„Staatsgefährdende Gewalttat“

Prozess gegen Oberleutnant und „syrischen Flüchtling“ Franco A. vor Abschluss

Die Festnahme des Offiziers Franco A. erregte 2017 großes Aufsehen. Er hatte sich unerlaubt Waffen beschafft und eine zweite Identität als Asylbewerber zugelegt - mutmaßlich, um Terroranschläge zu verüben. Ein bizarrer Gerichtsfall steht vor dem Abschluss.

Von Sonntag, 03.07.2022, 16:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 03.07.2022, 12:42 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main wird am 8. Juli urteilen, ob der frühere Oberleutnant Franco A. eine staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet hatte. Der Generalbundesanwalt wirft dem Angeklagten die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat, Verstöße gegen das Waffen-, Kriegswaffenkontroll- und Sprengstoffgesetz sowie Diebstahl und Betrug vor. (AZ: 5 – 2 StE 18/17 – 5a – 1/17)

Franco A. soll möglicherweise einen Anschlag auf den damaligen Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD), die damalige Vizepräsidentin des Bundestages, Claudia Roth (Grüne), oder auf die Gründerin der Amadeu-Antonio-Stiftung, Anetta Kahane, geplant haben. Die Anklage bezeichnete A. als rechtsradikalen Terroristen und forderte eine Haftstrafe von sechs Jahren und drei Monaten.

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Oberleutnant und syrischer Flüchtling

Der aus Offenbach stammende Franco A. war am 3. Februar 2017 festgenommen worden, als er im Flughafen Wien-Schwechat eine Pistole aus einem Versteck holte. Die Öffentlichkeit rieb sich die Augen, als bekannt wurde, dass der bei einer deutsch-französischen Einheit dienende Oberleutnant seit mehr als einem Jahr eine Doppelexistenz führte: Er hatte sich Ende 2015 als syrischer Flüchtling ausgegeben, das Asylverfahren durchlaufen, im Dezember 2016 subsidiären Schutz erhalten und pendelte in seinen zwei Identitäten zwischen dem Elsass und Bayern hin und her.

Der Angeklagte hatte sich außerdem ein Waffenarsenal zugelegt: Neben dem Besitz der Pistole wirft die Anklage ihm vor, Munition und Sprengkörper sowie Waffenzubehör aus Beständen der Bundeswehr an sich genommen zu haben und unerlaubt zwei weitere Gewehre sowie eine weitere Pistole besessen zu haben. Der Verdacht auf eine rechtsextremistische Terrorzelle in der Bundeswehr stand im Raum, ließ sich aber nicht erhärten.

Bundeswehrkarriere trotz rechter Gesinnung

Von Franco A. sind Schriften mit rechtsextremistischem Gedankengut festgestellt worden. Insbesondere seine erste Masterarbeit an einer Militärakademie fiel als rassistisch auf, seine Laufbahn beeinträchtigte dies nicht. Ein Zeuge aus der Bundeswehr berichtete auch von mündlichen rassistischen Äußerungen. Notizbücher mit einem Sammelsurium an Stichworten haben die Anklage zur Annahme gebracht, dass der Offizier einen Anschlag plante. Die zweite Identität als Flüchtling habe er sich zugelegt, um danach den Verdacht auf Asylbewerber zu lenken. Eindeutig belegen ließen sich die Annahmen nicht.

Der Angeklagte wies im Prozess die Vorwürfe zurück. Die Pistole am Flughafen habe er zuvor zufällig gefunden, das Asylverfahren habe er durchlaufen, um dessen Betrugsanfälligkeit aufzudecken. Listen mit Stichwörtern, darunter Waffen, und Namen linker Politiker und Aktivisten seien nur Recherchelisten. Er sei nicht rechtsextrem. Waffen und Munition habe er für den Fall gesammelt, falls die staatliche Ordnung zusammenbreche. Das Gericht schenkte diesen Erklärungen wenig Glauben.

Schwierige Verfahrensaufnahme

Schon die Aufnahme des Verfahrens erwies sich als schwierig. Von April bis November 2017 saß der Angeklagte in Untersuchungshaft. Danach hob der Bundesgerichtshof den Haftbefehl auf, weil es keinen dringenden Tatverdacht gebe. Nur wenige Wochen danach erhob der Generalbundesanwalt Anklage vor dem OLG Frankfurt. Dessen Staatsschutzsenat erklärte sich jedoch im Juni 2018 für nicht zuständig und verwies das Verfahren an das Amtsgericht Darmstadt. Es fehle ein hinreichender Verdacht auf die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat, befand das Gericht damals.

Dagegen legte der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof erfolgreich Beschwerde ein. Dieser bestätigte im August 2019 die Anklage und wies das Verfahren wieder dem OLG zu. Wegen der Überlastung des Gerichts begann der Prozess erst knapp zwei Jahre später, am 20. Mai vergangenen Jahres. Im Februar dieses Jahres wurde der Angeklagte wieder in Untersuchungshaft genommen. Fünf Jahre und fünf Monate nach seiner ersten Festnahme erwartet Franco A. am 8. Juli das Urteil. (epd/mig) Leitartikel Panorama

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