Polizei, Sicherheit, Frau, Beamte, Polizeibeamte
Polizei © re-ality auf flickr.com (CC 2.0), bearb. MiG

Frauenbild im Islam

Leipziger Polizei erklärt den Koran per Pressemitteilung

Einen Fall von häuslicher Gewalt in einer syrischen Familie nahm die Leipziger Polizei zum Anlass, eine Pressemitteilung über das Frauenbild im Koran zu verfassen. Als Tatzeitpunkt gab die Polizei "wohl tagtäglich" an. Titel: "Artikel 3 und 4 Grundgesetz vs. Sure 4:34".

Dienstag, 11.07.2017, 4:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 16.07.2017, 11:39 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Die Leipziger Polizei hat am Montag mit einer ungewöhnlichen Pressemitteilung für Aufsehen gesorgt. Unter der Überschrift „Artikel 3 und 4 Grundgesetz vs. Sure 4:34“ wird ein Fall häuslicher Gewalt bei einem syrischen Ehepaar zum Anlass genommen, in einer längeren Abhandlung über das vermeintliche Frauenbild im Islam zu philosophieren. Da heißt es unter anderem, abgesehen vom allgemein rückständigen Frauenbild in weiten Gesellschaftsteilen des arabischen Sprachraums wende ein Muslim die Gewalt gegen seine Ehefrau nicht zuletzt auf religiöser Basis an, auch wenn ihm der Koran hierbei kein schrankenloses Züchtigungsrecht einräume.

Autor der Zeilen ist nach Angaben von Polizeipressesprecher Uwe Voigt der Leiter des Direktionsbüros der Polizeidirektion Leipzig, Andreas Loepki. Loepki wollte mit dem Text „ein bisschen in die Tiefe gehen“, sagte Voigt dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Pressestelle sei grundsätzlich bemüht, ihre Pressemitteilungen nicht im üblichen Beamtendeutsch zu schreiben. „Da hat er sich etwas einfallen lassen.“ Die Grundgesetzartikel 3 und 4 betreffen den Gleichheitsgrundsatz und die Religionsfreiheit. Aus der Koransure 4, Vers 34 wird abgeleitet, dass Männer über den Frauen stehen.

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In dem konkreten Fall hatte eine 67-jährige Frau am Sonntag im Landkreis Leipzig einer 30-jährigen Syrerin Schutz in ihrem Haus geboten, die nach eigenen Aussagen von ihrem Ehemann regelmäßig mit Fäusten und Gegenständen geschlagen wird. Gegen den Syrer wird laut Polizei wegen Körperverletzung ermittelt. Statt einer genauen Ortsangabe, wie üblich, gab die Leipziger Polizei an: „Zuständigkeitsbereich der PD Leipzig und andernorts in Deutschland“. Als Zeitpunkt heißt es: „wohl tagtäglich“.

Frauenbild wird nicht ins Mittelmeer geworfen

Weiter schreibt die Polizei: „Insgesamt offenbart sich hier wohl eine der Herausforderungen nachhaltiger Integrationsarbeit.“ Ein über Jahrhunderte geprägtes, gelebtes, erfahrenes und in der Religion verankertes Frauenbild gehe auf der Suche nach einem sicheren und besseren Leben nicht irgendwo auf dem Balkan verloren und werde auch nicht bei der Überfahrt ins Mittelmeer geworfen.“ Vielmehr reise es mit, „wird fortgelebt und wird sich nicht binnen Monaten westlich-europäischen Standards anpassen“.

Angesichts einer Frauenrechtsbewegung, die trotz aller hochgelobten westlichen Aufklärung hierzulande bereits seit der Französischen Revolution für gleiche Rechte kämpfen muss, wäre eine solche Erwartung schlicht naiv, heißt es weiter. Betont wird zudem, das die Abhandlung über den Islam in der Pressemitteilung keine Vorverurteilung des Ehemannes sei. Die Ermittlungen würden „objektiv, also auch in entlastender Hinsicht geführt“. Dabei wird darauf verwiesen, dass „auch nicht wenige im hiesigen Kulturkreis aufgewachsene Männer“ dazu neigten, „ihre Partnerinnen zu schlagen und zu misshandeln“. (epd/mig) Leitartikel Panorama

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  1. Hubert Berghaus sagt:

