Neues Konzept
Zielgruppenspezifische Integrationskurse
Zuwanderer sollen mit den Integrationskursen des Bundes küntig ein noch besser auf ihre Bedürfnisse zugeschnittenes Angebot erhalten. Dazu sind vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) überarbeitete Konzepte für zielgruppenspezifische Integrationskurse in Kraft getreten. Sie richten sich an Frauen und Eltern, Jugendliche, Analphabetinnen und Analphabeten sowie an lerngewohnte Teilnehmerinnen und Teilnehmer.
Dienstag, 22.12.2009, 8:21 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 21.02.2023, 8:45 Uhr Lesedauer: 6 Minuten |
Die Konzepte der Spezialkurse wurden sowohl im Umfang als auch inhaltlich auf die Anforderungen der einzelnen Zielgruppen ausgerichtet. So werden Jugendliche mit ersten fachlichen Begriffen aus wichtigen Schulfächern und mit regelmäßigen Leistungskontrollen, wie sie in Schule und Ausbildung üblich sind, vertraut gemacht.
Eltern werden unter anderem an Elterngremien in Kinderbildungseinrichtungen herangeführt. Frauen wird Alltagswissen zu frauenspezifischen Themen vermittelt. Analphabeten werden in die Lage versetzt, die schriftsprachlichen Mindestanforderungen des Alltags zu bewältigen. Zuwanderer mit hohen Bildungsabschlüssen können die Integrationskurse in kürzerer Zeit absolvieren.
Detaillierte Informationen zu Zielgruppen, Schwerpunkten, Umfang und weiteren Besonderheiten der speziellen Integrationskurse – Eltern-, Frauen-, Jugendintegrationskurse, Alphabetisierungs- und Intensivkurse – gibt es auf den Folgeseiten…
Elternkurse
Zielgruppe: Mütter und Väter, die ein besonderes Interesse an Erziehung, Bildung, Ausbildung und Berufswahl ihrer Kinder haben.
Schwerpunkte: Alltagsorientierung, Vermittlung von Alltagswissen, Erziehung, Bildung, Ausbildung, Berufswahl, Gesundheit von Kindern und Jugendlichen.
Umfang: Bis zu 900 Stunden Sprachkurs, 45 Stunden Orientierungskurs. Für lernstarke Gruppen kann die Stundenzahl verringert werden. Pro Woche sollen 8 bis 25 Unterrichtseinheiten stattfinden. Teilnehmende, die nach 900 Stunden den Sprachtest nicht bestehen, können bis zu 300 Stunden Sprachkurs wiederholen. Die erneute Teilnahme am Abschlusstest ist kostenfrei.
Weitere Besonderheiten: Der Spracherwerb soll durch Projektunterricht in- und außerhalb der Kursräume (z.B. Exkursionen) unterstützt werden.
Eine Kinderbetreuung kann eingerichtet werden, wenn Bedarf für mindestens drei Kinder unter 14 Jahren besteht.
Die Eltern sollen die Möglichkeit haben, im Kindergarten oder im Schulunterricht ihrer Kinder zu hospitieren. Sie sollen so früh wie möglich in Kontakt mit den Lehrkräften bzw. Erzieher/innen treten, Elterngremien kennen lernen und dort mitarbeiten. Die Kurse sollen deshalb in der Nähe oder idealerweise in den Bildungseinrichtungen der Kinder stattfinden.
Frauenkurse
Zielgruppe: Frauen, die aus familiären oder kulturellen Gründen keinen allgemeinen Integrationskurs besuchen können oder wollen.
Schwerpunkte: Alltagsorientierung, Vermittlung von Alltagswissen, frauenspezifische Themen wie Kindererziehung und –betreuung, Lebensmitteleinkauf und –konsum, Beratungs- und Begegnungsstellen, zum Ende des Kurses auch Fragen der Berufswelt und weiterführende integrationsfördernde Angebote und Maßnahmen.
