Integration im 16:9 Format

Das Ende meiner Geduld. Ich klage an!

Ich habe genug von den Absagen, den Beleidigungen und Demütigungen, von dem Stillsein und dem Vorbild-Dasein gelungener Integration zu sein. Ich werde aufstehen, auf dem Tisch hauen und meine Meinung laut äußern.

Von Mittwoch, 06.07.2011, 8:28 Uhr|zuletzt aktualisiert: Samstag, 09.05.2020, 1:04 Uhr Lesedauer: 10 Minuten  |  

Die Schinderei hatte sich für meinen vietnamesischen Änderungsschneider ausgezahlt. Als ich die Kopernikusstraße mit meinem Fahrrad entlang fuhr und an der Kreuzung zur Warschauerstrasse zum Stehen kam. Ich sah ihn, wie er seinem Landsmann gerade, den neu erworbenen silbernen Mercedes gehobener Klasse vorführte.

Den Wagen hatte er, wie eine Trophäe in der Wohnzimmer Glasvitrine, vor seinem Geschäft geparkt. Der Landsmann staunte nicht schlecht und begutachtete den Kotflügel und die Felgen des Wagens, wie Kunstliebhaber ein Gemälde von Monet. Die Gesichtszüge meines Änderungsschneiders waren jene, die einem auf Anhieb verrieten, wie stolz jemand ist, etwas erreicht zu haben.

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Es muss in der Natur des Menschen liegen, Triumphe und Erfolge mit dem Erwerb von Symbolen, den scheinbaren Aufstieg im Status, Ausdruck zu verleihen. Ich beobachtete die Szene aus einer gewissen Ferne und wollte seinen Moment nicht ruinieren. Also grüßte ich ihn nicht, wie sonst üblich. „So etwas kannst Du auch haben, wenn Du bereit bist, 16 Stunden am Tag zu buckeln, große Opfergaben zu bringen, bis hin zur Bereitschaft der Selbstaufopferung, einer Arbeit nachzugehen, die Deiner Qualifikation nicht entspricht und die Wörter Urlaub und Erholung aus Deinem Wortschatz löschst!“ muss mein Änderungsschneider seinem Landsmann gesagt haben. Zumindest stellte ich es mir so vor.

Am Ende der Vorführung klopfte der Landsmann, meinem Änderungsschneider anerkennend auf die Schulter, die wohl international gebräuchlichste Geste der Wertschätzung. „Du hast es geschafft!“, stelle ich mir die Antwort des Landsmannes vor, als beide in den Laden zurückgingen. Diese Szene blieb mir noch lange im Kopf erhalten. Ich freute mich für meinen Änderungsschneider. Die ganze Schufterei, die er Tag ein Tag aus geleistet hatte, hatte er sich mit dem Erwerb eines Statussymbols belohnt.

Die Szene mit dem Landsmann erinnerte mich an die koreanischen Veranstaltungen in Castrop-Rauxel. Dort hatte ich als Jugendlicher oft ähnliche Szenen erlebt. Ehemalige koreanische Bergarbeiter, die nachdem sie als erste vom ersten Arbeitsmarkt wegrationalisiert wurden, ihre Existenz oft durch Selbstständigkeit sichern mussten. Die Erfolgreichen zeigten ihre neue Errungenschaft mit einem Luxusauto, dem wohl stärksten Statussymbol und einer dicken Schweizer Uhr am Handgelenk. Demonstrativ fuhr man fast schon königlich mit dem Wagen vor, sodass alle begutachten konnten, dass man es zu etwas gebracht hatte. Mit zwei Koffern kam man in Deutschland an und hatte es zu etwas gebracht. Das sollte die Kernbotschaft sein.

An dem Ziel, so viele Statussymbole vor dem Tod zu erwerben, wie nur möglich um sich gesellschaftliche Anerkennung zu erringen, scheint auch in der zweiten Generation Koreaner in Deutschland weit verbreitet zu sein. Jeder soll es für sich selbst entscheiden. Mir persönlich sind diese Lebensziele befremdlich. Der Gedanke daran, dass man etwas darstellt, was man womöglich gar nicht ist, durch die Außendarstellung von Statussymbolen ist mir einfach zuwider. Man kann sich vielleicht kurzfristiger Anerkennung gewiss sein. Doch eines können Statussymbole niemals, nämlich sich die „wirkliche“ Integration in die Gesellschaft zu erkaufen. Sowieso kann man nichts von dem mitnehmen, wenn einen das Zeitliche segnet. Kein Luxusauto passt in ein Grab und die überteuerte Schweizer Uhr hat wenig Nutzen, wenn man die Zeit nicht mehr lesen kann.

