pro NRW

Rechtspopulistische Propaganda ohne Verstand

Die als rechtsextrem eingestufte Partei pro NRW hetzt gerne, aber ohne vorher ihre Hausaufgaben gemacht zu haben. Ein Musterbeispiel an intellektueller Beschränktheit: Asylbewerber würden über 4.000 Euro monatlich bekommen. Geht's noch?

Von Gabriele Voßkühler Donnerstag, 27.02.2014, 8:28 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 03.03.2014, 17:43 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Deutschland ist „multikulturell, multireligiös und multiverstört“, sagt der Publizist Heribert Prantl. Den Weg in die Einwanderungsgesellschaft haben noch lange nicht alle eingeschlagen. Die auf der Strecke Gebliebenen lassen sich durch Propagandamaßnahmen wie diese leicht ködern:

Die rechtspopulistische Pro NRW behauptete in der letzten Woche auf ihrer Facebook Seite: „Asylanten erhalten neben HartzIV zusätzlich 2.262,50€ monatliche Eingfliederungshilfe und kommen so auf über 4.000,-€ monatlich für eine vierköpfige Familie.“

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pro NRW: Wie man sich selber lächerlich macht
Mal abgesehen von der deutschen Rechtschreibung sind dem oder der VerfasserIn dieser Hetzschrift noch einige andere Punkte “nicht ganz“ klar. Er oder sie suggeriert hier eine finanzielle Unterstützung für Asylbewerber, die so überhaupt nicht existiert. Auf dem als “Beweis“ eingeblendeten Ausschnitt eines Bewilligungsbescheides erscheint der Posten Eingliederungshilfe.

Eingliederungshilfe? Der dem Rechtspopulismus zugeneigte Leser mag nun seine Schlüsse ziehen: „Bekommt da etwa ein Asylbewerber Geld für‘s Nichtstun?“ Nein!

Behinderung kennt keine Grenzen
Die Verfasser dieser Hetzschrift haben sich anscheinend noch nicht einmal die Mühe gemacht, den Begriff Eingliederungshilfe zu googeln. Hätten sie das getan, so wären sie auf eine ganz andere Bedeutung gestoßen: Mit „Eingliederungshilfe“ will man in Deutschland Menschen mit Behinderung ein „der Würde des Menschen entsprechendes“ Leben ermöglichen. Wikipedia sagt hierzu: „Grundsätzliches Ziel der Eingliederungshilfe ist es, durch die zu erbringenden Leistungen die Selbstbestimmung und gleichberechtigte Teilhabe behinderter Menschen am Leben in der Gesellschaft zu fördern, Benachteiligungen zu vermeiden und ihnen entgegenzuwirken“.

Behinderung kann jeden treffen, auch die Anhänger der pro NRW. Nichtsdestotrotz nutzt man hier die rechtmäßig gezahlte finanzielle Hilfe an einen behinderten Menschen aber, um Asylbewerbern pauschal vorzuwerfen sie würden sich durch ihren Status bereichern. Das nennt man rechtspopulistische Propaganda.

Zurück zur Facebook-Hetzschrift der pro NRW: Allem Anschein nach handelt es sich hier also um eine Asylantenfamilie mit einem behinderten Familienmitglied. Deshalb – und nur deshalb! – beziehen sie Eingliederungshilfe.

Fortsetzung folgt
Pro-NRW erreichte mit ihrer Facebook-Hetzschrift in kurzer Zeit fast 8.000 “Gutgläubige“. Inzwischen hat man – anscheinend aus Scham vor der eigenen intellektuellen Beschränktheit – die Nachricht von der Seite genommen. Ein Blick auf den Rest der Dummheiten, die hier verzapft werden, verspricht aber schon heute eine Fortsetzung dieser Nachricht: To be continued… Aktuell Meinung Politik

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  1. glamorama sagt:

    Deutschland im Jahre 2014: Ein Banker, ein Pro-NRW-Wähler und ein Asylant sitzen vor einer Packung mit 20 Keksen. Der Banker nimmt sich 19 Kekse und flüstert dem Pro-NRW-Wähler ins Ohr: „Pass auf, der Asylant will Deinen Keks“.

  2. Yachtman sagt:

    @ glamorama
    :D made my day

  3. Maik sagt:

    Ich bin Schwerstbehindert und bekommen weil meine Rente kaum zu Leben reicht Grundsicherung. Von einer Eingliederungshilfe habe ich noch nie gehört, wo müsste ich die denn beantragen ? Müsste mir dann ja ebenfalls zustehen wenn die FrauVoßkühler recht hat ?

  4. Saadiya sagt:

    @ Maik: Wenn Sie Grundsicherung erhalten, dann bedeutet das, dass Sie Ihre Leistungen vom Sozialamt bekommen und als nicht arbeitsfähig (weniger als 3 Stunden täglich) wegen Ihrer gesundheitlichen Einschränkungen gelten. Eingliederungshilfe erhalten erwerbsfähige Menschen mit Behinderung, um ihnen „gleichberechtigtere“ ( ;) ) Chancen bei der Stellenfindung einzuräumen. Unternehmen, die bereit sind, einem Menschen mit körperlicher Einschränkungen einen behindertengerchten Arbeitsplatz anzubieten oder diesen entsprechend einzurichten, erhalten für eine gewisse Zeit Zuschüsse zum Lohn des behinderten Arbeitsnehmers. Dies soll Anreize für Unternehmen schaffen, Menschen mit Behinderung nicht grundsätzlich von einer Einstellung und Beschäftigung auszuschließen.