Arbeitsmarkt-Studie

Deutschkenntnisse in Zeiten des Fachkräftemangels immer wichtiger

Der Fachkräftemangel am Arbeitsmarkt verändert auch die Anforderungen. Deutlich häufiger verlangen Arbeitgeber in Stellenanzeigen Deutschkenntnisse von zukünftigen Mitarbeitern. Das geht aus dem Jobmonitor der Bertelsmann Stiftung hervor. Danach sind Englischkenntnisse weniger gefragt.

Sonntag, 09.10.2022, 20:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 09.10.2022, 16:46 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Eine erste Analyse von mehr als 48 Millionen Stellenanzeigen zeigt: Deutschkenntnisse sind in Zeiten des Fachkräftemangels immer wichtiger. Sprachkenntnisse werden mittlerweile für jede vierte Stelle explizit eingefordert. Vor vier Jahren war es nur jede Fünfte. Dies entspricht einem Anstieg von 28 Prozent. „In Zeiten des Fachkräftemangels ist das gleichzeitig eine große Chance für Zugewanderte. Besitzen sie die benötigten Fachkompetenzen und sprechen zusätzlich die deutsche Sprache, steht ihnen ein Drittel mehr Arbeitsplätze offen“, sagt Martin Noack, Bildungs- und Arbeitsmarktexperte der Bertelsmann Stiftung.

Bei der Nachfrage nach Deutschkenntnissen ganz vorne liegen die Informatik-, Informations- und Kommunikationstechnologie-Berufe mit knapp 38 Prozent aller Stellenanzeigen weit vorn. Gleichzeitig stellt diese Berufsgruppe mit 8,5 Prozent aller Stellen den größten Anteil am vorliegenden Datensatz. „Die Möglichkeit, Arbeit hauptsächlich remote zu erledigen, erleichtert in diesen Berufen die Beschäftigung von Fachkräften aus aller Welt. Mit Englischkenntnissen allein scheint aber aus Sicht der Arbeitgeber eine Integration ins Team oder die detaillierte Besprechung von Kundenwünschen nicht immer zu gelingen“, heißt es in der Studie. Tatsächlich ist im Vergleich zwischen 2018 und 2021 die Nachfrage nach Englischkenntnissen um 12 Prozent zurückgegangen.

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Anders sieht es bei den sogenannten „Soft Skills“ aus, die bei den Anforderungsprofilen immer mehr an Bedeutung gewinnen. In Zeiten der Dauerkrise steigt bei Arbeitgebern die Nachfrage nach Besonnenheit (+73 Prozent), Einfühlungsvermögen (+39 Prozent) und einer positiven Grundeinstellung (+26 Prozent) besonders deutlich an. Auch ein sicherer Umgang mit Daten (+62 Prozent) und digitaler Identität (+34 Prozent) wird stärker gefordert. Das könnte eine Folge der Coronakrise mit mehr Homeoffice und Online-Kommunikation sein. Denn auch die Fähigkeit, andere zu motivieren, gewinnt in Zeiten zunehmend virtueller Teams den Angaben zufolge an Bedeutung (+37 Prozent).

Klassiker unter den Soft Skills

Dennoch habe die Dauerkrise die Klassiker unter den Soft Skills nicht von ihren Spitzenplätzen verdrängen können. Die Arbeitgeber forderten im August 2022 in knapp der Hälfte der untersuchten Online-Stellenanzeigen „Einsatzbereitschaft“. In knapp einem Drittel der Job-Angebote ist „Teamfähigkeit“ gefragt. In einem Viertel der Anzeigen fordern sie „Selbstständigkeit“. „Kreatives Denken“ oder „Sorgfalt“ spielen dagegen nur eine nachgeordnete Rolle.

Eine vermeintliche Selbstverständlichkeit widerlegt der Jobmonitor: Das Thema Digitalisierung ist keineswegs auf breiter Front in der Arbeitswelt angekommen. Digitale Grundkompetenzen sind zwar besonders wichtig bei Finanzen, Recht und Management, in mehr als der Hälfte aller Berufsgruppen spielt der kompetente Umgang mit klassischen Office-Programmen dagegen nicht einmal in jeder zehnten Jobanzeige eine Rolle.

Regionale Unterschiede

Der Jobmonitor zeigt zugleich auch deutliche regionale Unterschiede bei der Nachfrage nach bestimmten Soft Skills auf. Das belegt der Blick auf das Thema „Verlässlichkeit“. Zum einen ist die Nachfrage in den Städten deutlich geringer als in ländlichen Regionen. Zum anderen wird diese klassische Kerntugend – sie wird in 20 Prozent aller Online-Jobanzeigen bundesweit eingefordert – in den neuen Bundesländern deutlich häufiger nachgefragt als in den alten. „Dies dürfte unter anderem mit regionalen Werteunterschieden zusammenhängen“, heißt es.

Für die Studie wurden Daten aus mehr als 48 Millionen Online-Jobanzeigen mit einem Algorithmus ausgewertet. „Täglich kommen etwa 200.000 Stellenanzeigen hinzu. Bei normaler Lesegeschwindigkeit bräuchte ein Mensch etwa ein halbes Jahr, um die Stellenanzeigen eines Tages zu lesen“, heißt es. Die Algorithmen des Jobmonitors schafften das über Nacht. (mig) Leitartikel Wirtschaft

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