Starmer bei Meloni
Italiens Albanien-Modell statt Ruanda?
Den Plan zur Abschiebung von Asylbewerbern nach Ruanda hat der neue britische Premier gestoppt. Aber er steht unter Druck, die Überfahrten über die tödliche Route über den Ärmelkanal zu stoppen. Vorbild könnte Italiens Albanien-Modell sein. Aber auch dort hakt es.
Dienstag, 17.09.2024, 10:45 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 17.09.2024, 11:03 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Italien und Großbritannien wollen sich im Kampf gegen unerwünschte Einwanderung enger abstimmen. Die rechte Ministerpräsidentin Giorgia Meloni empfing dazu den neuen sozialdemokratischen Premierminister Keir Starmer erstmals in Rom. Dabei ging es auch um ein Migrationsabkommen zwischen Italien und Albanien, das die Auslagerung von Asylverfahren in das Balkanland außerhalb der EU vorsieht.
Starmer hatte das Vorhaben vor seinem Besuch „sehr interessant“ genannt. Nun betonte er, der Fokus müsse auf Strafen für Menschenschmuggler sowie Vorbeugung liegen. Italiens Rechts-Regierung ist mit der Umsetzung ihrer Albanien-Pläne erheblich in Verzug. Auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser hatte das Vorhaben Italiens in Albanien als „interessantes Modell“ bezeichnet.
Neue Einrichtung soll Menschenschmuggler stoppen
Starmer hatte bei seinem Antrittsbesuch den Chef der neuen zentralen Grenzschutzeinheit dabei, Martin Hewitt. Das „Border Security Command“ soll Geheimdienste, Grenzschutz und Polizei koordinieren sowie mit europäischen Behörden zusammenarbeiten, um die irreguläre Einreise in kleinen Booten aus Frankreich über den Ärmelkanal zu stoppen. Immer wieder kommt es dabei zu tödlichen Zwischenfällen.
Bei dem Versuch, den Ärmelkanal von Frankreich nach Großbritannien zu überqueren, waren am Wochenende erneut mehrere Menschen ums Leben gekommen. Wie französische Medien unter Berufung auf Polizeikreise berichteten, sollen dabei acht Flüchtlinge ertrunken sein. Mehrere Personen seien verletzt worden, darunter eine schwer. Das Boot sei nahe an der Küste gekentert. Erst Anfang September kamen zwölf Menschen im Ärmelkanal ums Leben. Insgesamt starben auf der Route in diesem Jahr laut der britischen Nachrichtenagentur knapp 40 Menschen. Der Ärmelkanal ist in den vergangenen Jahren zu einer viel genutzten Migrationsroute geworden.
Starmer zum Albanien-Modell: „Sehr, sehr anders“
Italien wiederum ist jedes Jahr erstes Ziel von Zehntausenden Flüchtlingen, die übers Mittelmeer nach Europa kommen. Auch dabei kommt es immer wieder zu tödlichen Katastrophen.
Starmer hatte nach seinem Wahlsieg das umstrittene Vorhaben der konservativen Vorgängerregierung gestoppt, irreguläre Migranten ohne Rücksicht auf ihre Herkunft nach Ruanda abzuschieben. Seitdem drängen Unionspolitiker, die in Ruanda freigewordenen Kapazitäten für Abschiebungen aus Deutschland zu nutzen.
Die britische Innenministerin Yvette Cooper indes verwies nun auf die italienische Vereinbarung mit Albanien, die „sehr, sehr anders“ sei. Geplant sind Aufnahmezentren für Menschen, in denen Asylanträge geprüft werden. Bei Erfolg können die Migranten nach Italien einreisen, ansonsten müssen sie in ihre Heimat zurück. Beim Ruanda-Plan konnten Migranten Asyl in dem ostafrikanischen Land beantragen, aber sollte keine Erlaubnis erhalten, nach Großbritannien zu kommen.
Italien bei Umsetzung eigener Pläne im Verzug
Allerdings liegen die italienischen Behörden bei der Umsetzung des Vorhabens inzwischen deutlich hinter den eigenen Zeitplänen. Einen konkreten Termin, wann die geplanten Aufnahmezentren in Albanien in Betrieb gehen, gibt es immer noch nicht. Ursprünglich hätte dies schon im Mai geschehen sollen.
Meloni sagte nun: „Ich hätte es vorgezogen, wenn es früher begonnen hätte. Aber die Augen der Welt sind auf diese Initiative gerichtet. Wenn es ein paar Tage länger dauert, macht mir das nichts aus.“ Der Kampf gegen irreguläre Migration übers Mittelmeer gehörte zu den wichtigsten Versprechen, mit denen die Vorsitzende der Rechtspartei Fratelli d’Italia (Brüder Italiens) im Herbst 2022 die Wahlen gewann. Mit „irreguläre“ Migration sind zumeist Einreisen von Asylsuchenden gemeint, die mangels legaler Fluchtwege Grenzen ohne gültige Dokumente passieren. (dpa/mig) Aktuell Ausland
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