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Kerim Pamuk

„Man kann unseren Leuten leider nicht vorwerfen, dass sie selbst initiativ sind.“

Kerim Pamuk, der türkische Kabarettist und Buchautor aus Hamburg, spricht mit MiGAZIN über Chancengleichheit, Integration und die Rolle der Hodschas. Mit neun Jahren nach Deutschland gekommen, beleuchtet er kritisch Versäumnisse auf beiden Seiten und fordert mehr Eigeninitiative. Über seine Leidenschaft – das Schreiben - sagt er: „Man muss es tun.“

Von Burak Altas Dienstag, 08.12.2009, 8:28 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 05.09.2010, 1:48 Uhr Lesedauer: 17 Minuten  |  

MiGAZIN: Herr Pamuk, Sie sind mit neun Jahren aus der Türkei nach Deutschland eingewandert. Welches Land und welche Kultur, würden Sie sagen, hat Sie eher geprägt?

Kerim Pamuk: Inzwischen mehr die deutsche Kultur. Aber da ich erst mit neun Jahren hierher kam, war die erste Prägung doch türkisch, was auch immer werteprägend bleiben wird. Natürlich lebe ich seit 30 Jahren hier aber ich denke, dass ich Beides in mir trage und immer tragen werde, weil eben die ersten neun Jahre doch prägend für mich waren.

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Kerim Pamuk (* 1970 in der Türkei) ist ein deutscher Schriftsteller und Kabarettist türkischer Herkunft. Geboren wurde Pamuk in einem Dorf an der türkischen Schwarzmeerküste. Als seine Eltern nach Deutschland einwanderten, blieben er und seine Schwester zunächst beim Großvater. Als Neunjähriger wurde er dann nachgeholt, schaffte es, innerhalb zwei Jahren Deutsch zu lernen, absolvierte Realschule, Aufbaugymnasium und Abitur. Beim Orientalistik-Studium lernte er seine spätere Ehefrau, eine Islamwissenschaftlerin, kennen. Gemeinsam leben beide mit zwei Kindern in Hamburg. Quelle: Wikipedia.

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MiGAZIN: Da wären wir auch schon bei der nächsten Frage: Wie würden Sie sich denn definieren? Lieber als Deutscher, als Türke oder doch eher Deutsch-Türke, wie es so heißt?

Pamuk: Ich sage immer: „Ich bin Hamburger Türke.“ Weil ich nun Mal seit 30 Jahren in Hamburg lebe und weil ich nun Mal Türke bin. Es ist unsere Lebenssituation. Wir kennen und leben Beides, was für viele Deutsche immer noch schwer zu verstehen ist – dass es Menschen gibt, die Beides in sich tragen und sich nicht entscheiden wollen. Ich sage einfach immer, dass ich Hamburger Türke bin, denn darin ist alles enthalten, was meine Identität ausmacht: das Türkische wie auch das Hamburgerische.

MiGAZIN: Aber viele sogar hierzulande geborene Jugendliche können sich immer noch nicht mit Deutschland identifizieren. Woran kann das denn liegen?

Pamuk: Es hat sehr viele Ursachen, wie so oft bei schwierigen Fragen und komplizierten Themen. Sicherlich ist es eine der Ursachen, dass sie sich hier nicht gut aufgehoben und anerkannt fühlen. Weil man aber beide Seiten betrachten sollte, muss man sich zum einen die türkische Seite anschauen, was unsere Leute machen, was die türkischen Eltern leisten, um ihren Kindern hier gute Voraussetzungen zu geben, damit sie hier zurechtkommen, und zum anderen wie die deutsche Gesellschaft auf diese Leute reagiert. Meiner Meinung nach gibt es auf beiden Seiten immer noch große Missstände.

Bei unseren Türken ist es oft so, dass immer noch die Einstellung vorherrscht, sie müssen lediglich die Kinder zeugen und in das Schulalter bringen. Den Rest macht die Schule oder der Staat. Die Eigeninitiative oder der Gedanke, dass sie selber mitverantwortlich sind, ist bei unseren Leuten leider nicht sehr ausgeprägt. Weiterhin spielt die Lebensart der ersten Generation eine Rolle, die für Jugendliche auch sehr prägend ist: alle haben Satellitenschüsseln, alle gucken türkisches Fernsehen, fast alle lesen türkische Zeitungen, und das, was sie den Kindern vorleben, hat mit Deutschland nichts zu tun. Für die Kinder heißt dies wiederum – auch wenn sie hier in der dritten oder vierten Generation geboren sind – dass sie in zwei Parallelwelten leben. Zum einen die der Türkei zugewandte Welt zum anderen die Deutsche in der Schule. Das ist sicherlich ein weiterer Hemmschuh.

Dazu muss man aber auch ganz klar sagen, dass die Chancengleichheit durch die deutsche Gesellschaft auch nicht gegeben ist. Es gibt nach wie vor Benachteiligungen. Ich denke, dass es Schwarzköpfe schwerer haben als andere. Was wissenschaftliche Untersuchungen belegt haben, ist z.B., dass natürlich die soziale Herkunft und vor allem der materielle Hintergrund insbesondere bei der Schulbildung eine entscheidende Rolle spielen.

So würde ich vereinfacht sagen, dass viele Gründe existieren und man beide Seiten betrachten muss, da es auf Beiden große Versäumnisse gibt – sowohl auf türkischer, als auch auf deutscher Seite. Und das sind, denke ich, die Gründe, warum sie sich nicht sagen „Ich bin Deutscher“ oder „Ich fühle mich hier wohl“. Gesellschaft Interview

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  2. Kuddel sagt:

    Wenn alle Türken so wären wie dieser Mann, gäbe es die ganze Dialog-Integrationsfarce nicht, sie wäre einfach überflüssig. Schade, dass viele Eltern ihren Kindern nichtmal den Spracherwerb ermöglichen. Traurig für die Kinder.