Umfang: Bis zu 900 Stunden Sprachkurs, 45 Stunden Orientierungskurs. Für lernstarke Gruppen kann die Stundenzahl verringert werden. Pro Woche sollen 8 bis 25 Unterrichtseinheiten stattfinden.
Teilnehmerinnen, die nach 900 Stunden den Sprachtest nicht bestehen, können bis zu 300 Stunden Sprachkurs wiederholen. Die erneute Teilnahme am Abschlusstest ist kostenfrei.
Weitere Besonderheiten: Die Lehrkraft soll weiblich sein.
Der Spracherwerb soll durch Projektunterricht in- und außerhalb der Kursräume (z.B. Exkursionen) unterstützt werden.
Eine Kinderbetreuung kann eingerichtet werden, wenn Bedarf für mindestens drei Kinder unter 14 Jahren besteht.
Die Kurse sollen möglichst wohnortnah in einem vertrauten Umfeld oder in der Nähe bzw. in einer von den Kindern besuchten Einrichtung stattfinden.
Jugendkurse
Zielgruppe: Junge Zugewanderte ohne ausreichende deutsche Sprachkenntnisse, die das 27. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht mehr schulpflichtig sind und die Aufnahme einer schulischen oder beruflichen Ausbildung anstreben.
Bei Personen bis 23 Jahre soll die Teilnahme am Jugendintegrationskurs der Regelfall sein. Bei älteren Teilnehmenden bis 26 Jahre soll im Einzelfall entscheiden werden, da diese oft schon in Familienverantwortung stehen und eine zügige Erwerbstätigkeit anstreben.
Schwerpunkte: Erste fachliche Begriffe aus den Schulfächern Mathematik, Naturwissenschaften, Gesellschaftskunde, Wirtschaft, Geografie, Fremdsprachen. Das Niveau entspricht dabei maximal den Anforderungen der 9. Klasse Hauptschule.
Weitere Themen: Gesundheitsversorgung, Familienplanung, Alkohol- und Drogenprävention, Gewaltprävention, aktive Freizeitgestaltung, gesellschaftliches Zusammenleben der Generationen in Deutschland, migrationsspezifische Problemstellungen, ehrenamtliches Engagement.
Beim abschließenden Sprachtest wird ein spezieller Prüfungssatz für Jugendliche verwendet.
Umfang: 900 Stunden Sprachkurs, 45 Stunden Orientierungskurs. Die maximale Teilnehmerzahl pro Kurs liegt bei 15 Personen. Teilnehmende, die nach 900 Stunden den Sprachtest nicht bestehen, können bis zu 300 Stunden Sprachkurs wiederholen. Die erneute Teilnahme am Abschlusstest ist kostenfrei.
Weitere Besonderheiten:
Sprachstandstests: Neben den obligatorischen Zwischentests am Ende des Basis- und der Aufbaukurse werden regelmäßig kursbezogene, informelle Sprachstandstests durchgeführt, um die Jugendlichen an regelmäßige Leistungskontrollen wie in der Schule und der Ausbildung zu gewöhnen.Individuelle Lernvereinbarungen: Lehrkraft und Teilnehmer/in halten eine Vereinbarung zur Anleitung und Unterstützung des selbstständigen Lernens schriftlich fest. Sie überprüfen sie im Verlauf des Kurses regelmäßig und modifizieren sie bei Bedarf. Die Mitarbeiter/innen der Jugendmigrationsdienste sind in die Entwicklung der Lernvereinbarungen einzubeziehen.
Möglichkeit des Spracherwerbs über das Niveau B1 hinaus: Wenn der Zwischentest nach 600 Stunden zeigt, dass die Kursteilnehmer/innen mehrheitlich bereits das Sprachniveau B1 erreicht haben, werden die verbleibenden 300 Stunden zur Festigung, Erweiterung und Vertiefung der Kenntnisse bis hin zum Sprachniveau B2 genutzt.
