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Richterpult © Daniel_B_photos @ pixabay.com (CC0), bearb. MiG

Hessischer Verwaltungsgerichtshof

Land muss Islamunterricht mit Ditib fortsetzen

Juristische Schlappe vor dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof für das Land im Ringen um den islamischen Religionsunterricht. Die Beendigung der Kooperation mit dem Ditib-Landesverband war rechtswidrig. Ditib verweist auf den Anspruch muslimischer Schüler auf einen ordentlichen Religionsunterricht.

Donnerstag, 02.06.2022, 16:30 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 02.06.2022, 15:40 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Das Land Hessen muss den islamischen Religionsunterricht mit dem türkischen Verband Ditib fortsetzen. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Kassel hat den Antrag des Landes auf Berufung gegen den entsprechenden Beschluss des Verwaltungsgerichts Wiesbaden abgelehnt, wie der VGH am Mittwoch mitteilte (AZ: 7 A 1802/21.Z; VG Wiesbaden vom Juli 2021: AZ 6 K 1234/20.WI). Damit ist das Bemühen von Kultusminister Alexander Lorz (CDU) gescheitert, den mit der türkischen Religionsbehörde verbundenen Verein aus dem hessischen Schulunterricht zu entfernen.

Das Land Hessen habe durch den Einrichtungsbescheid vom 17. Dezember 2012 eine Kooperationspartnerschaft mit Ditib Hessen und der Ahmadiyya-Gemeinschaft für einen bekenntnisorientierten Islamunterricht an den Schulen geschlossen, begründete der VGH den Beschluss. Dieser Bescheid entfalte weiterhin „Bindungswirkung“, denn er sei „nicht zurückgenommen, widerrufen oder anderweitig aufgehoben worden“. Die Mitteilung der Aussetzung des Bescheides vom 28. April 2020 genüge nicht. Der Bescheid selbst enthalte keine Regelungen, die das Land berechtigten, seine Vollziehung auszusetzen. Wenn das Land die Fortsetzung der Kooperation für verfassungswidrig halte, müsse es den Einrichtungsbescheid aufheben.

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Der bekenntnisorientierte Islamunterricht in Hessen ist von der damaligen CDU/FDP-Landesregierung nach Angaben des VGH ab dem Schuljahr 2013/14 sukzessive von der Klassenstufe eins an als ordentliches Lehrfach eingeführt worden. Im Schuljahr 2016/17 sei er an 56 Grundschulen für rund 3.200 Schüler erteilt worden. In den beiden folgenden Schuljahren sei der Unterricht auf die Klassenstufen fünf und sechs ausgeweitet worden. Zuletzt sei der Islamunterricht in Kooperation 2019/20 an 62 Schulen angeboten worden.

DITIB-Hessen zuversichtlich

Nach dem zunehmend repressiven Kurs des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan und der Vorwürfe, Ditib-Imame spitzelten gegen türkische Regimegegner in Deutschland, äußerte das hessische Kultusministerium Zweifel an der Eignung des Verbands Ditib als Kooperationspartner. Ditib sei nicht hinreichend unabhängig vom türkischen Staat. Ausschlaggebend sei die Weisungskette vom türkischen Staatspräsidenten über die ihm unterstehende Religionsbehörde Diyanet, den Ditib-Bundesverband und dessen hessischen Landesverband. Das Kultusministerium kündigte an, den Islamunterricht in staatlicher Regie zu führen und bis zur Klassenstufe acht auszudehnen. Dagegen klagte Ditib und hatte nun auch in letzter Instanz Erfolg.

Die Ditib-Hessen zeigte sich nach der Gerichtsentscheidung zuversichtlich, dass die Kooperationspartnerschaft mit dem Hessischen Kultusministerium nun fortgesetzt wird. Man habe zuvor sieben Jahren lang muslimischen Schülern „beanstandungs- und störungsfreien“ ordentlichen Religionsunterricht angeboten. Sie hätten einen verfassungsrechtlichen Anspruch, einen schulisch unterwiesenen Religionsunterricht im Rahmen ihrer lebensweltlichen Bedürfnisse zu erhalten. (epd/mig) Aktuell Recht

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  1. J-S sagt:

    Na dann hebt die Kooperation einfach „ordentlich“ auf und gut. Keiner ist verpflichtet die Kooperation so weiterlaufen zu lassen. Es handelt sich also viel mehr um einen Formfehler. In der Sache hat das Gericht nicht anders entschieden.