Was die Philosophie „Aufstieg durch Bildung“ anbelangt, ist mein vietnamesischer Änderungsschneider nicht viel anders, wie die meisten koreanischen Eltern. Bei den Asiaten wird Bildung eben als „Kampfkunst“ verstanden, würde mein Freund Wladimir jetzt sagen. Der Drill, die Disziplin, der Gehorsam und der extrem hohe Leistungsdruck höher, schneller, weiter zu gehen, soll der nächsten Generation, den Aufstieg der sozialen Leiter gewährleisten.

Doch immer mehr stellt sich heraus, dass es die Mühen nicht wert sind. Höhere Bildung in Deutschland bedeutet Stillstand. Der Aufstieg ist nur begrenzt möglich und kann in manchen Fällen sogar den Abstieg bedeuten. Die soziale Herkunft, die Hautfarbe und der Migrationshintergrund entscheiden über die Aufnahme in den Arbeitsmarkt und den damit verbundenen beruflichen Aufstieg. Nicht die Herkunft, sondern die Zukunft zählt, redet sich die Staatsministerin für Integration, Maria Böhmer, in künstlicher Rage, sowie es Rainer Brüderle tat, als man im Bundestag über die Stabilität in der Euro-Zone diskutierte. Der Fraktionsvorsitzende der Linken Gregor Gysi ließ es sich nicht nehmen, das schauspielerische Spektakel Brüderles zu kommentieren. Er sagte: „Ihre Leidenschaft war wirklich beachtlich; das muss ich sagen. Wie Sie am Schluss die Fäuste bewegt haben, das passt auf jeden linken Parteitag. Zur Steigerung müsste ich jetzt den Schuh benutzen […]“. Ähnlich Worte hätte ich sicherlich auch über Böhmers verbal beschränktes Engagement gefunden.

Man redet viel über die hohe Abiturientenquote der Vietnamesen und die Mustergültigkeit ihrer gesellschaftlichen Anpassung und fragt sich, warum die integrationsunwilligen Problem-Türken nicht so sein können, wie die Asiaten. Die gesellschaftliche Erwartungshaltung der Asiaten ist hoch. Sie beinhaltet nur Verpflichtungen, wie nicht aufzufallen, nicht laut zu sein, keine Probleme zu verursachen, unsichtbar sein und seinen Platz in der Gesellschaft zu kennen. Nach all diesen Erfahrungen kann ich der türkischen Bevölkerung nur empfehlen, so zu bleiben, wie sie sind, und sei es drum, Probleme zu machen. Nur dann so erscheint es mir, verschafft man sich in Deutschland Gehör.

Wenn ich eins nicht ausstehen kann, dann sind es diese Pseudoartikel über mustergültige Vietnamesen, von einheimischen Journalisten, die Gefangene ihrer subjektiven Meinung sind und sich in ihren Berichten widerspiegeln und von dem Thema nicht wirkliche eine Ahnung haben. „Das vietnamesische Wunder“ heißt ein Artikel in der Zeit. Der wichtigsten Frage, was mit den „Überfliegern der Integration“ nach ihrem Abitur und Studium geschieht, wird völlig ignoriert, als gehe ihr Leben nur bis zum Ende der Schulzeit. Galant umschifft man die Wahrheit, dass die gut ausgebildeten Vietnamesen und Koreanern, im deutschen Arbeitsmarkt, gemessen nach ihren Qualifikationen, es nicht schaffen bis nach ganz oben zu kommen, in den Führungsetagen deutscher Unternehmen, als Abteilungsleiter, als Geschäftsführer, Vorstandsvorsitzende, Marketingdirektor und weitere Führungspositionen. Mit ihrem Potenzial und Talent verhaaren sie in der Mittelklasse, enden häufig in Deutschland ansässigen koreanischen Unternehmen, gehen zurück in das Land der Eltern oder enden als ewige Talente, die ihr Potenzial nie richtig zur Entfaltung bringen konnten. Die einstigen Bildungsüberflieger deren Motoren, solange sie sich im einigermaßen sicheren Umfeld der Bildung bewegten, unverwüstlich waren, und nie zum Erliegen kamen, kommen in der realen Arbeitswelt vermehrt zum Stottern und zum Erliegen. Stillstand bedeutet Tod, das weiß jeder Mensch. Der bis dahin makellose Lebenslauf bekommt erste Schrammen, der letztendlich zum Totalschaden führt. Das Leben wird ein Kampf ums Überleben, das Verstecken der Scham als Einser-Abiturient und magna cum laude Studienabsolvent auf der Strasse der Verlierer zu fahren. Es schmerzt, der Realität ins Auge zu sehen und sich einzugestehen, dass die ganze Schufterei sich nicht ausgezahlt und sogar gegen einen verwendet wird. Man möchte in den Boden versinken, unsichtbar werden und einfach der Realität zu entkommen.

