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Menschenrechtsfreie Zonen

Innenminister de Maizière will Blitz-Abschiebungen an Landesgrenzen

De Maiziere will Flüchtlinge schneller zurückschicken. Das Flughafenverfahren soll auch an den Landesgrenzen angewendet werden. Die SPD kritisiert den Vorstoß, Pro Asyl warnt vor "menschenrechtsfreien Zonen"

Donnerstag, 01.10.2015, 8:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 06.10.2015, 17:43 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) will künftig schon an den Landgrenzen das Bleiberecht von Asylsuchenden überprüfen lassen. Im Inforadio des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB) machte er am Mittwoch deutlich, dass ihm ähnliche Prüfungen wie bei dem bereits existierenden Flughafenverfahren vorschwebten. Diese Praxis erlaubt die schnelle Abschiebung von abgelehnten Asylbewerbern. Sie werden direkt nach ihrer Landung und Antragstellung in eine Flüchtlingsunterkunft im Transitbereich des Flughafens gebracht. Die Asylprüfung läuft direkt vor Ort. So lange darf der Asylsuchende den Transitbereich nicht verlassen.

Hintergrund für de Maizières Vorstoß sei die bisherige Säumigkeit Deutschlands bei der Umsetzung von zwei EU-Richtlinien zu Aufnahme und Asylverfahren von Flüchtlingen. Diese müssten nun rasch in innerdeutsches Recht umgesetzt werden. In einer dieser EU-Richtlinien würden die Mitgliedsstaaten zu Landverfahren an der Grenze ermächtigt. Ähnlich wie beim Flughafenverfahren könnten dann nach de Maizières Vorstellungen Menschen, deren Asylantrag offensichtlich unbegründet ist, umgehend zurückgeschickt werden.

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Dies müsse jetzt diskutiert werden, sei aber bisher umstritten, räumte der Minister ein. Er fügte jedoch warnend hinzu: „Wenn wir jede umstrittene Maßnahme fallen lassen, weil es umstritten ist, dann kommen wir nicht voran.“ Umstritten an de Maizières Vorstoß ist vor allem die Umsetzbarkeit. An Flughäfen kommen in der Regel Personen mit Papieren an, die umgehend an den Abflugort zurückgeschickt werden können. An Landesgrenzen hingegen kommen Schutzsuchende oft ohne Papiere an. Ihre Herkunft lässt sich in der Regel schwer ermitteln.

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Pro Asyl befürchtet kurzen Prozess

Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl warnt: „Damit soll kurzer Prozess an den Landesgrenzen mit den Flüchtlingen gemacht werden“, sagte Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt. „Das läuft auf menschenrechtsfreie Zonen an den Landesgrenzen hinaus.“ Das Flughafenverfahren arbeite mit „extrem verkürzten“ Fristen und es gebe keinen Zugang zu Anwälten. Kritik kommt auch von der SPD. „Der Bundesinnenminister sollte sich darauf konzentrieren, die Asylverfahren zu beschleunigen und die guten Koalitionsvereinbarungen umzusetzen“, sagte der stellvertretende SPD-Chef Ralf Stegner dem Tagesspiegel.

Das Bundeskabinett hatte am Vortag zahlreiche Änderungen im Asylrecht verabschiedet, um die Flüchtlingssituation in Deutschland zu bewältigen. Das Gesetzespaket sieht unter anderem vor, Asylverfahren zu beschleunigen und abgelehnte Asylbewerber schneller zurückzuschicken. Beschlossen wurden zudem Beschränkungen bei den Sozialleistungen für abgelehnte Asylbewerber sowie eine erweiterte Liste der sicheren Herkunftsstaaten, die nun auch Albanien, Kosovo und Montenegro aufführt. (epd/mig) Leitartikel Politik

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  1. Alexei sagt:

    An sich gar nicht verkehrt.Wenn Leute GAR KEINE Bleibeperspektive haben,dann kann man schon eine erste Instanz einführen,wo man diese eindeutigen Fälle aussieben kann. Darüberhinaus hätte man bei den Leuten mit Bleibeperspektive gleich zu Beginn notwendige Daten in Erfahrung gebracht und könnte gleich mit dem Asylverfahren anfangen,statt erst nach mehreren Wochen in Turnhallen nach den Leuten zu suchen.
    Bleibt nur die Frage ob es auch praktikabel ist. Da liegt der Hase im Pfefer.