Marcus Weinberg

Die CDU hat zu lange die Chancen verkannt und nur auf Gefahren hingewiesen

Was sollte man tun, damit Integration gelingt, wo liegen die Hürden, was sollten Migranten nicht tun? Marcus Weinberg, CDU-Landesvorsitzender in Hamburg, räumt im Gespräch mit dem MiGAZIN auch Versäumnisse der eigenen Partei ein.

Von Andreas Wojcik Mittwoch, 17.08.2011, 8:26 Uhr|zuletzt aktualisiert: Freitag, 19.08.2011, 1:19 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Andreas Wojcik: Warum engagieren Sie sich für die Integration in Deutschland?

Marcus Weinberg: Ich schätze gesellschaftliche, kulturelle und soziale Vielfalt in Deutschland und insbesondere in meiner Heimatstadt Hamburg. Wir müssen sie als Chance erkennen und den Gefahren von Konflikten und der Entwicklung von gesellschaftlichen Fliehkräften entgegenwirken. Darum sehe ich es als eine Kernaufgabe an, den solidarischen und sozialen Zusammenhalt dieser Vielfalt zu verstärken und politisch zu gestalten.

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Gerade wir in Hamburg müssen uns intensiv mit der Frage beschäftigen, wie wir Menschen mit Migrationshintergrund in unsere Gesellschaft nachhaltig integrieren können, da ca. 26 Prozent der Hamburger Bevölkerung und über die Hälfte der unter Sechsjährigen einen Migrationshintergrund aufweisen.

Wojcik: Was sollen andere (Menschen, Organisationen etc.) tun, damit Integration gelingt?

Weinberg: Eine gelingende Integration geht zuerst von jedem Einzelnen aus. Damit verbunden ist die Akzeptanz bestehender Werte. Gegenseitiger Respekt und Wertschätzung sind unverzichtbarer Bestandteil unseres Zusammenlebens. Integration muss tagtäglich in der Nachbarschaft gelebt und spürbar werden.

Wojcik: Haben Sie Beispiele, was man innerhalb der Partei tun könnte, um Integration und politische Partizipation von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte voranzutreiben?

Weinberg: Die Integrationsfrage ist nach meiner Auffassung im Kern eine Bildungsfrage. Bildung darf daher nicht isoliert betrachtet werden, sondern ist für mich der entscheidende Schlüssel zu einer erfolgreichen Integration. In Veranstaltungen in Hamburg als auch in Berlin verknüpfe ich diese Themen deswegen stets miteinander.

Wojcik: Wo liegen Ihrer Meinung nach noch konkret die Hürden in der Partei?

Weinberg: Die Folgen gelungener, aber auch verfehlter Integrationspolitik sind in Hamburg noch heute spürbar. Die Diskussion über Fehlentwicklungen und über künftige Handlungsoptionen muss offen und ohne Tabus auch in der CDU geführt werden. Wir haben als CDU zu lange die Chancen verkannt und nur auf Gefahren hingewiesen.

Wojcik: Welche Aufgaben sollten Europa, Bund, Länder und Kommunen übernehmen?

Weinberg: Die Politik ist auf allen Ebenen verantwortlich für eine gelingende Integration. Sie braucht das Zusammenwirken aller Ebenen. Nur wenn Integration vor Ort in den Kommunen gelingt, kann sie auch in der Europäischen Gemeinschaft gelingen.

Wojcik: Was sollten sie nicht tun?

Weinberg: Die Integrationspolitik vernachlässigen und einseitig Verantwortung definieren.

Wojcik: Können Sie sich vorstellen, wie Menschen mit und ohne Zuwanderungsgeschichte in 10 Jahren zusammenleben? Zukunft der Integration?

Weinberg: Wir müssen uns in Zukunft weniger fragen, woher wir kommen, sondern vielmehr fragen, wo wir gemeinsam hin wollen und was wir können.

Wojcik: Welche Erlebnisse und Erfahrungen haben Sie mit dem Thema „Integration“?

Weinberg: Hamburgs Bedeutung als internationale Handelsmetropole und den Wohlstand unserer Stadt verdanken wir ganz wesentlich der Offenheit von und für Menschen aus der ganzen Welt. Ich persönlich lade regelmäßig Kursmitglieder von Integrationskursen nach Berlin in den Deutschen Bundestag ein. Das hohe Interesse der Menschen mit Migrationshintergrund an der gelebten Demokratie in Deutschland wird häufig unterschätzt. Ich war überrascht, mit welcher Inbrunst sich die Kursteilnehmer für die Ausgestaltung deutscher Politik interessieren. Deutschland ist das Land, indem sie nicht nur leben und arbeiten möchten; gelebte Integration heißt auch, gesellschaftlich wahrgenommen zu werden und Möglichkeiten der Mitgestaltung zu haben.

