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Die Şehitlik-Moschee in Berlin © onnola @ flickr.com (CC 2.0), bearb. MiG

800 Imame in Vollzeit

Islamexperte für Moschee-Stiftung zur Finanzierung von Imamen

Nach Einschätzung des Islamwissenschaftlers Kiefer krankt die Islampolitik in Deutschland. Niemand habe bedacht, dass Uni-Absolventen keine berufliche Perspektive haben, weil Moscheen das Geld für studierte Imame fehlt. Er fordert staatliche Finanzierung: Deutschland muss Geld in die Hand nehmen.

Von Montag, 05.12.2022, 20:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 08.12.2022, 8:24 Uhr Lesedauer: 1 Minuten  |  

Der Osnabrücker Islamwissenschaftler Michael Kiefer spricht sich für die Gründung einer Moschee-Stiftung aus. Sie sollte vom Staat finanziert werden, aber zugleich von ihm und den muslimischen Verbänden unabhängig arbeiten, sagte Kiefer dem „Evangelischen Pressedienst“. Zweck der Stiftung wäre die Bezahlung von in Deutschland ausgebildeten Imamen, die dann in Moscheegemeinden arbeiten könnten. „Mit 50 Millionen Euro pro Jahr könnte man 800 Imame in Vollzeit finanzieren“, sagte Kiefer.

Die bisherige Islampolitik, die Islaminstitute und -Studiengänge und sogar ein Islamseminar zur Ausbildung von Imamen hervorgebracht habe, kranke an einem Manko, sagte der Professor der Universität Osnabrück: „Keiner hat bedacht, wie es mit den Absolventen nach dem Studium weitergehen soll.“ Einzig die Lehramtsstudierenden hätten eine berufliche Perspektive. Die Moscheegemeinden hingegen hätten für studierte Imame kein Geld.

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Deutschland muss Geld in die Hand nehmen

Sie seien froh, wenn ihre im Ausland ausgebildeten Imame auch von dort entlohnt würden. So entsende etwa die türkische Religionsbehörde Diyanet für Gemeinden des Verbandes Ditib Imame nach Deutschland und bezahle sie auch, sagte Kiefer. Dadurch entstünden Abhängigkeiten, die Deutschland eigentlich nicht wolle und die auch tatsächlich problematisch seien. „Wenn Deutschland die Finanzierung der Imame aus dem Ausland, etwa aus der Türkei, aber auch aus Katar oder Marokko nicht will, muss es selbst Geld in die Hand nehmen“, sagte der Wissenschaftler.

Die Stiftung wäre Kiefer zufolge ein unabhängiges Organ, das die Gelder nach vorher festgelegten Regeln verteilen würde, um etwa zu verhindern, dass Geld an „Islamisten“ gezahlt wird. Nur Moscheegemeinden, die sich zum Grundgesetz bekennen, nicht aber Islamverbände, könnten Mitglieder sein. Ein Kuratorium, besetzt mit anerkannten muslimischen Persönlichkeiten aus Kultur, Politik und Wissenschaft, sollte die Stiftung leiten. (epd/mig) Aktuell Panorama

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  1. A.F.B. sagt:

    Wer entscheidet denn dann, wer die „anerkannten muslimischen Persönlichkeiten aus Kultur, Politik und Wissenschaft“ sind, die das Kuratorium leiten sollen? Der deutsche Staat verletzt die ihm gebotene Neutralität den Religionsgemeinschaften gegenüber in eklatanter Weise und versucht, den genuinen traditionellen Islam der Muslime in Deutschland durch einen „deutschen“ Islam, einen liberalen Kitsch mit islamischem Anstrich, zu ersetzen. Daher darf man es ihm nicht erlauben, die Sache „selbst in die Hand zu nehmen“. Stattdessen sollte er besser die gesetzlichen Voraussetzungen dafür schaffen, daß die Muslime selbst – ungeachtet ihrer jeweiligen Ausrichtung und ohne ein Kuratorium mit vom Staat ausgelesenen Mitgliedern – religiöse Stiftungen zur Finanzierung ihrer Gemeinden einrichten können. Auch darf man dem Staat nicht die Deutungshoheit darüber lassen, welche Muslime „islamistisch“ sind und welche nicht. Man sollte darauf drängen, daß dieser Kampfbegriff überhaupt nicht verwendet wird.
    Finanziert der deutsche Staat eine solche Stiftung, dann ist sie von ihm abhängig, auch wenn man das zu verschleiern sucht und von „Unabhängigkeit“ spricht. Weiterhin ist es inakzeptabel, ein „Bekenntnis“ zum Grundgesetz der BRD zur Bedingung einer Mitgliedschaft zu machen. Die Rechte und Pflichten im GG sind dazu da, um den Umgang des Staates mit seinen Bürgern zu regeln, nicht jedoch, um die Bürger zur Loyalität dem Staat gegenüber zu verpflichten. Jeder hat sich an die geltenden Gesetze zu halten, dazu bedarf es keines „Bekenntnisses“.