Gutachten

Erhöhte Ausländerkriminalität ist falsch

Jugendliche mit ausländischen Wurzeln sind entgegen der weit verbreiteten Annahme nicht häufger kriminell als ihre Altersgenossen ohne Migrationshintergrund. Das geht aus einem Gutachten hervor, die Erkenntnisse aus Studien zusammengefasst hat.

Dienstag, 05.08.2014, 8:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 11.08.2014, 21:23 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Die angeblich höhere Kriminalität von jungen Ausländern in Deutschland ist einem Gutachten der Universität Münster zufolge falsch. Bei jugendlichen Straftätern hänge die höhere Gewaltbereitschaft weniger mit Herkunft oder Religion zusammen, sondern vielmehr mit der Frage, wie sozial ausgegrenzt jemand sei, erklärte Christian Walburg vom Institut für Kriminalwissenschaften vergangene Woche Mittwoch in Berlin. Für seine Untersuchung hatte der Wissenschaftler mehrere aktuelle Studien zusammengefasst.

Jugendliche aus Migrantenfamilien würden laut Gutachten deutlich häufiger in Intensivtäterprogrammen erfasst und inhaftiert als Jugendliche ohne Migrationshintergrund. Dies betreffe insbesondere Flüchtlinge und Aussiedler. Zudem würden sie in Konfliktsituationen häufiger angezeigt als Jugendliche mit deutschen Wurzeln. Inwieweit die Migranten auch bei Gericht und Staatsanwaltschaften benachteiligt würden, wurde nur vereinzelt untersucht. Es sei jedoch auffällig, dass bei Jugendlichen mit ausländischen Wurzeln vermehrt Untersuchungshaft angeordnet wurde.

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Kriminalität bei ausländischen Jugendlichen geht zurück

Gleichzeitig gehe die Zahl der Jugendkriminalität seit 2005 auch für ausländische Jugendliche deutlich zurück. Insgesamt sei sie um nahezu ein Fünftel gesunken, bei Gewaltdelikten sogar um mehr als ein Drittel. Die Anzahl der Gewaltdelikte von Jugendlichen aus der zweiten oder dritten Einwanderergeneration werde einigen Studien zufolge geringer oder verschwinde ganz.

Auch eine im Mai veröffentlichte Studie der Universitäten Münster und Bielefeld hatten bei Gewaltdelikten kaum Unterschiede zwischen Jugendlichen mit und ohne Migrationshintergrund feststellen können. Danach liegen vor allem die Täterraten der türkischstämmigen Jugendlichen auf insgesamt ähnlichem Niveau wie bei einheimischen.

Religiosität schützt vor Straftaten

Geschaut haben die Forscher auch auf mögliche Zusammenhänge zwischen der Religionszugehörigkeit der Jugendlichen und der Kriminalitätsrate. Dabei kam heraus, dass sich die Bekenntnis zu traditionellen Werten und Religiosität bei Jugendlichen mit türkischen Wurzeln positiv auswirkt, weil sie weniger Alkohol und Drogen konsumieren.

Die Arbeiterwohlfahrt AWO beklagte angesichts dieser Ergebnisse die pauschale Abwertung ausländischer Jugendlicher. „Wenn Mesut, Sami und Miroslav die Fußballweltmeisterschaft gewinnen, dann sind es unsere Jungs“, sagte AWO-Vorstandsmitglied Brigitte Döcker. „Wenn Osman, Dragan und Abdul in eine Schlägerei geraten, dann bekommt das Schreckgespenst von der Ausländerkriminalität neue Nahrung.“

Dabei gebe es keinen Zusammenhang zwischen Zuwanderung und Kriminalität. Es sei erstaunlich, dass diese wissenschaftlichen Befunde nicht ins öffentliche Bewusstsein gelangten, sondern stattdessen immer noch der Mythos der Ausländerkriminalität aufrechterhalten werde, sagte Döcker. (epd/mig) Gesellschaft Leitartikel

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