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Wettbüro © surfvienna.net auf flickr.com (CC 2.0), bearb. MiG

Studie

Andere Länder, andere Kulturen, andere Spiele

Südeuropäer gehen am liebsten ins Wettbüro, Türken spielen eher am Spielautomaten und Osteuropäer füllen am häufigsten einen Lottoschein. Eine Studie hat das Spielverhalten von Migranten untersucht.

Donnerstag, 04.05.2023, 0:38 Uhr|zuletzt aktualisiert: Samstag, 06.05.2023, 14:03 Uhr Lesedauer: 5 Minuten  |  

Glücksspiele sind allgegenwärtig – im Supermarkt an der Lottoannahmestelle oder im Internet. Die allermeisten Erwachsenen dürften mindestens einmal zum Lottoschein gegriffen oder mit einem Besuch in einer Spielbank geliebäugelt haben. Und genau genommen werden schon die Kleinsten in die „Glückswelt“ aufgenommen, denn für sie gibt es nicht nur kindgerechte Smartphone-Spiele-Apps, sondern im Kindergarten und auf dem Jugendfest wartet die Tombola mit Teddybären, Büchern oder Spielzeugen.

Wird das Glücksspiel jedoch bevölkerungstechnisch betrachtet, fällt auf, dass besonders viele Migranten an Glücksspielen teilnehmen – und unterschiedliche Spiele bevorzugen: Lotto, Sportwetten, klassisches oder online spielen. Rund 4 Millionen Glücksspieler mit Migrationshintergrund wurden 2015 geschätzt und es ist wahrscheinlich, dass die Zahl heute deutlich höher ist. Aber woher kommt das? Was macht das Glücksspiel für Migranten so interessant und welche Gefahren bringt das mit sich?

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Glücksspieler und ihre Herkunft

Sich dieser Frage anzunähern, ist schwierig. Es muss unterschieden werden zwischen Spielern, die nur einmal in ihrem Leben bei einem Glücksspiel teilgenommen haben, und denjenigen, die häufiger spielen. Einer Studie zufolge kann man jedoch sagen, dass Migranten mit bestimmter Herkunft häufiger dem Glücksspiel nachgehen:

  • Türkei – Personen mit türkischem Hintergrund spielen statistisch gesehen besonders häufig Sportwetten sowie Geldautomatenspiele. Die Teilnahme an Lotterien ist niedriger, dafür besuchen Migranten aber auch Spielbanken.
  • Polen – die in Deutschland lebenden Personen mit polnischer Herkunft spielen Erhebungen zufolge besonders häufig. Hier ist zu beobachten, dass der größte Teil auf Lotto und Lotterien entfällt, während das Spielen an Automaten mit 3,2 und 4,0 Prozent eher gering ist.
  • Osteuropäer – auch hier ist das Lottospiel besonders häufig. Andere Glücksspiele, die keine Lotterien beinhalten, sind häufig anzutreffen.
  • Südeuropa – Lotterien, Sportwetten und Geldautomatenspiele sind unter Migranten aus Südeuropa beliebt.

In der Erhebung sind Migranten aus Afrika oder dem Nahen Osten nicht mit aufgeführt, weswegen nicht gesagt werden, inwieweit Glücksspiele unter Migranten aus diesen Regionen beliebt sind.

Der Traum vom großen Glück

Jeder Glücksspieler hat wohl den heimlichen Traum vom großen Gewinn. Wer hat nicht schon einmal Lotto gespielt, als der Jackpot besonders hoch war oder als Sonderauslosungen angepriesen waren? Das ist völlig natürlich, denn auf den Gewinn ist das Glücksspiel ausgerichtet. Aber ist das unter Migranten ähnlich oder spielen dort weitere Komponenten eine Rolle?