    Frauenbild im Islam – Frauenbild im Christentum

    Manchmal sind wir doch ein wenig selbstherrlich. Schauen wir doch mal in unserem eigenen religionspolitischen Handbuch. Noch im Neuen Testament (!) heißt es:

    „Ein Weib lerne in der Stille in aller Unterwürfigkeit. Ich erlaube aber einem Weibe nicht, zu lehren, noch über den Mann zu herrschen, sondern still zu sein.“ (1. Timotheus 12 – 14)

    Und in Epheser 5,22 heißt es unmissverständlich: „Ihr Weiber, seid unterwürfig euren eigenen Männern, als dem Herrn.“

    Die zweitausendjährige Glaubensinstitution Vatikan ist die älteste und größte Glaubensvereinigung in der Geschichte. Dort lebt man heute noch danach und wir alle schauen zu. Also: Wer im Glashaus sitzt ….

  2. Lisa sagt:

    Vielen Dank Herr Berghaus,
    da haben sie vollkommen Recht. Zudem sind die meistens Fälle in denen die Polizei ausrückt Fälle von häuslicher Gewalt. DAS WAR AUCH VOR DEN SYRERN SO……UND AUCH BEVOR DIE GANZEN ANDEREN EINWANDERER DA WAREN siehe PKS.

    Von daher an die Polizei Leipzig einfach mal die eigene Kriminalstatistik lesen und psst….

  3. karakal sagt:

    Was dieser Polizeibeamte da gemacht hat, stellt eine ungeheuere Anmaßung dar. Wenn es schon für unwissende und dazu unqualifizierte Muslime nicht zulässig ist, den Koran nach Gutdünken zu interpretieren, umso weniger für Nichtmuslime. Tatsächlich bedeutet die bezogene Stelle im Koran (Sure 4,34 – nach kufischer Verszählung) nicht, daß die Männer „über den Frauen“ stehen, sondern {Die Männer stehen in Verantwortung für die Frauen …}. Was mit dem „Schlagen“ der Frauen gemeint ist, ist von den islamischen Religionsgelehrten erläutert, nämlich allenfalls ein mehr symbolisches Schlagen, das keine Körperverletzung zur Folge hat. Wenn jener Polizist das nicht gewußt hat, hätte er besser den Mund halten sollen.
    Somit ist die Verhaltensweise jenes Syrers nicht „in der Religion verankert“, sondern allenfalls in einem falschen Verständnis der eigenen Religion.
    In all den Jahrhunderten gemeinsamen und überwiegend friedlichen Zusammenlebens von Muslimen und Nichtmuslimen in Ländern unter muslimischer Herrschaft haben sich die Muslime nicht in die inneren Angelegenheiten der jeweils anderen Religionsgemeinschaft oder die Interpretation derer heiliger Schriften eingemischt, wie sich dessen die nichtmuslimischen Vertreter des Staates der „freiheitlich-demokratischen“ BRD im Falle der Muslime heute erdreisten. Dies bedeutet eine Verletzung der staatlichen Neutralität.

  4. Mithrandir sagt:

    In all den Jahrhunderten gemeinsamen und überwiegend friedlichen Zusammenlebens von Muslimen und Nichtmuslimen in Ländern unter muslimischer Herrschaft [..].

    Wo soll es das denn gegeben haben? Im so schönen El Andalus waren die Christen entrechtet und mussten Schutzsteuer (=Schutzgeld) zahlen, ganz wie es im Koran verankert ist. Friedliches Zusammenleben unter muslimischer Herrschaft nur, wenn die andere Religion sich unterworfen hat. Falls es andere Beispiele gibt, wo das tatsächlich so gewesen sein soll, Danke.

  5. Tobi sagt:

    in solchen Momenten werden Menschen pauschalisiert und generalisiert und in Schubladen gesteckt

    ich kenne kaum Muslime türkischer Herkunft oder syrischer Herkunft die je in ihrem leben in einer Moschee waren

    als ramadan war hat keiner meiner freunde gefastet aber sehr wohl die Geschenke kassiert von der Familie und pompöse feste am ende gefeiert diese Menschen sehen biodeutsche tagein tagaus und sie denken sofort MUSLIME weil sie südländisch aussehen und sofort rassistisch klassifiziert werden

  6. Pingback: Frauen im Islam - Polizeipräsident verteidigt Koran-Auslegung in Polizei-Mitteilung - MiGAZIN

  7. So denkt man das Argument konsequent weiter: Wenn es schon für unwissende und dazu unqualifizierte Nazis nicht zulässig ist, „Mein Kampf“ nach Gutdünken zu interpretieren (das darf nur „Das Schwarze Korps“), umso weniger für Nichtnazis.

