Anstieg „überrascht nicht“
Mehr „fremdenfeindliche“ Straftaten im Nordosten
Straftaten gegen vermeintlich Fremde haben in Mecklenburg-Vorpommern 2022 zugenommen. Sie kommen nach offiziellen Angaben besonders aus einer politischen Ecke und werden durch das Internet begünstigt.
Montag, 03.04.2023, 17:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 02.04.2023, 12:17 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Die Zahl der Straftaten in Mecklenburg-Vorpommern, die als „fremdenfeindlich“ registriert wurden, hat im vergangenen Jahr zugenommen. Sie stieg auf 316 und damit um rund 17 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, wie aus der aktuellen Mitteilung zur politisch motivierten Kriminalität des Innenministeriums in Schwerin hervorgeht. Mehrheitlich seien diese Straftaten dem Bereich rechter, politisch motivierter Kriminalität zugeordnet, teilte das Innenministerium auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit.
Die Gründe für solche Straftaten sind demnach vielfältig: „Anlässe wie Demonstrationen sowie die Anonymität im Internet bieten beispielsweise immer wieder Raum für Straftaten mit fremdenfeindlichem Hintergrund. Der vermehrte Zuzug von Flüchtlingen dürfte ebenfalls eine gewichtige Ursache für diese Handlungen sein“, erklärte das Innenministerium.
Integrationsbeauftragte. Anstieg nicht überraschend
Unter „fremdenfeindlich“ fasst das Bundeskriminalamt nach eigenen Angaben den Teil der Hasskriminalität, der aufgrund der zugeschriebenen oder tatsächlichen Nationalität, ethnischen Zugehörigkeit, Hautfarbe oder Religionszugehörigkeit des Opfers verübt wird. Laut dem Landesinnenministerium handelt es sich bei den Delikten, die in Mecklenburg-Vorpommern in diesem Bereich registriert wurden, hauptsächlich um Schmierereien und Straftaten im Internet, etwa um Postings in sozialen Netzwerken. Es habe aber auch handfeste Gewalt gegeben und Personen seien in der Öffentlichkeit zum Beispiel wegen ihrer Hautfarbe beleidigt worden.
Aus der Perspektive der Integrationsbeauftragten der Landesregierung, Jana Michael, ist die gestiegene Zahl solcher Straftaten „keine gute, aber auch keine überraschende Nachricht“. Menschen mit Flucht- und Migrationsbiografie hätten Angst, erklärte sie. „Menschen haben auch Angst zuzugeben, dass sie mit Geflüchteten zusammenarbeiten. Das sehen wir auch im Ehrenamt tagtäglich.“ Michael betonte, dass sie eine Spaltung der Gesellschaft wahrnehme und sich mehr Investitionen in die politische Bildung wünsche.
Vernetzung rassistischer und rechtsextremer Kreise
Die Vorsitzende des Flüchtlingsrates MV, Ulrike Seemann-Katz, konstatierte, dass es offensichtlich eine Vernetzung rassistischer und rechtsextremer Kreise in Mecklenburg-Vorpommern gebe. Heutzutage sei das durch Social Media einfacher und zeige sich auch daran, dass sich solche Menschen zu Demonstrationen in verschiedenen Städten und Gemeinden in MV wechselseitig besuchten. Wenn das Thema Geflüchtete virulent werde, weil tatsächlich mehr Menschen mit Fluchthintergrund nach Deutschland kommen, könne man das Thema aufgreifen und instrumentalisieren, schilderte Seemann-Katz ihren Eindruck. Dass dann der Weg zu Straftaten nicht so weit sei, habe die Geschichte gelehrt.
Nach der Einschätzung der Vorsitzenden des Flüchtlingsrates ist das momentane Aufgreifen dieses Themas bei Protesten aber nicht unbedingt darauf zurückzuführen, dass die Menschen mehr Geflüchtete kennen. „Die allermeisten Menschen, die Angst vor Geflüchteten haben, kennen keinen oder sind noch nie ins Gespräch gekommen mit Geflüchteten“, so Seemann-Katz. (dpa/mig) Leitartikel Panorama
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