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Haus in Solingen nach dem tödlichen Brand(anschlag?) © Birgül Demirtaş

Brand in Solingen

Betroffene befürchten Vernichtung von Spuren

Die Ermittlungen nach dem tödlichen Brand in Solingen laufen weiter. Sachverständige gehen weiter von einem Brandanschlag aus. Überlebende halten derweil Wache vor dem Haus. Sie befürchten Abriss des Hauses und Vernichtung von Spuren und Beweisen bei Aufräumarbeiten.

Montag, 08.04.2024, 17:15 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 08.04.2024, 17:18 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Zwei Wochen nach dem verheerenden Brand mit vier Toten in einem Solinger Wohnhaus dauern die Ermittlungen an. „Es sind derzeit keine neuen Anhaltspunkte zu vermelden, weder zu einem möglichen Tatverdacht noch zu einem Motiv“, teilte ein Sprecher der Wuppertaler Staatsanwaltschaft am Montag auf Anfrage mit. Einzelheiten zu den Ermittlungen im laufenden Verfahren könnten nicht genannt werden.

Wie die Solinger Sozial- und Kulturwissenschaftlerin Birgül Demirtaş dem MiGAZIN mitteilte, sind Überlebende des Brandanschlags derzeit in Alarmbereitschaft. „Seit letzter Woche ist vor dem Haus ein Gerüst aufgestellt. Arbeiter gehen ihrer Arbeit nach. Wir sind entsetzt, vor allem die Überlebenden, weil das Eigentum nicht geschützt ist und auch Spuren von Beweisen vernichtet werden“, schreibt die Anti-Rassismus-Expertin auf Facebook. Die Menschen hätten „Angst, dass das Haus abgerissen wird“. Deshalb würden Menschen Wache halten.

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Externes Gutachten, mangelnde Kommunikation

Überlebende haben den Angaben zufolge Anzeige erstattet und einen externen Sachverständigen beauftragt, das abgebrannte Haus nach Einsturzgefährdung zu begutachten. „Wenn das Haus nicht einsturzgefährdet ist und keine Gefahr darstellt, warum wurde dann mit den Aufräumarbeiten begonnen?“, will Demirtaş wissen. Sie beklagt mangelnde Kommunikation von Seiten der Stadt und der Staatsanwaltschaft mit Betroffenen und Überlebenden. „Mir kommen ungute Gedanken in den Kopf“, so die Solingerin weiter.

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Nach ersten offiziellen Informationen gehen Sachverständige von vorsätzlicher Brandstiftung aus: Im Treppenhaus waren Spuren eines Brandbeschleunigers entdeckt worden. Das hölzerne Treppenhaus eines Altbaus hatte vor zwei Wochen binnen Minuten in Flammen gestanden. Eine türkeistämmige aus Bulgarien stammende Familie, die im Dachgeschoss wohnte, hatte sich nicht mehr retten können. Die 28 und 29 Jahre alten Eltern und zwei Mädchen im Alter von drei Jahren sowie wenigen Monaten kamen ums Leben.

Solingen, ein Wiederholungsfall?

Mehrere Hundert Menschen hatten bei einem Trauermarsch ihre Anteilnahme bekundet. Die Teilnehmer zogen von der Solinger Innenstadt zu dem ausgebrannten Haus und riefen „Aufklärung“. Ein vorläufig festgenommener Mann war wieder auf freien Fuß gekommen, nachdem sein Alibi überprüft und bestätigt worden war.

Im Mai 1993 waren bei einem nächtlichen Brandanschlag in Solingen fünf türkischstämmige Frauen und Mädchen von Rechtsextremisten ermordet worden. Der Anschlag markierte damals den Tiefpunkt einer Serie rassistischer Anschläge auf Menschen ausländischer Herkunft in Deutschland. Auch gegenwärtig, so Demirtaş, ist „der Schmerz und die Trauer in Solingen groß“. (epd/mig)

Brandanschlag von 1993 in Solingen: Das Verbrechen war einer der folgenschwersten rassistisch motivierten Anschläge der deutschen Nachkriegsgeschichte: Zwei Frauen und drei Mädchen wurden getötet, als vier junge Neonazis in der Nacht zum Pfingstsamstag 1993 das Haus der türkischstämmigen Familie Genç in der Unteren Wernerstraße in Solingen anzündeten. Auch damals wurde Brandbeschleuniger benutzt, und eine Flucht durchs Treppenhaus war durch die sich rasch ausbreitenden Flammen versperrt. Der Anschlag von 1993, der vor dem Hintergrund einer aggressiven Asyldebatte in einem fremdenfeindlichen gesellschaftlichen Klima verübt wurde, rief weltweit Entsetzen hervor. Das Bild vom Haus mit dem ausgebrannten Dachstuhl ging um die Welt. In den Flammen verbrannten und erstickten Hatice Genç (18), Gülüstan Öztürk (12), Hülya Genç (9) und Saime Genç (4). Die 27 Jahre alte Gürsün Ince starb beim Sprung aus dem brennenden Haus. Weitere Familienmitglieder wurden schwer verletzt, drei von ihnen lebensgefährlich. Die vier Brandstifter aus der Neonazi-Szene wurden 1995 zu Haftstrafen verurteilt: Ein 23-jähriger erhielt 15 Jahre Gefängnis, seine drei Komplizen im Alter von 16 bis 20 Jahren die im Jugendstrafrecht vorgesehene Höchststrafe von zehn Jahren. Alle vier kamen bis 2005 wieder auf freien Fuß, drei von ihnen vorzeitig.

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