2018, 17:28 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Nordrhein-Westfalen erwägt ein Kopftuchverbot für Mädchen unter 14 Jahren. Kinder dürften nicht dazu gedrängt werden, aus religiösen Gründen ein Kopftuch zu tragen, erklärte NRW-Integrationsminister Joachim Stamp (FDP) auf Anfrage am Samstag in Düsseldorf. Der Islamrat kritisierte das Vorhaben und nannte die Debatte „populistisch, symbolgeladen und inhaltsleer“.
Jede Frau solle selbstbestimmt entscheiden, ob sie Kopftuch trägt oder nicht, erklärte Stamp. Diese Selbstbestimmung sei bei Kindern jedoch noch nicht vorhanden. „Daher sollten wir prüfen, das Tragen des Kopftuchs bis zur Religionsmündigkeit, also dem 14. Lebensjahr, zu untersagen“, sagte der Minister. Über die Pläne des Integrationsministeriums hatte zuerst das Boulevardblatt „Bild“ berichtet.
Auch NRW-Integrationsstaatssekretärin Serap Güler (CDU) erklärte, sie setze sich in der Landesregierung dafür ein, „dass wir ein Kopftuchverbot für Mädchen unter 14 Jahren prüfen“. Mädchen sollten, wenn sie religionsmündig sind, frei darüber entscheiden können, ob sie ein Kopftuch tragen möchten oder nicht. „Das Phänomen, dass junge Mädchen Kopftuch tragen, wird immer sichtbarer“, erklärte die Staatssekretärin. Lehrer beobachteten an den Grundschulen immer häufiger, dass schon siebenjährige Schülerinnen mit Kopftuch in den Unterricht kommen. „Ich habe nichts gegen Kopftücher“, unterstrich Güler. „Meine Mutter trägt selbst eins, aber sie hat sich als erwachsene Frau dafür entschieden.“
Deligöz: Auch Taufe und Kommunion verbieten?
Die Grünen-Politikerin Ekin Deligöz hält von einem solchen Kopftuchverbot nicht viel. „Persönlich finde ich es furchtbar, wenn Kindergartenkinder oder junge Mädchen schon ein Kopftuch tragen müssen. Wir sollten ihnen ihre Kindheit lassen“, fordert die Bundestagsabgeordnete. Sie halte es aber juristisch für extrem schwierig, das Elternrecht auf Religionsfreiheit einzuschränken. „Ich kann Eltern ja auch nicht verbieten, ihr Kind taufen zu lassen oder zum Kommunionsunterricht zu schicken“, sagte Deligöz dem „Tagesspiegel“. „Ich sehe keine juristisch wasserfeste Möglichkeit, ein solches Verbot durchzusetzen.“
Auch der Islamrat reagierte mit Kritik. Die Vorstellung, muslimischen Mädchen werde das Kopftuchtragen aufgezwungen, sei überholt und widerspreche der verbreiteten Lebensrealität von Muslimen in Deutschland, erklärte der Vorsitzende Burhan Kesici am Samstag. Die Behauptung möge „in einigen wenigen Fällen“ vielleicht zutreffen. Wegen einer vermuteten Minderheit nun bei allen jungen Musliminnen die grundgesetzlich geschützte Religionsfreiheit einzuschränken, sei jedoch „unverhältnismäßig und verfassungswidrig“.
Islamrat: Kopftuchverbot entmündigt Muslime
Einen Zwang zum Kopftuch lehne der Islamrat ab. „Kopftuchzwang und Kopftuchverbot schlagen in dieselbe Kerbe: Beide entmündigen Musliminnen“, erklärte Kesici. Als islamische Religionsgemeinschaft sehe der Islamrat seine Aufgabe darin, „vor allem muslimische Mädchen in allen Lebenslagen zu stärken, sie beim Entdecken ihres eigenen Weges beistehend zu begleiten, aber auch vor jedem Zwang und Verbot der Religiosität zu schützen“, erklärte der Vorsitzende.
Der Islamrat vertritt fast 40 Mitgliedsvereine, der größte davon ist die türkische Islamische Gemeinschaft Milli Görüs. Seit April 2007 ist die Organisation Gründungsmitglied des Koordinationsrats der Muslime, in dem sich die Dachverbände Islamrat, Ditib, Zentralrat der Muslime in Deutschland und der Verband der Islamischen Kulturzentren zusammengeschlossen haben. (epd/mig) Aktuell Politik
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