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Spielhalle (Symbolfoto) © kaisender @ pixabay.com (Lizenz), bearb. MiG

Gegen Spielsucht

Wäre eine einheitliche EU-Glücksspielregulierung sinnvoll?

Der Glücksspielstaatsvertrag hat mit strengen Regeln vor allem Schutz vor Sucht versprochen. Ein Blick ins Netz zeigt aber, dass die Regeln leicht umgangen werden können. Ein Problem – vor allem für Migranten.

Samstag, 28.10.2023, 0:52 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 30.10.2023, 7:56 Uhr Lesedauer: 5 Minuten  |  

Die Novellierung des Glücksspielstaatsvertrags in Deutschland hat nicht nur das Leben für viele Anbieter erleichtert, sondern auch für die Spieler eine gewisse Sicherheit mit sich gebracht. Wer heute im Netz mit echtem Geld spielen will, muss sich gewissen Regeln unterwerfen, die den Spieler vor der Suchtgefahr schützen sollen. Das schützt insbesondere Menschen, die ohnehin wenig oder kaum etwas zu verlieren haben und oft aus einer Notsituation heraus gerne auch mal „alles auf eine Karte“ setzen, in der Hoffnung, das große Geld zu machen. Das Ende ist meist vorprogrammiert: Spielsucht. Und betroffen sind Studien zufolge überdurchschnittlich oft Migranten – die Gründe dafür sind oft vielschichtig.

Im internationalen Vergleich fällt auf, dass die Bestimmungen gerade in Deutschland vergleichsweise streng sind. Wer keine Lust auf strenge Regeln hat, findet im Netz – und das ist das Problem – zahlreiche Alternativen, was dazu führt, dass Spieler am Ende doch bei nicht lizensierten Anbietern ihr Glück suchen. Wäre es da nicht besser, wenn diese Thematik international einheitlich geregelt wird? Und das überhaupt möglich?

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Unterschiedliche Regelungen für Glücksspiel in Europa und der EU

Die Forderung nach einer einheitlichen Regelung für das Glücksspiel innerhalb der EU ist nicht neu. Besonders durch die gestiegene Bedeutung der Spielebranche und Sportwetten wird immer mehr deutlich, wie unrealistisch es ist, dass Spieler und Anbieter stets nach regionalen oder gar lokalen Gesetzgebungen tätig werden. Die Anpassung des Glücksspielstaatsvertrags in Deutschland war zwar eine wünschenswerte Entwicklung, hat aber gleichzeitig auch gezeigt, welche Probleme die unterschiedlichen Gesetze in Europa mit sich bringen.

Ein Beispiel: Offiziell ist es für Spieler in Deutschland nicht erlaubt, bei Anbietern aus anderen Ländern zu spielen. Die Gründe liegen zum einen in den unterschiedlichen Regulierungen – die anders zu jenen in Deutschland sind – als auch in der möglichen steuerlichen Erfassung. So könnte selbst ein Spiel in den Niederlanden für einen deutschen Spieler unter Umständen illegal sein. In einer Zeit, in der die meisten Anbieter international agieren und beispielsweise das Vereinigte Königreich zu der Heimat vieler Wettanbieter gehört, ist das natürlich ein Problem.

Die Unterschiede zwischen den Gesetzen innerhalb Europas

Große Unterschiede zum neuen Glücksspielstaatsvertrag in Deutschland zeigen sich beispielsweise bei den Gesetzen in Italien und Frankreich. In beiden Ländern hat Glücksspiel eine lange Tradition, entsprechend schwer tut man sich damit, hier entsprechende Regulierungen zu finden. Die Lizenzen sind in diesen Ländern für Anbieter relativ einfach zu bekommen und nicht immer stehen Seriosität und Qualität bei der Vergabe im Vordergrund. Zwar gibt es Bestrebungen, die eigenen Gesetze ein wenig mehr in die Richtung der neuen deutschen Gesetze anzupassen, allerdings hat es hier in den letzten Jahren keine großen Veränderungen gegeben.

Malta ist ein Beispiel, das besonders mit Unterschieden hervorsticht. Schon seit vielen Jahren ist die Mittelmeerinsel einer der beliebtesten Standorte für viele Glücksspielanbieter. Nicht nur viele Wett-Dienstleister sind hier zu finden, auch waren die meisten virtuellen Spielebanken in Europa entweder auf Malta oder im Vereinigten Königreich registriert. Selbst viele Anbieter ohne Lizenz in Deutschland, wie auf dieser Seite zu finden, haben ihren Anfang dort auf der Insel genommen. Das liegt mitunter auch an der Ähnlichkeit der Gesetzgebungen in den beiden Ländern, die besonders bei der Lizenzvergabe deutlich freundlicher gestaltet sind, als es in Deutschland der Fall ist.

Österreich, Liechtenstein und die Schweiz arbeiten bereits an neuen Regelungen und werden sich dabei mit Sicherheit ganz genau ansehen, was der neue Glücksspielstaatsvertrag in Deutschland für Auswirkungen mit sich gebracht hat. Alles in allem bleibt aber das Problem, dass die Regularien für Glücksspiel innerhalb der EU und im Rest von Europa ein Flickenteppich sind, der sowohl Spieler als auch Betreiber verunsichert. Eine EU-weite Regulierung wäre also wünschenswert. Allerdings gibt es einige Länder, die ein bewusstes Interesse daran haben, dass es nicht dazu kommt.

Wie realistisch ist eine EU-weite Gesetzgebung für Glücksspiele?

Bereits seit vielen Jahren wird über eine EU-Regulierung debattiert. Lange Zeit hat vor allem das Vereinigte Königreich sich gegen solche Bestrebungen gestellt, da man mit dem eigenen Modell deutlich besser in Hinblick auf Gebühren gefahren ist. Mit dem Brexit gibt es aber nun weniger Länder – abgesehen von Malta – die Angst um ihre heimische Industrie haben, dafür aber umso mehr EU-Mitglieder, die aus unterschiedlichsten Gründen das Glücksspiel komplett verbieten. Da wäre beispielsweise Polen, wo die staatliche Lotterie die einzige Form von erlaubtem Glücksspiel ist. Dort hat man also noch immer weitestgehend das Modell, das auch in Deutschland über viele Jahre aktiv war.

Die Entwicklungen der Branche in den letzten Jahren könnten aber entscheidenden Anschub verleihen. Selbst Länder wie Polen, die sich recht konsequent gegen Glücksspiel-Erlaubnisse wehren, werden erkannt haben, dass das in der heutigen Zeit nicht mehr realistisch ist. Die Spieler sind nicht mehr darauf angewiesen, dass es eine Spielbank in der Nähe gibt. Mit einem Klick finden sie eine Vielzahl von Anbietern im Internet, die ein schnelles Spiel erlauben. Da helfen keine gesetzlichen Verbote.

Es bleibt spannend, ob die Länder sich in Zukunft mit der Realität beschäftigen oder es weiterhin so viele unterschiedliche Gesetze gibt, wie Länder in der EU zu finden sind. Für die Spieler und die Anbieter wäre rechtliche Sicherheit und Einheitlichkeit in jedem Fall ein wichtiger Schritt. Manchmal muss der Mensch zu seinem Glück gezwungen werden. (dd) Wirtschaft

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