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Flughafen (Archiv) © de.depositphotos.com

Ostdeutschland-Bericht

Ostdeutsche wollen keine Einwanderung aus muslimischen Ländern

Ein Bericht des Ostbeauftragten beinhaltet alarmierende Zahlen: Fast jeder zweite Ostdeutsche empfindet Einwanderung als Bedrohung. Gegenüber Ukrainern gibt es deutlich weniger Vorbehalte als gegenüber Muslimen. Als Pfleger oder Erntehelfer sind Arbeitskräfte aus dem Ausland eher willkommen.

Donnerstag, 29.09.2022, 16:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 29.09.2022, 14:19 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Fast jeder zweite Ostdeutsche empfindet die Einwanderung aus dem Ausland als Bedrohung (47 Prozent). Bei westdeutschen ist diese Quote etwas niedriger (43 Prozent), aber auf hohem Niveau. Das geht aus dem am Mittwoch in Berlin vorgestellten aktuellen Deutschland-Monitor im Bericht des Ostbeauftragten Carsten Schneider (SPD) hervor.

Große Probleme haben die Menschen auch mit der Einwanderung von Geflüchteten. Während 15 Prozent im Osten und 21 Prozent im Westen diese eher als Bereicherung wahrnehmen, sehen insgesamt 46 Prozent im Osten und 40 Prozent im Westen darin eine Bedrohung. Das höchste Gefährdungspotenzial wird dabei Geflüchteten aus muslimischen Regionen zugeschrieben, während Kriegsgeflüchtete aus der Ukraine sogar positiver als Menschen aus dem Ausland insgesamt wahrgenommen werden.

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Ukrainer willkommen, Muslime nicht

Mit Blick auf den Arbeitsmarkt wird die Einwanderung jedoch als Bereicherung empfunden – ohne Unterschiede zwischen beiden Landesteilen. In Ost wie West werden ausländische Arbeitskräfte von einer deutlichen Mehrheit der Befragten vor allem im Pflegebereich, in der Erntehilfe und als zeitweilige Hilfskräfte bei Personalengpässen begrüßt, aber auch als Ärzte, IT-Experten sowie als wissenschaftliche Spezialisten. Den Studienautoren zufolge werden Vorbehalte gegenüber Einwanderung geringer, „wenn genauer nachgefragt und der Kontext der Zuwanderung erläutert wird.“

Wie aus dem Bericht außerdem hervorgeht, ist nur noch gut jeder dritte Ostdeutsche mit der Demokratie in Deutschland zufrieden. Die ermittelten 39 Prozent Zustimmung bedeuten neun Prozentpunkte weniger als noch vor zwei Jahren (48 Prozent). Mit 59 Prozent ist die Zufriedenheit mit der Demokratie unter den Westdeutschen sehr viel höher. Aber auch hier sank die Zustimmung in den vergangenen zwei Jahren um sechs Prozentpunkte. Auch die Zufriedenheit mit der politischen Situation in Deutschland hat in Ost- und in Westdeutschland weiter abgenommen. Alles in allem zufrieden sind nur noch 42 Prozent aller Befragten. 2020 waren es noch 52 Prozent.

Scheider: Alarmierendes Signal

Im Osten sank die Zufriedenheit auf aktuell nur noch 31 Prozent, im Westen auf 44 Prozent. Zudem meinen nur noch 32 Prozent der Ost- und 42 Prozent der Westdeutschen, dass den Politikern das Wohl des Landes wichtig ist. Mit der Arbeit der Bundesregierung ist derzeit nur ein Drittel der Befragten zufrieden (35 Prozent), vor zwei Jahren waren es noch mehr als die Hälfte (53 Prozent). Im Osten sank die Zufriedenheit im gleichen Zeitraum von 42 auf 26 Prozent.

Schneider sprach von einem „alarmierenden Signal“, auf das die Politik eine Antwort finden müsse. „Die Zustimmung zur Demokratie musste im Osten immer erkämpft werden“, sagte der aus Erfurt stammende SPD-Politiker. Wichtig sei jetzt, das Vertrauen der Menschen zurückzugewinnen und sich nicht in politischen Spitzfindigkeiten zu verlieren: „Dafür ist die Lage zu angespannt.“

600 Euro weniger als im Westen

Noch immer verdienten die Menschen im Osten im Mittel 600 Euro weniger als die Westdeutschen, nur 3,5 Prozent der bundesdeutschen Führungspositionen seien mit Ostdeutschen besetzt. „Die Zeit des Lohndumping muss zum Beispiel jetzt vorbei sein“, sagte der Ostbeauftragte. Dazu passt, dass nur ein Viertel (23 Prozent) im Osten mit der sozialen Gerechtigkeit zufrieden sind. Im Westen sind es 33 Prozent. Das sind jeweils rund zehn Prozentpunkte weniger als vor zwei Jahren.

Ebenfalls skeptisch bewerten viele die Meinungsfreiheit in Deutschland. Weniger als die Hälfte (43 Prozent) der Ost- und 58 Prozent der Westdeutschen vertreten den Standpunkt, dass man in Deutschland seine Meinung immer frei äußern kann, „ohne Ärger zu bekommen“. 2020 waren das noch 50 Prozent und 63 Prozent.

Angepassten Skeptiker und verdrossenen Populisten

Für den Deutschland-Monitor wurden nach Angaben des Geschäftsführers der Info GmbH Markt- und Meinungsforschung, Holger Liljeberg 4.000 Interviews durchgeführt. Besorgniserregend sei, dass mittlerweile fast zwei Drittel der Ostler den Gruppen der „angepassten Skeptiker“ (26 Prozent) und „verdrossenen Populisten“ (35 Prozent) zugeordnet werden müssten, sagte Liljeberg. Diese würden sich zumeist in ihrer eigenen Informationsblase aufhalten: „Hier besteht die Gefahr, dass die Menschen uns in der Kommunikation verloren gehen.“

Der Bericht des Ostbeauftragten soll künftig im Wechsel mit dem Bericht zum Stand der Deutschen Einheit erscheinen. Er enthält neben dem Deutschland-Monitor 15 Beiträge von ostdeutschen Gastautorinnen und -autoren zur Situation in ihrer Region. (epd/mig) Aktuell Gesellschaft

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