    So erstickt man nicht nur Wissenschaft, sondern auch Wissenschaftsjournalismus, Autodidaktentum und Dilettantismus(*). In einer Zeit, in der viele Eliten misstrauen, liest man selten eine so ausnahmslose Verteidigung!

    * Ein Dilettant (italienisch dilettare aus lateinisch delectare „sich erfreuen“, „ergötzen“) ist ein Liebhaber einer Kunst oder Wissenschaft, der sich ohne schulmäßige Ausbildung und nicht berufsmäßig damit beschäftigt.[1] Als Amateur oder Laie übt er eine Sache um ihrer selbst willen aus, also aus Interesse, Vergnügen oder Leidenschaft und unterscheidet sich somit von einem Fachmann. Dabei kann er vollendete Kenntnisse und Fertigkeiten erlangt haben; solange er die Tätigkeit nicht beruflich bzw. für seinen Lebensunterhalt ausübt oder eine anerkannte einschlägige Ausbildung absolviert hat, gilt er als Dilettant.

    Wenn die Anhänger anderer Buchreligionen am Leben gelassen werden (richtige Ungläubige mussten sich wohl bis zur Aufklärung überall tarnen), ist das noch kein „friedliche[s] Zusammenlebens von Muslimen und Nichtmuslimen“, sondern für mich eher Schutzgelderpressung.

  8. Müllerin sagt:

    @karakal: „Was dieser Polizeibeamte da gemacht hat, stellt eine ungeheuere Anmaßung dar. Wenn es schon für unwissende und dazu unqualifizierte Muslime nicht zulässig ist, den Koran nach Gutdünken zu interpretieren, umso weniger für Nichtmuslime. “

    Für eine Anmaßung halte ich das nicht. Jeder Mensch interpretiert bewusst oder unbewusst Gelesenes. Auch Religionsgelehrte tun dies, denn nur so kann man sich manch schräges Religionsverständnis überhaupt erklären. Was Gott/Allah damit wirklich meinte oder nicht, können wir nur vermuten. Es obliegt aber der Verantwortung jedes Einzelnen, der religiös ist, in rechtschaffener Weise die in den religiösen Schriften hinterlegten Inhalte zu prüfen.

    @karakal: „Tatsächlich bedeutet die bezogene Stelle im Koran (Sure 4,34 – nach kufischer Verszählung) nicht, daß die Männer „über den Frauen“ stehen, sondern {Die Männer stehen in Verantwortung für die Frauen …}. “

    Schade, dass sich DIE MÄNNER in dieser Hinsicht leider nur selten an das göttliche Wort halten, wenn es darum geht, dass sie Verantwortung übernehmen müssen. Ich erlebe hier deutlich häufiger, dass sich die Männer aus der Verantwortung stehlen und sich nur die Stellen „heraussuchen“, die ihnen einen „Vorteil“ verheißen.

    @karakal: „Was mit dem „Schlagen“ der Frauen gemeint ist, ist von den islamischen Religionsgelehrten erläutert, nämlich allenfalls ein mehr symbolisches Schlagen, das keine Körperverletzung zur Folge hat. “

    Schlagen – auch ein „symbolisches“ – bleibt ein Schlagen, denn auch eine seelische Verletzung ist eine Verletzung des Körpers. Dies gehört in meinen Augen nicht in eine stabile Partnerschaft oder Ehe.

    @karakal: „Wenn jener Polizist das nicht gewußt hat, hätte er besser den Mund halten sollen. Somit ist die Verhaltensweise jenes Syrers nicht „in der Religion verankert“, sondern allenfalls in einem falschen Verständnis der eigenen Religion.“

    Warum unterstellt man Menschen aus islamische Kulturkreisen eigentlich stets automatisch eine Nähe zur Religion? Ob dieser Syrer tatsächlich Moslem war/Ist oder eine andere Religion hat oder vielleicht gar nicht religiös ist, wird nie in Erwägung gezogen. Das verwundert mich. Arabischer Herkunft zu sein, bedeutet nicht zwangsläufig, gläubiger Muslim sein zu müssen.