Marcus Weinberg

Die CDU hat zu lange die Chancen verkannt und nur auf Gefahren hingewiesen

Was sollte man tun, damit Integration gelingt, wo liegen die Hürden, was sollten Migranten nicht tun? Marcus Weinberg, CDU-Landesvorsitzender in Hamburg, räumt im Gespräch mit dem MiGAZIN auch Versäumnisse der eigenen Partei ein.

Andreas Wojcik: Warum engagieren Sie sich für die Integration in Deutschland?

Marcus Weinberg: Ich schätze gesellschaftliche, kulturelle und soziale Vielfalt in Deutschland und insbesondere in meiner Heimatstadt Hamburg. Wir müssen sie als Chance erkennen und den Gefahren von Konflikten und der Entwicklung von gesellschaftlichen Fliehkräften entgegenwirken. Darum sehe ich es als eine Kernaufgabe an, den solidarischen und sozialen Zusammenhalt dieser Vielfalt zu verstärken und politisch zu gestalten.

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Gerade wir in Hamburg müssen uns intensiv mit der Frage beschäftigen, wie wir Menschen mit Migrationshintergrund in unsere Gesellschaft nachhaltig integrieren können, da ca. 26 Prozent der Hamburger Bevölkerung und über die Hälfte der unter Sechsjährigen einen Migrationshintergrund aufweisen.

Wojcik: Was sollen andere (Menschen, Organisationen etc.) tun, damit Integration gelingt?

Weinberg: Eine gelingende Integration geht zuerst von jedem Einzelnen aus. Damit verbunden ist die Akzeptanz bestehender Werte. Gegenseitiger Respekt und Wertschätzung sind unverzichtbarer Bestandteil unseres Zusammenlebens. Integration muss tagtäglich in der Nachbarschaft gelebt und spürbar werden.

Wojcik: Haben Sie Beispiele, was man innerhalb der Partei tun könnte, um Integration und politische Partizipation von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte voranzutreiben?

Weinberg: Die Integrationsfrage ist nach meiner Auffassung im Kern eine Bildungsfrage. Bildung darf daher nicht isoliert betrachtet werden, sondern ist für mich der entscheidende Schlüssel zu einer erfolgreichen Integration. In Veranstaltungen in Hamburg als auch in Berlin verknüpfe ich diese Themen deswegen stets miteinander.

Wojcik: Wo liegen Ihrer Meinung nach noch konkret die Hürden in der Partei?

Weinberg: Die Folgen gelungener, aber auch verfehlter Integrationspolitik sind in Hamburg noch heute spürbar. Die Diskussion über Fehlentwicklungen und über künftige Handlungsoptionen muss offen und ohne Tabus auch in der CDU geführt werden. Wir haben als CDU zu lange die Chancen verkannt und nur auf Gefahren hingewiesen.

Wojcik: Welche Aufgaben sollten Europa, Bund, Länder und Kommunen übernehmen?

Weinberg: Die Politik ist auf allen Ebenen verantwortlich für eine gelingende Integration. Sie braucht das Zusammenwirken aller Ebenen. Nur wenn Integration vor Ort in den Kommunen gelingt, kann sie auch in der Europäischen Gemeinschaft gelingen.

Wojcik: Was sollten sie nicht tun?

Weinberg: Die Integrationspolitik vernachlässigen und einseitig Verantwortung definieren.

Wojcik: Können Sie sich vorstellen, wie Menschen mit und ohne Zuwanderungsgeschichte in 10 Jahren zusammenleben? Zukunft der Integration?

Weinberg: Wir müssen uns in Zukunft weniger fragen, woher wir kommen, sondern vielmehr fragen, wo wir gemeinsam hin wollen und was wir können.

Wojcik: Welche Erlebnisse und Erfahrungen haben Sie mit dem Thema „Integration“?

Weinberg: Hamburgs Bedeutung als internationale Handelsmetropole und den Wohlstand unserer Stadt verdanken wir ganz wesentlich der Offenheit von und für Menschen aus der ganzen Welt. Ich persönlich lade regelmäßig Kursmitglieder von Integrationskursen nach Berlin in den Deutschen Bundestag ein. Das hohe Interesse der Menschen mit Migrationshintergrund an der gelebten Demokratie in Deutschland wird häufig unterschätzt. Ich war überrascht, mit welcher Inbrunst sich die Kursteilnehmer für die Ausgestaltung deutscher Politik interessieren. Deutschland ist das Land, indem sie nicht nur leben und arbeiten möchten; gelebte Integration heißt auch, gesellschaftlich wahrgenommen zu werden und Möglichkeiten der Mitgestaltung zu haben.

Außerdem bin ich regelmäßig Gast und Gesprächspartner bei Vertretern der verschiedenen Vertretungen und Institutionen.