Pauschale Demo-Verbote

Faeser: Muslime müssen sich von Hamas distanzieren

Bundesinnenministerin Faeser fordert von Muslimen eine Distanzierung vom Hamas-Terror und lädt muslimische Religionsgemeinschaften zum Gespräch ein. Derweil hat Hamburg ein pauschales Palästina-Demo-Verbot für drei Tage verfügt. Linke üben Kritik.

Montag, 16.10.2023, 21:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 17.10.2023, 8:05 Uhr Lesedauer: 4 Minuten  |  

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) fordert von muslimischen Verbänden eine Distanzierung vom Terror der palästinensischen Hamas. Zugleich brauche es auch einen Zusammenhalt mit Muslimen in Deutschland, sagte Faeser am Montag bei einem Besuch der Jüdischen Gemeinde Frankfurt am Main. Der Koordinationsrat der Muslime, Dachverband aller großen islamischen Religionsgemeinschaften in Deutschland, hatte in einer Erklärung die Gewalt auf beiden Seiten verurteilt, den Terror jedoch nicht beim Namen genannt. In der Vergangenheit haben islamische Religionsgemeinschaften in Deutschland wiederholt kritisiert, dass durch Distanzierungsaufforderungen vom Terror eine nicht vorhandene Nähe konstruiert wird.

Auch der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Frankfurt und frühere Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Salomon Korn, betonte, es sei wichtig, dass jüdische und muslimische Deutsche gemeinsam gegen Terror stünden. „Der Hass der Hamas wendet sich gegen Juden auf der ganzen Welt“, sagte er.

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Migrantenorganisationen warnen vor Pauschalisierung gegenüber Muslimen

Der Dachverband der Migrantenorganisationen in Ostdeutschland warnte am Montag in Halle vor Pauschalisierungen gegenüber Muslimen und anti-arabischem Rassismus. Man spreche den Familien und Freunden der Opfer sowie den Betroffenen der kriegerischen Gewalt tiefstes Mitgefühl aus, heißt es in einer Erklärung des Vorstandes. Die Migrantenorganisation ruft dazu auf, zwischen der Hamas und der palästinensischen Bevölkerung zu differenzieren.

das Bundesinnenministerium Medienberichte, wonach mehrere muslimischen Organisationen zu einem Gespräch eingeladen werden. „Mit den Verbänden soll darüber gesprochen werden, wie wir auch in diesen Zeiten das friedliche Zusammenleben in Deutschland auf dem Boden unserer verfassungsrechtlichen Ordnung verantwortlich gestalten können“, sagte ein Ministeriumssprecher. Eingeladen wurden laut Ministerium Vertreter von muslimischen Verbänden, die Mitglieder der Deutschen Islamkonferenz (DIK) sind. Der Zentralrat der Muslime sei nicht eingeladen.

Faeser nimmt am Gespräch mit Muslime nicht teil

Klar sei, dass jede Solidarisierung und Unterstützung des Terrors der Hamas aus Deutschland unterbunden werden müsse, betonte das Ministerium. Ministerin Faeser hob demnach hervor: „Die allermeisten Muslime in Deutschland lehnen den Terror der Hamas entschieden ab. Mit ihnen müssen wir das Gespräch suchen, damit der Hass keine Chance bekommt, sich weiter zu verbreiten. Dabei erwarten wir allerdings auch von den muslimischen Verbänden eine glasklare Verurteilung des Terrors der Hamas, ohne Wenn und Aber.“ Innenministerin Faeser werde an dem Termin nicht teilnehmen.

Am Freitag hatte die Hamas ihre Anhänger dazu aufgerufen, jüdische Einrichtungen weltweit anzugreifen. An diesem Tag waren nach Korns Worten in Frankfurt 80 Prozent der Kinder der jüdischen Kindertagesstätte und Schule zu Hause geblieben. Zentralrat-Präsident Josef Schuster beklagte, es herrsche weiterhin ein „Zustand der abstrakten Gefahr“. Dem müsse bundesweit Rechnung getragen werden.

Faeser: Linie bei Demo-Verboten schwierig

Faeser bekräftigte, der Schutz jüdischer Einrichtungen habe für sie Priorität. „Mich betrübt zutiefst, dass wir in Deutschland Kindertagesstätten und Schulen bewachen müssen“, sagte sie.

Zu den teilweise verbotenen pro-palästinensischen Demonstrationen vom vergangenen Wochenende sagte Faeser, es sei vor einem Verbot jeweils zu bewerten, welche Anmeldelage und Risiken es gebe. Daher sei eine einheitliche Linie hier schwierig. Das Versammlungsrecht sei ein hohes Gut. Würden Menschen aber trotz Verbots demonstrieren, müssten ihre Versammlungen konsequent aufgelöst werden.

Pauschale Pro-Palästina-Verbote

Hamburg hat derweil alle pro-palästinensischen Demonstrationen pauschal verboten für drei Tage. Die Morde der Hamas an Israelis dürften nicht auf der Straße gefeiert werden, erklärt die SPD-Fraktion. Die Linke kritisieren die Allgemeinverfügung der Polizei. Abstrakten Befürchtungen durch die Sicherheitsbehörden rechtfertigten keine pauschalen Demonstrationsverbote, erklärte der innenpolitische Sprecher der Linksfraktion, Deniz Çelik, am Montag. Es verbiete sich, die gesamte Palästina-Solidaritätsbewegung für Sympathiebekundungen der Hamas-Anhänger haftbar zu machen und ihnen pauschal das vom Grundgesetz geschützte Recht auf Versammlungsfreiheit zu entziehen, sagte der Linken-Abgeordnete.

Nach der Allgemeinverfügung der Polizei sind in Hamburg bis einschließlich Mittwoch alle Versammlungen verboten, die inhaltlich einen Bezug zur Unterstützung der Hamas oder deren Angriffe auf das Staatsgebiet Israels aufweisen, wie die Polizei am Sonntagabend mitteilte. Zuvor waren bereits zwei Versammlungen untersagt worden.

Regierungsfraktionen unterstützen Demo-Verbot

Hintergrund für die Entscheidung der Versammlungsbehörde ist die Entwicklung im Nahen Osten. Terroristen hatten am 7. Oktober im Auftrag der im Gazastreifen herrschenden Hamas Massaker in israelischen Grenzorten und auf einem Musikfestival angerichtet. Sie töteten mehr als 1.300 Menschen und verletzten mindestens 3.000 weitere. Das israelische Militär fliegt als Reaktion auf das Massaker massive Luftangriffe im Gazastreifen. Die Zahl der durch die israelischen Angriffe getöteten Menschen stieg nach Angaben aus dem Gazastreifen auf 2.750.

Die Regierungsfraktionen von SPD und Grünen unterstützten das präventive Demonstrationsverbot vorbehaltlos. „Als Stadt und Gesellschaft akzeptieren wir auf unseren Straßen weder antisemitische Propaganda noch das Feiern der Morde der Hamas“, erklärte der innenpolitische Sprecher der SPD, Sören Schumacher. Deutschland habe eine besondere historische Verantwortung für den Schutz des jüdischen Lebens und den Fortbestand des Staates Israel. „Auch dieser Verantwortung wird ein Verbot der anti-jüdischen Demonstrationen gerecht“, so Schumacher weiter. (epd/dpa/mig) Aktuell Politik

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