Außerdem bin ich regelmäßig Gast und Gesprächspartner bei Vertretern der verschiedenen Vertretungen und Institutionen. Aktuell Interview Politik

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  1. Sinan Sayman sagt:

    Schön und gut, aber Migranten in Ihrer Partei sind doch nur schmückendes Beiwerk. In wichtigen Positionen sitzen immer Deutsche. Auf Ihre Ministerin Aygül Özkan können Sie nicht verweisen, die hat nur einen türkischen Namen und wird von uns Türken nicht ernst genommen. Aber Hauptsache, Sie haben einen Vorzeige-Türken, nicht wahr? Die wirklich guten Migranten, die zu Lösungen beitragen könnten, lassen Sie nicht machen, auch wir verfolgen die Presse Herr Weinberg. Sehen Sie sich Hamburg an, jeder 2. Jugendlicher ist Ausländer, wenn Sie Ihre politische Taktik nicht ändern, wird diese Jugend Sie nicht wählen.

    • Leo Brux sagt:

      Sinan Sayman,
      Hamburg hat einen Ausländeranteil von ca. 14 Prozent – München hingegen über 20 Prozent.
      Der Anteil der Ausländer unter Jugendlichen ist noch geringer, aufgrund der Staatsbürgerschaftsregelung von vor 12 Jahren. Also, in Hamburg ist nicht jeder 2. Jugendliche Ausländer. Ausländer sind in dieser Altersgruppe die immer seltener werdende Ausnahme.
      Meinten Sie Einwohner mit Migrationshintergrund? Selbst da dürfte der Anteil weit unter 50 Prozent liegen. Hinzu kommt, dass nur ein Bruchteil davon türkischer Herkunft ist.

  2. Marc Fischer sagt:

    Zuerst sollte Ihre Partei mal aufhören, sich mit Hurra- wir -sind -alle- eins und Hamburg unsere Heimat oder Hamburgs integriertester Türke Aktion zu befassen. Das ist albern.

  3. Sinan Sayman sagt:

    Heheheh ich stelle mir gerade vor, wie Herr Dr. Andreas Wojcik, Ihr Integrationsexperte, bei einer türkischen Familie sitzt und Hammelhoden isst. Dem hört doch keiner zu, kann er überhaupt türkisch? Weiß er überhaupt, was uns bewegt, wohl kaum, also..

  4. Sinan Sayman sagt:

    Ach was, lesen Sie wenisgtens Zeitungen, wenigstens die deutsche Presse. Abendblatt, Stand 2004, folgender Artikel und wir haben jetzt 2011. „Hamburg. Fast jeder zweite Hamburger unter 18 Jahren ist Ausländer oder hat eine ausländische Herkunft. Das ergeben neueste, noch nicht veröffentlichte Zahlen des Statistikamtes Nord, die dem Abendblatt vorliegen. Demnach haben 45,8 Prozent aller Hamburger bis 18 Jahre einen „Migrationshintergrund“ (Stand 31.12.2004).

    Noch etwas höher ist der Anteil, wenn man nur die Kinder unter sechs Jahren betrachtet. Hier haben in Hamburg 48 Prozent einen ausländischen Hintergrund. Rechnet man alle Altersstufen zusammen, so hat in Hamburg mehr als jeder Vierte (26,8 Prozent) einen Migrationshintergrund. Bundesweit liegt diese Zahl bei jetzt 18,6 Prozent. Die Statistiker haben neben der Kategorie „Ausländer“ erstmals auch die der „Deutschen mit Migrationshintergrund“ eingeführt. Darin werden auch Eingebürgerte, Spätaussiedler und Kinder mitgezählt, bei denen nur ein Elternteil einen ausländischen Hintergrund hat. Ein Grund der statistischen Neuerung ist, dass die Politik ein genaueres Bild einfordert. Denn auch Spätaussiedler und Eingebürgerte und ihre Kinder sprechen oftmals nicht fließend Deutsch und brauchen somit stärkere Förderung.

    • Leo Brux sagt:

      Sinan Sayman,
      3 Millionen von 16 Millionen mit Migrationshintergrund sind per definitionem ein Bruchteil. Weniger als ein Fünftel.
      Deutsche mit Migrationshintergrund sind per definitionem keine Ausländer.
      Sinan Sayman, warum übernehmen Sie die Sprache und Denke der Türkenfeinde?