Welcher Personalchef weiß schon davon, was der oder diejenige auf sich genommen hat, um sich diese Bildung anzueignen, die immer mehr an Wert verliert, je mehr man standardisierte Absagen in der Post vorfindet, mit der zurückgeschickten Bewerbung genau so drin, wie man sie versendet hatte und je mehr Zeit verstreicht, in der das Wissen nicht zum Einsatz kommt. Kein einziges Blatt ist in der Bewerbung gefaltet, ein Indiz, dass man sich mit der Bewerbung nicht eine Sekunde befasst hatte. Ich frage mich, was den Personalchefs an meinem koreanischen Äußerlichen missfällt. Wovor haben sie Angst? Warum komme ich nicht für die engere Auswahl der Kandidaten in Frage? Bin ich nur eine lächerliche Formalie, weil es die Regeln der Bewerbung so vorgeben? Was bin ich in den Augen deutscher Personalleiter? Was empfinden sie, beim Anblick meines Bewerbungsfotos? Vielleicht hätte man als asiatische Frau geboren werden müssen. Damit hätte man vielleicht bessere Chancen einen Job zu landen. Wer weiß schon, wie viele Personalchefs eine Vorliebe für asiatische Frauen haben und mit der Einstellung einer Asiatin, ihren Fetisch ausleben. Ich kann mit zwei Brüsten und einer Vagina im Geisha-Kimono Kleid nicht dienen. Ich bin zweifelsohne ein Mann, ein deutsch-koreanischer Mann mit einem verfluchten Migrationshintergrund, einer Gastarbeitergeschichte. „Was wissen diese verdammten selbstherrlichen Hurensöhne schon?“ hatte mein koreanischer Bekannter Markus einmal gesagt, als wir auf dieses Thema zu sprechen kamen. „Die haben doch keine Ahnung, vom Kampf, vom sich behaupten, von den verdammten Scheiß Niederlagen, von den Demütigungen und Stichen ins Herz! Ich fühle mich vergewaltigt! Bin müde. Hab kein Bock mehr!“ fügte Markus hinzu. Ich erhob kein Einspruch, auch nichts gegen seine Fäkalsprache. Wenn Sarrazin so etwas darf, dann darf es Markus allemal. Ich sagte ihm, die Koreaner müssen lauter werden, sich eingestehen, dass sie in Deutschland nie die erste Geige spielen werden, trotz eines Philipp Röslers, den die Bundesregierung versucht als Erfolgsmigranten zu verkaufen „from rags to riches“, obwohl er keiner ist und so der Gesellschaft versucht zu suggerieren, dass man es als Migrant in Deutschland bis zum Vizekanzler aufsteigen kann. Ich kenne nur einen, der noch besser lügen kann, wie die Bundesregierung und dann ist der Baron Münchhausen.

Für Maria Böhmer sind die Koreaner nichts weiter als unbedeutende, lakaienhafte Schlitzaugen, Witzfiguren wie die thailändische Berühmtheit Narumol die einen einheimischen Bauern ehelichte, Frühlingsrollen und Reisfresser, mit denen man so umspringen kann, wie es gerade in den Kram passt. Gerne werden die disziplinierten Asiaten als Musterbeispiele gelungener Integration genannt, aber wenn es darum geht, bei der Integrationsdebatte an vorderster Front mitzureden, dann wird ihnen Redeverbot erteilt oder sie werden von wichtigen Beratungsgremien ausgeschlossen. Beim Reden und sich zu Wort melden hört plötzlich die Mustergültigkeit gelungener Integration auf.