Praktikum/praxisnahe Hospitation: Im 8. Kursabschnitt (nach 700 Stunden) sollen die Teilnehmenden ihre bereits erworbene Sprachkompetenz in authentischen Situationen anwenden und Einblicke in die Aufgaben von Schüler/innen, Studierenden oder Auszubildenden erhalten. Bei der Auswahl, Suche, Vor- und Nachbereitung der Praktika/Hospitationen sind die Jugendmigrationsdienste einzubeziehen.
Alphabetisierungskurse
Zielgruppe: Primäre Analphabet/inn/en (Personen, die im Herkunftsland keine Schule besucht haben, nicht schreiben können und oftmals auch unzureichende Sprachkompetenzen haben), funktionale Analphabet/inn/en (Personen, die zwar die Schule besucht, aber keine ausreichenden schriftsprachlichen Kompetenzen in der Muttersprache haben), Zweitschriftlerner/innen (Personen, die in einem nicht-lateinischen Schriftsystem alphabetisiert worden sind).
Schwerpunkte: Die Teilnehmenden sollen in die Lage versetzt werden, durch ihre Lese- und Schreibkompetenzen die schriftsprachlichen Mindestanforderungen ihres (Berufs-)Alltags zu bewältigen („funktionale Alphabetisierung“), gleichzeitig sollen ihnen Deutschkenntnisse vermittelt werden. Unterrichtssprache ist Deutsch.
Umfang: 900 Stunden Sprachkurs, 45 Stunden Orientierungskurs. Pro Woche sollen 12 bis 16 Unterrichtseinheiten stattfinden. Die Teilnehmerzahl pro Kurs soll im Optimalfall bei 8, maximal bei 12 Personen liegen. Teilnehmende, die nach 900 Stunden den Sprachtest nicht bestehen, können bis zu 300 Stunden Sprachkurs wiederholen. Die erneute Teilnahme am Abschlusstest ist kostenfrei.
Weitere Besonderheiten: Grundsätzlich wird als Kursziel das Sprachniveau B1 angestrebt. Für die Mehrzahl der Teilnehmenden wird jedoch das Niveau A 2.2 als realistisch angesehen, für einen kleineren Teil (vorwiegend der primären Analphabet/inn/en) das Niveau A 2.1. Der Orientierungskurs ist grundsätzlich auf das Sprachniveau A 2.2 ausgerichtet. Da davon auszugehen ist, dass nicht alle Teilnehmenden dieses Niveau nach 900 Stunden Sprachkurs erreicht haben, soll der Orientierungskurs bezüglich der Ziele, Inhalte, des Wortschatzes und der Präsentationsart so vereinfacht werden, dass auch Teilnehmende mit einem Sprachniveau A 2.1 dem Unterricht folgen können.
Eine Kinderbetreuung muss gewährleistet werden, wenn Bedarf für mindestens drei Kinder unter 14 Jahren besteht.
Die Kurse sollen nach Möglichkeit in fußläufiger Entfernung für die Teilnehmenden stattfinden und in der Nähe der Bildungseinrichtungen ihrer Kinder liegen.
GesellschaftSchnelllernerkurse
Zielgruppe: Lerngewohnte Teilnehmer/innen, die bereits in ihrem Heimatland hohe Bildungsabschlüsse und Fremdsprachenkenntnisse erworben haben und das Kursziel in absehbar weniger als den im allgemeinen Integrationskurs vorgesehenen 645 Stunden erreichen.
Schwerpunkte: Die Inhalte sind identisch zu denen der allgemeinen Integrationskurse, werden jedoch in kürzerer Zeit vermittelt. Schwerpunkte können teilnehmerbezogen auf folgende Themen gelegt werden: Arbeit/Beruf, Aus- und Weiterbildung, Medien/Mediennutzung, moderne Informationstechnologie, Gesellschaft, Staat, internationale Organisationen.