  • Aufregung – ein gutes Glücksspiel ist mit Spannung verbunden. Welche Symbole zeigt der Automat? Wo bleibt die Kugel liegen, welche Karte hat mein Gegner? Auch bei Sportwetten ist die Spannung immer mit dabei. Wer schießt das entscheidende Tor?
  • Geselligkeit – wer an Geschäften für Sportwetten vorbeigeht, erkennt schnell, dass dort geschäftiges Treiben herrscht. Das liegt aber nicht nur an den Wetten an sich, sondern am Aufbau der Geschäfte. Nicht selten sind sie einfach Treffpunkte, an denen man sich mit Gleichgesinnten aus dem eigenen Herkunftsland trifft und reden kann.
  • Zugehörigkeit – gerade Spielebank-Besuche finden oft nicht allein, sondern mit Freunden statt.
  • Ruhm – Glücksspiel bedeuten ein kleines Stück Ruhm – zumindest nach einem Gewinn. Und selbst, wenn der Ruhm nicht geteilt wird, so sorgt er unmittelbar für ein verbessertes Wohlbefinden.

Auf der anderen Seite ist Glücksspiel aber auch so interessant, weil es leicht verfügbar ist. Sicherlich gibt es in Deutschland Regularien, doch Volljährige haben kaum ein Problem, die ersten Spiele zu spielen. Im Internet locken Anbieter zusätzlich mit Angeboten oder Bonussystemen, die den Einstieg einfacher machen. Gutes Beispiel sind Spiele, bei denen ein Bonus auf den ersten Einsatz versprochen wird. Große, blinkende „jetzt spielen“ Buttons verführen zusätzlich. Das große Glück scheint nur ein Klick entfernt zu sein.

Probleme bleiben nicht aus

Für sich allein betrachtet, ist Glücksspiel kein Problem. Es ist zuerst nur ein Spiel, bei dem jedoch die Dosis das Gift macht. Denn es ist unbestritten, dass Glücksspiel auf Dauer süchtig machen und zu anderen Problemen führen kann. Allerdings basiert die Spielsucht häufig nicht allein auf der Sucht nach dem Spiel, sondern darauf, dass das Spiel als Ablenkung von anderen Problemen genutzt wird. Die meisten Spielsüchtigen hatten bereits zuvor größere Schwierigkeiten und Sorgen. Der Teufelskreis aus Sorge-Spiel-Sorge ist meist vorprogrammiert. Grundsätzlich kann das vermehrte Spielen zu Folgendem führen:

  • Familie/Freunde – durch das Spielen können sich betroffene Personen extrem von ihrer Familie oder den Freunden abgrenzen. Das kann dazu führen, dass sich die Familie und Freunde vom Betroffenen abwenden und der Spieler irgendwann auf sich allein gestellt ist. Jetzt wird das Spiel wieder zur Konstitution genutzt.
  • Finanzielle Probleme – wer wirklich in der Sucht gefangen ist oder bestehende finanzielle Probleme durch die Hoffnung auf einen großen Gewinn beheben will, bringt sich automatisch in die tiefe Krise. Nun wird immer häufiger gespielt, es werden immer höhere Einsätze getätigt, bis am Ende alles verspielt ist.
  • Arbeitsplatzverlust – das ständige Spielen wirkt sich auch auf die Arbeitskraft aus, sodass es zum Jobverlust kommen kann – nun beginnen die finanziellen Probleme natürlich richtig.

Deshalb muss jeder Spieler gut auf sich achten und die Zeichen erkennen, wann das Spiel zur Sucht wird. Wer sich in einer schwierigen Lage sofort ins Glücksspiel stürzen möchte, ohne sich mit seinen Problemen zu befassen, sollte Folgendes tun: Einen guten Freund oder ein Familienmitglied anrufen und mit ihm sprechen – auch über den Drang zum Spielen in solchen Situationen.

Ob Migrant oder nicht – Glücksspiel ist eine beliebte Freizeitbeschäftigung in jeder Alters- und Geschlechtsgruppe und für Menschen aller Herkunft. Über die Risiken sollten sich Spieler jederzeit aber bewusst sein und notfalls professionelle Hilfe in Anspruch nehmen. (em) Panorama

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