Der Leipziger Erziehungswissenschaftler Olaf Beuchling hatte errechnet, dass rund 59 Prozent der vietnamesischen Schüler ein Gymnasium besuchen. Bei den Koreanern gibt es nicht wirklich eine verlässliche Quelle, allerdings wird deren Zahl der Abiturienten und Studienabsolventen auf 70 Prozent geschätzt. Den Sprung aufs Gymnasium schafft man mühelos, doch der Sprung in die Berufswelt geht ins ungewisse. Wo spiegelt sich diese Zahl der Vietnamesen und Koreaner in Unternehmen, der freien Marktwirtschaft, den politischen Verbänden und Organisationen wieder?

In einem Artikel in der WELT rezitierte der einheimische Journalist, den koreanischstämmigen Amerikaner Wesley Yang, der in einem Beitrag für das New York Magazin schrieb „Fünf Prozent der Amerikaner sind Asiaten. Aber nur 0,3 Prozent von ihnen sind Vorstandsmitglieder, und weniger als ein Prozent schafft es in den Aufsichtsrat. Nur zwei Prozent der Asiaten werden Dekan ihrer Universität. Jedes Jahr veröffentlicht das Magazin „Fortune“ eine Liste der 500 erfolgreichsten Vorstandsvorsitzenden; 2010 waren gerade mal neun von ihnen asiatischer Herkunft. Lächerlich! […] Sie werden Mitarbeiter einer Anwaltskanzlei, schaffen aber nie den Sprung zum Gesellschafter; sie entwickeln Software, aber ihnen gehört keine Softwarefirma“. In Deutschland ist die Situation nicht viel anders. Deutschland gehört den Deutschen, nicht den asiatisch oder schwarz aussehenden Deutschen.

Ich habe genug von den Absagen, den Beleidigungen und Demütigungen, von dem Stillsein und dem Vorbild-Dasein gelungener Integration zu sein. Ich werde aufstehen, auf dem Tisch hauen und meine Meinung laut äußern.

Wesley Yang drückt es in seinem Beitrag für das New York Magazine nicht besser aus, auch wenn ich nicht mit allen seinen Äußerungen konform bin „[…] Scheiß auf Notenplackerei. Scheiß auf Elite-Universitäten-Manie. Scheiß auf Katzbuckeln vor Höherstehenden. Scheiß auf Demut und harte Arbeit. Scheiß auf harmonische Beziehungen. Scheiß auf Opfer-bringen-für-die-Zukunft. Scheiß auf ernsthafte, strebsam sich mühende Mittelklassen-Knechtseligkeit“.

Es ist an der Zeit laut zu werden, Probleme zu machen, Forderungen auf Führungspostionen zu stellen, das Recht auf Chancengleichheit und Partizipation. Nur so werden wir Asiaten in Deutschland, eines Tages nicht mehr als die nicht ernstzunehmenden Frühlingsrollen, Witzfiguren und Reisfresser angesehen. Nur so kann die asiatische Integration in Deutschland gelingen. Aktuell Meinung

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  1. Pete sagt:

    Ein gelungener Artikel! Weiter so

  2. Hoang sagt:

    Sie haben völlig Recht. Die von ihnen geschilderte Situation ist besonders in Ostdeutschland gut zu beobachten und zu spüren. Es gibt hier immer noch sehr viele Menschen, die nicht gewohnt sind bzw. nicht akzeptieren können, dass anders aussehende Menschen nicht schlechter oder gar besser als sie selbst sein können. Die Politik bemüht sich (endlich mal), gut ausgebildete Fachkräfte mit Migrationshintergrund zu halten. Die Menschen hier lassen ihnen aber ständig zu spüren bekommen, dass sie nicht willkommen sind.

  3. Tom sagt:

    Ich gebe „Hoang“ Recht. Die Asiaten in Deutschland sind die Deppen der Nation. Deren harte Arbeit wird nicht belohnt!

  4. Mika sagt:

    Und deshalb bin ich für eine Migranten- und für eine Frauenquote in den Führungsetagen. Denn sonst wird sich hier rein gar nichts ändern! ! !

  5. Don Alfredo sagt:

    Mika, eine Quotenregelung wäre kontraproduktiv. Nur Qualifikation sollte zählen.
    Das Migazin schreibt. „So erreichten im Jahr 2010 nur gut 5 Prozent der ausländischen Schulabgänger die Fachhochschul- oder Hochschulreife im Gegensatz zu 31 Prozent der deutschen.“
    Und da ist von Prozenten die Rede, also so gut wie kein Potienzial unter Migranten vorhanden das in Führungsetagen aufsteigen könnte.
    Allerdings bin ich ein Freund von „anonymen Bewerbungen“.