  5. Sinan Sayman sagt:

    Herr Leo Brux, in Deutschland leben drei Millionen Türken, wenn sie diese Gruppe, sie ist die größte ethnische Minderheit, als Bruchteil bezeichnen, haben Sie den Schuss nicht gehört.

  6. Sugus sagt:

    @ Brux und Sayman
    Amüsiert betrachte ich – Deutschnationaler – ihre Diskussion. Und ich vermute, daß die Rechte nie an die Macht kommen wird. Das ist auch völlig unnötig. Irgendwann werden die Linken vom Schlage Bruxens schnallen, daß die Türken etwas dominanter sind und daß am Ende der „multikulturellen Gesellschaft“ nur eine zweite Türkei steht, wenn man nicht gegensteuert. Und dann wird es in diesem Lande gehörig knallen. Wem gehört Deutschland? Darum geht es, nicht um „Integration“.

    • Leo Brux sagt:

      Sugus,
      die Antwort finden Sie unter dem Lebensstil-Artikel.
      Nach dem, was Sie schreiben, kann ich mir nicht so recht vorstellen, dass Sie die Deutschtürken gut kennen.
      So wie es Deutschnationale gibt, so gibt es natürlich auch Türkischnationale. Beide reden jede Menge Unsinn daher. Beide phantasieren haltlos vor sich hin, von türkischer Macht und von zweiter Türkei …
      Kann schon sein, dass Sinan Sayman sich freut über Ihre Angst und sich bestätigt fühlt. Und? Die paar türkischen Nationalisten in Deutschland kann man rechts liegen lassen. Sie sind zahlenmäßig bedeutungslos. Politisch auch.

      Es gibt eine Reihe von Machtbereichen in einem Land wie Deutschland. Parlamente+Regierungen; Polizei; Bundeswehr; Justiz; Hauptmedien; große Unternehmen+Banken. Wo in diesen Bereichen spielen Deutschtürken überhaupt eine Rolle? Und wenn sich mal eine Person türkischer Herkunft in diese Regionen hinauf entwickelt, welcher Art ist diese Person dann? Türkischer Nationalist etwa?

      NULL gibt’s davon überall dort, wo in unserer Gesellschaft Macht ausgeübt wird. NULL. Aber Sugus phantasiert von dominanten Türken …

  7. Zafer Topak sagt:

    Sehr geehrter Herr Brux,

    die Türken sind mehrheitlich nationalistisch. Auch ich bin ein türkischer Nationalist und in Deutschland politisch aktiv. Wir haben keine negativen bzw. feindseligen Absichten gegenüber der Bundesrepublik Deutschland. Aussagen, wie die türkische Macht und zweite Türkei, sind einfach nur üble Unterstellungen. Wir Deutschland-Türken sind ein Teil Deutschlands. Meine Heimat ist Deutschland. Und ich bin auch ein Deutscher. Um Deutscher zu werden/sein, muss ich meine türkische Kultur nicht aufgeben.

    Sehr geehrter Herr Sugus,

    Deutschland ist ein deutsches Land und wird auch in Zukunft ein deutsches Land bleiben. Deutschland ist das Land der Deutschen. Das hat jeder so zu akzeptieren und zu respektieren. Die Integration sollte auf Fundament des deutschen Patriotismus und eines integrativen deutschen Nationalbewusstseins stattfinden. Aber: Die Diversitäten sollten akzeptiert werden. Und die Intention der Integration sollte nicht die Assimilation sein.

    • Leo Brux sagt:

      Zafer Topak,
      lesen Sie mal, wie Sinan Sayman das Maul voll genommen hat … Da unterstelle ich nichts. Leider.
      Was die Diversität anbelangt und das „integrative“ Nationalbewusstsein, so hoffe ich, dass Sie ähnliches auch für die Türkei fordern.

  8. Zafer Topak sagt:

    Ich meinte Diversität.

  9. Zafer Topak sagt:

    Natürlich. Also mein Verständnis vom Nationalismus ist so. Nur wie gesagt bin und lebe ich in Deutschland. Ich habe keine Lust egal von wem auch immer aufgefordert zu werden Vergleiche mit der Türkei zu ziehen. Ich habe meine Perspektive klar und deutlich formuliert, indem ich geschrieben habe, dass Deutschland meine Heimat ist.

  10. Sugus sagt:

    @ Zafer Topak
    Schildern Sie mir näher, inwiefern Sie auch ein Deutscher sind.