Umfang: 400 Stunden Sprachkurs, 30 Stunden Orientierungskurs. Die maximale Teilnehmer/innen/zahl pro Kurs beträgt 15 Personen. Teilnehmende, die nach 400 Stunden die abschließende Sprachprüfung nicht bestehen, können weitere 200 Stunden Sprachunterricht erhalten. Die Teilnahme an einer erneuten Abschlussprüfung ist kostenpflichtig. Sollten sie auch die zweite Prüfung nicht bestehen, können sie auf Antrag bis zu 300 Stunden wiederholen.
Weitere Besonderheiten: Die Unterrichtszeit wird im Wesentlichen für kommunikative Übungen genutzt. Schriftliche Übungen werden verkürzt bzw. in die Eigenverantwortung der Teilnehmenden gestellt.
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Es ist natürlich eine feine Sache, irgendwo gut dotiert an einem Schreibtisch zu sitzen und Bildung zu planen, Qualitätskriterien zu fomulieren, feiner und feiner zu gliedern – wie weit werden sich die Experten von der Erde entfernen, bis die Distanz auffällt, die Schwerkraft einsetzt?
Konkret: nicht nur wir hier im Landkreis BGL (Berchtesgadender Land) haben das Problem, dass kaum regelmäßige Tageskurse mit nicht kostendeckenden 8-10 Tn zusammenbekommen – geschweige irgendeinen der aufgeführten differenzierten Kurse. Das dürfte ähnlich auch in anderen Gegenden Deutschlands so gegeben sein. Wie ich aus Großstädten höre, tritt auch dort aus Gründen des Trägerwettwerbs eine ähnliche Situation auf.
Wir bräuchten vielleicht etwas weniger neue und zielgruppen-differenziertere Kurskonzepte, sondern einen organisatorischen Rahmen für ein individuell-spezifisch und praktisch orientiertes Förderkonzept. Das sollte zum einen helfen, in EINEM tatsächlich vor Ort zu realisierenden Kurs die bereitgestellten Ressourcen (900, 600 Förderungsstunden) optimal zu realisieren. Es sollte darin auch berücksichtigt sein, dass Unterricht mehr sein kann als dass ein Dozent mit einer Gruppe von Teilnehmern ein Unterrichtswerk durchgeht – und darüber ein Schild „binnendifferenzierter Unterricht“ hängt. Sicher haben Medien dabei eine größere Rolle zu spielen. Sicher auch das Honorar.
Ein solches realistisches Angebot sollte auch aufgreifen, dass der größere Teil der Ausländer in einer der als „prekär“ zusammenzufassenden Beschäftigungen steht und so für viele (Schichtarbeiter, saisonorientiert Beschäftigte) keine regelmäßige Teilnahme weder an einer Vollzeitmaßnahme noch an einer der üblichen konventionellen starren Teilzeit-Angebotsformate (di,mi,do 18-21 Uhr) möglich ist. Es muss auch berücksichtigt werden, dass die BAMF-Fixierung auf starre, niveaubezogene Kursabschnitte dazu führt, dass Teilnehmerquoten so absinken, dass kein Angebot zustande kommt.
Wir schlagen uns momentan damit herum, mit den jetzt auf 500 € erhöhten Bildungsprämiengutscheinen ein Angebot für das Deutsch-lernen von Erwerbstätigen zu realisieren, das mehr auf die Erfüllung des Erfolgskriteriums „in möglichst kurzer Zeit den Abschluss Test für Zuwanderer zu schaffen“ abhebt und sich nicht schon im Vorfeld bei der Erfüllung bürokratischer Vorgaben erledigt. Natürlich ist dabei auch ein Evaluationsverfahren gefragt, das entsprechend differenzierte und sensiblere Aussagen ermöglicht, als die gegenwärtige ausschließliche Orientierung an der Abschlussquote .
Bei dieser praktischen Vorgehensweise hätten wir uns etwas Unterstützung der Integrationsprofis (BAMF, Sozialministerium) erhofft, haben aber nicht mal vielseitige Anfragen beantwortet bekommen. Wir wünschen also im Sinne des ersten Abschnittes eine glückliche Mondreise und nicht zu heftiges Aufschlagen.