Schlauchboot, Flüchtlinge, Meer, Griechenland
Ein Boot der griechischen Küstenwache versucht ein Schlauchboot von Flüchtlingen mit einem gefährlichen Manöver an der Weiterfahrt zu hindern (Archiv)

Gegenleistung: Aufenthaltstitel

Griechenland setzt bei Pushbacks Flüchtlinge als Handlanger ein

Um eigene Beamte vor Gefahren zu schützen, setzt die griechische Polizei einer Recherche zufolge Flüchtlinge ein, um illegale Pushbacks durchzuführen. Im Gegenzug versprechen sie den Handlangern Aufenthaltspapiere.

Dienstag, 28.06.2022, 16:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 29.06.2022, 7:41 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

An der EU-Außengrenze setzen griechische Polizeibeamte einem Medienbericht zufolge Flüchtlinge offenbar als Handlanger für illegale Rückführungen ein. Wie aus am Dienstag veröffentlichten gemeinsamen Recherchen des ARD-Politikmagazins „report München“ mit dem „Spiegel“, „Lighthouse Reports“, „Le Monde“ und dem „Guardian“ hervorgeht, haben Geflüchtete entsprechende Angaben gemacht, die sich mittels Fotos, Satellitenbildern und offiziellen griechischen Dokumenten verifizieren lassen.

Einem Team aus Reporterinnen und Reportern sei es nach monatelangen Recherchen erstmals gelungen, mit sechs Männern zu sprechen, die an den sogenannten Pushbacks beteiligt gewesen seien. Sie hätten unabhängig voneinander angegeben, zu gewaltsamen Zurückweisungen in die Türkei gedrängt worden zu sein. Im Gegenzug seien ihnen Aufenthaltspapiere versprochen worden.

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Auch drei griechische Polizeibeamte hätten den Journalisten den Einsatz von Flüchtlingen bestätigt. Die Aktionen würden von der Polizei als so gefährlich eingeschätzt, dass diese dafür vermehrt Geflüchtete einspanne, um die eigenen Beamten zu schützen. Offizielle Anfragen dazu hätten das griechische Innenministerium und die Polizei bis Dienstag unbeantwortet gelassen.

Baerbock fordert Aufklärung

Nach Bekanntwerden der Vorwürfe verlangte die Europäische Kommission eine Untersuchung der Vorgänge an der Grenze. Weitere Konsequenzen würden derzeit aber nicht gezogen, sagte Kommissionsprecherin Anitta Hipper am Dienstag in Brüssel. „Für den Moment sprechen wir nicht von Rechtsverstößen“, sagte sie.

Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) schrieb bei Twitter, die Ereignisse und Vorwürfe müssten lückenlos aufgeklärt werden. Sie bezog sich sowohl auf die Vorwürfe gegen die griechische Regierung wie auch gegen Spanien und Marokko. An der Grenze zur spanischen Exklave Melilla waren am Wochenende mehr als 20 Menschen gewaltsam ums Leben gekommen. Baerbock erklärte: „Das Leid ermahnt uns, dass wir in der EU bei der Asyl- und Migrationspolitik noch einen weiten Weg vor uns haben.“

Systematische Missachtung des Asylrechts

Die Vizepräsidentin des Bundestages, Katrin Göring-Eckardt (Grüne), brachte angesichts der Recherche europäische Sanktionen gegen Griechenland ins Gespräch. „Geflüchtete in der Not als Helfer für illegale Pushbacks zu benutzen, ist zutiefst unmenschlich und verstößt gegen jede Rechtsstaatlichkeit“, sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Die EU dürfe die Augen vor dem brutalen Vorgehen Griechenlands nicht verschließen. „Es braucht eine unabhängige Untersuchung und auch mögliche Sanktionen gegen Griechenland müssen diskutiert werden.“

Laut europäischem Recht ist Griechenland verpflichtet, für Schutzsuchende, die griechisches Territorium erreichen, ein Asylverfahren zu beginnen. Die griechische Regierung setzt sich wie einige andere EU-Staaten auch seit Jahren systematisch über diese Regelung hinweg. (epd/mig) Ausland Leitartikel

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