  6. Arne sagt:

    Das Reden von der gelungenen Integration der Asiaten entspringt noch anderen Motiven, nämlich der Abwehr des Rassismusvorwurfs, indem man sagt, man habe nur etwas gegen den Islam, aber doch nichts gegen fremde „Rassen“, man nehme nur die Asiaten. Das ist reiner Zynismus. Was interessieren den gewöhnlichen Rassisten außerdem Abiturientenzahlen, es geht dabei eher darum, dass „die Asiaten“ angeblich weniger Probleme machen. Vielleicht werden da auch Motive aus der Nazi-Zeit am Leben erhalten, als man begründen musste, warum man mit Japanern verbündet ist, aber Juden als minderwertig verfolgt.

  7. Lutheros sagt:

    Ein Migrant ist grundsätzlich nur Opfer, oder? Egal was im leben passiert, es passiert erstens negativ und zweitens aus einem Grund: weil man Migrant ist.

    Persönliche Betroffenheit in allen Ehren, aber was, außer Unterstellungen und Pauschalisierungen hat er denn an Gründen und Ursachen genannt? Eine deutsche Abiturientenquote und eine amerikanische ethnisch unterteilte Führungspositionsquote. Was soll das aussagen?

    Hunderte von abgelehnten Bewerbungen. Und welchen Grund gab es? Ich sehe keinen, aber pauschal ist wie in Stein gemeißelt: Es lag am koreanischen Aussehen. Andere Ursachen – ausgeschlossen. Beweise dafür? Braucht man nicht, Deutschland ist per se rassistisch. Schuld ist nur diese Gesellschaft, diese rassistische Gesellschaft, diese von Nazis durchdrängte Gesellschaft.

    Der junge Mann ist schlicht und ergreifend wie die Jugend ist: Primär Narzistisch: die Welt dreht sich nur um ihn, und um seine eine Eigenschaft. Alles, auch alle Ursachen, sind nur Ich-bezogen.

    Kann es denn keine anderen Ursachen für Dinge im leben geben als immer nur das ich-Migranten-Opfer?
    Wie viele Personalchefs schicken Papierunterlagen ungelesen zurück, weil parallel hunderte von elektronischen Bewerbungen eingegangen sind? Oder, wie läuft eine Entscheidung? Ich erhalte 100 Bewerbungen, brauche für jede zum Überfliegen 1 min –macht allein nur fürs Überfliegen mit Pinkel und Kaffee holen und Telefonat – 2Stunden!!. Non-EU-Staatsbürger ohne beigefügte Arbeitserlaubnis – Stapel 2.
    Wer Opfer sein möchte, ist eins.
    Fangt die Welt mal an mit anderen, nicht mit nur rassischen Augen zu sehen!

    Mein Herr, Sie unterteilen die Welt in Blond und nicht blond, nicht die anderen.
    Als wenn der blonde blauäuige nicht hunderte Bewerbungen schreibt. Als wenn der Blonde nicht einen anstrengenden Weg gehen muss. Als wenn die meisten der Menschen Führungskräfte und Mercedesfahrer sind. Es sind die wenigsten.

    Und noch was: Führungspositionen. Man muss mehr können als ein gutes Abitur. z.B. Leidensfähigkeit, Durchsetzungsvermögen, die Fähigkeit den Standpunkt des anderen einzunehmen. Jemand, der so frustriert wie unser junger Mann schreibt und pauschal verurteilt – der hat kein Zeugs zur Führungskraft. Egal wie blond.

  8. MoBo sagt:

    Lutheros: Ihnen nach liegt also die mangelnde Representanz von Deutschen mit Migrationshintergrund in der Elite einzig daran dass sie faul/ jammernd/ schlechter sind und nicht an Vorurteilen von Personalmanagern, alten Elite-Netzwerken und sozialer Immobilität in Deutschland?

    Dann scheint in unserem Land ja alles spitze zu laufen…

  9. Lutheros sagt:

    Herr Hyun hat eine einzige Sachinformation geliefert: Er schrieb erfolglos Massen an Bewerbungen. Das ist alles. Der Rest ist pauschale Anklage.

