Bundeskabinett verabschiedet Asylpaket
Eine Politik, die auf Abschreckung und Abschottung basiert
Das Bundeskabinett hat eine Reihe von Verschärfungen im Asylrecht gebilligt. Die Änderungen sollen in einem Schnellverfahren in Kraft treten. Der Rat für Migration kritisiert das Vorhaben scharf. Damit werde eine große Chance vertan.
Mittwoch, 30.09.2015, 8:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 06.10.2015, 1:10 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Das Bundeskabinett hat zahlreiche Änderungen im Asylrecht gebilligt, um die Flüchtlingssituation in Deutschland zu bewältigen. Das Gesetzespaket sieht unter anderem vor, Asylverfahren zu beschleunigen und abgelehnte Asylbewerber schneller zurückzuschicken. Beschlossen wurden zudem Einschnitte bei den Sozialleistungen für abgelehnte Asylbewerber sowie eine erweiterte Liste der sicheren Herkunftsstaaten, die nun auch Albanien, Kosovo und Montenegro aufführt. Außerdem ist vorgesehen, Integrationskurse und Programme zur Arbeitsförderung für Flüchtlinge mit guter Bleibeperspektive zu öffnen.
Um die Aufnahme und Unterbringung der Flüchtlinge zu finanzieren, billigte das Kabinett zudem einen Entwurf zum Nachtragshaushalt 2015 von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Dieser sieht vor, Länder und Kommunen in diesem Jahr mit insgesamt zwei Milliarden Euro zu entlasten sowie Rücklagen von fünf Milliarden Euro für das kommende Jahr zu bilden.
Die Gesetzesänderungen im Asylrecht sind Teil der Vereinbarungen, die Bundesregierung und Ministerpräsidenten in der vergangenen Woche beim Flüchtlingsgipfel im Kanzleramt getroffen hatten. Sie sollen durch ein verkürztes Verfahren bereits zum 1. November inkraft treten. Für Donnerstag ist die erste Beratung im Bundestag geplant. Am 16. Oktober soll das Gesetz dem Zeitplan zufolge den Bundesrat passieren.
Rat für Migration: vertane Chance
Der Rat für Migration hat die vom Bundeskabinett beschlossenen Reformen im Asylrecht scharf kritisiert. Damit setze die Bundesregierung eine Politik fort, die in erster Linie auf Abschreckung und Abschottung basiere, bemängelte der Vorsitzende des Rates, der Kultur- und Sozialanthropologe Werner Schiffauer von der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder) am Dienstag in Berlin. Er und die anderen Wissenschaftler plädieren stattdessen dafür, die jetzige Situation als Herausforderung und Chance zu sehen, die ganze Asylpolitik grundsätzlich zu revidieren und Fehler wie das Dublin-System zu korrigieren. Der Rat für Migration ist ein Zusammenschluss von über hundert Migrationsforschern aus unterschiedlichen Disziplinen.
Entwicklungen wie der aktuelle Flüchtlingszuzug nach Europa seien schon lange absehbar gewesen und die Folgen jahrelanger Verdrängung in Deutschland und Europa, kritisierte Schiffauer weiter. Für den Historiker Jochen Oltmer von der Universität Osnabrück sind die jetzt geplanten Maßnahmen widersprüchlich. Einerseits solle die Aufnahme und Versorgung von Asylbewerbern entbürokratisiert werden, andererseits verursache das derzeitige Asylsystem enorme und unnötige Kosten. So sei es erwiesenermaßen billiger, Asylsuchende dezentral unterzubringen als in teuren Gemeinschaftsunterkünften.
Auch die Wiedereinführung von Sachleistungen und die Erweiterung der Liste der sicheren Herkunftsstaaten werde nicht mehr Effizienz bringen, sagte der Migrationsforscher Hannes Schammann von der Universität Hildesheim voraus: „Sachleistungen schrecken niemanden ab und die Diskussion um die sicheren Herkunftsstaaten sind eine reine Alibiveranstaltung.“ Trotzdem müsse weiterhin jeder einzelne Asylantrag individuell geprüft werden.
In einem Zehn-Punkte-Programm fordert der Rat für Migration unter anderem eine Aussetzung des Dublin-Systems, den grundsätzlichen Verzicht von Einzelfallprüfungen bei Kriegsflüchtlingen aus dem Irak und Syrien sowie die Öffnung legaler Einwanderungswege nach Europa. Es sei jetzt ein historischer Zeitpunkt, die ganze Asylpolitik neu auszurichten, sagte Schiffauer. „Auch die Zivilgesellschaft ist dazu bereit, wie nie zuvor“, fügte er hinzu. (epd/mig) Leitartikel Politik
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Es ist sehr bedauerlich, dass der Rat für Migration nicht wie die Vereinten Nationen oder Amnesty international die Mithilfe der Golfstaaten anmahnt.
Eine Mithilfe dieser Staaten würde helfen, die Flüchtlingsproblematik besser in den Begriff zu bekommen.
Der Hinweis auf dieses Manko ist sicher mit der Netiquette vereinbar. .