    Selbst er wirft die Frage in den Raum – woran liegt das nur? Und dann hat er keine Antwort. Welche Antwort liefert er? Er liefert reine Spekulation. Achja, ich bin ja Migrant, logisch. Das ist alles. Weder nennt er dafür Anhaltspunkte noch setzt er sich mit anderen Gründen auseinander. Bewerbungen in der Zeiten der Wirtschaftskrise? Bewerbungen als 20jähriger um Führungspositionen? Wir wissen nichts darüber. Aber auf jeden Fall ist es Migrantsein was zu diesem Ergebnis führt. Was ist das für eine Auseinandersetzung mit einem Problem`?
    Und sein Freund teilt diese Opferhaltung. „Man strampelt und strampelt, und wird doch immer wieder zurückgeworfen.“ Das ist Diskriminierung?

    So ein ernstes Thema wie Diskriminierung darf man nicht mit leichtfertiger persönlicher Wut missbrauchen.
    An jeder Ecke wird heute eine Diskriminierung von Migranten in den Raum gestellt, es hat nahezu einen Charakter von schick.

    Gibt es hier irgendeine sachliche Ausführung, dass Migranten in Führungebenen diskriminiert werden? Auch Sie MoBo behaupten es so. Mit welcher Argumentation? Mit dem Argument: Schaut mal, ich sehe keinen Migranten in Führungsebenen.
    Anders formuliert: Es wird einfach behauptet.
    Noch nicht einmal Zahlen sind da: Die sachliche Basis beginnt damit, dass man nicht die Quote der Migranten die Abitur im Jahre 2011 machen nicht mit einer Migrantenquote von Führungskräften im Jahre 2011 gleichsetzen kann. Wer ist Führungskraft – 19 jährige? Sachlich wäre, überhaupt erstmal den Anteil der studierten Migranten über 40 oder 45 zu beziffern.
    Und hat man dann Zahlen, kann man überhaupt erstmal eine Analyse starten. Was macht eine Führungskraft zur Führungskraft.

    • Leo Brux sagt:

      Martin Hyun hat einen eindrucksvollen Text gelesen – einen, der zumindest diejenigen aufmerksam machen sollte auf das, was nicht so gut läuft, die das bisher noch nicht ernst nehmen wollten und immer meinten, es seien „bloß“ die Türken oder die Muslime.

      Ich möchte aber doch auch etwas einwenden:

      Es sind nicht unbedingt diejenigen, die in der Schule und der Ausbildung die besten waren, die dann die besten in der Dschungelwelt der Wirtschaft und der Politik werden.

      Da sind zusätzlich auch noch andere Qualitäten gefragt – und die haben sich in der Schul- und Ausbildungszeit manchmal dadurch gezeigt, dass man NICHT sein Bestes gibt, sondern sparsam dosiert und nur das Nötige tut. Seine wirkliche Leistungsfähigkeit spart man sich für die Gelegenheiten auf, bei denen sie Geld und Macht bringt. Wozu einen Einser anstreben, wenn ein Zweier auch reicht?

      Manche, die unbedingt den Einser haben wollen, unterwerfen sich zu sehr den vorgegebenen Anforderungen. Im Wirtschafts- und Politikleben muss man aber – oben – zu denen gehören, die selber Anforderungen formulieren und andere dazu zwingen, sich ihnen zu fügen.

      Auch das muss man als Kind und Jugendlicher gelernt haben. Man lernt es unter anderem dadurch, dass man sich als Kind und Jugendlicher ebenso frech wie geschickt gegen seine Eltern und Lehrer und sonstigen Autoritäten durchsetzt – in den Fällen, in denen es geht und in denen es sich lohnt – und nach Möglichkeit, ohne gleich den Bruch zu provozieren.

      Es könnte also sein, dass es nicht Diskriminierung ist, sondern dieser Mangel in der Sozialisation, der vielen Topschülern und Topstudenten die spätere Karriere bremst – auch überangepassten Vietnamesen und Koreanern.

      Drum stimmt die Grunderkenntnis schon: Man muss ordentlich auf den Putz hauen können bei uns. (Aber vorsicht, im richtigen Moment, bei der richtigen Sache, mit der richtigen Adresse, im richtigen Ton … bloß einfach auf den Putz hauen bringt weniger als nichts. Strategisches und taktisches Geschick bleiben unerlässlich. Die aber lernt man besser, wenn man sich in jungen Jahren nicht zu sehr anpassen musste.)

  10. DBB sagt:

    „Dann scheint in unserem Land ja alles spitze zu laufen…“

    Tut es auch. Philipp Rösler ist Wirtschaftsminister, FDP-Vorsitzender und Vozekanzler und Frau Özkan Ministerin in Niedersachsen.

    Und Herr Hyun war während seiner aktiven Zeit als DEL-Spieler ja auch schon mal Elite. ;-)