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Hilfe für Flüchtlinge aus der Ukraine

Zwei-Klassen-Gesellschaft

Flüchtlingsrat beklagt Ungleichbehandlung bei Ankommenden aus Ukraine

Flüchtlings- und Menschenrechtsorganisationen beklagen eine Zwei-Klassen-Gesellschaft bei der Aufnahme von Flüchtlingen aus der Ukraine. Nicht-ukrainische Staatsangehörige würden schlechter behandelt. Die EU-Massenzustromrichtlinie gelte nicht für alle gleichermaßen.

Von Dienstag, 08.03.2022, 5:23 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 08.03.2022, 9:17 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Ein Bündnis von Landes-Flüchtlingsräten und Menschenrechtsorganisationen beobachten bei der Behandlung von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine die Entstehung einer Zwei-Klassen-Gesellschaft. Nicht-ukrainische Staatsangehörige, die vor dem Krieg geflohen sind, würden aktuell im Unterschied zu Ukrainern auf das Asylverfahren verwiesen. Auch sie müssten aber den vorübergehenden Schutz im Sinne der EU-Massenzustrom-Richtlinie erhalten, forderte Martina Mauer vom Flüchtlingsrat Berlin im Gespräch mit dem „Evangelischen Pressedienst“.

Den Schutz der EU-Massenzustromrichtlinie sollen den Angaben zufolge alle ukrainischen Staatsangehörigen und ihre Familien sowie Flüchtlinge mit internationalem Schutzstatus erhalten. „Bei Drittstaatenangehörigen mit Langzeit-Aufenthalt in der Ukraine ist es allerdings den Mitgliedsstaaten freigestellt, die Richtlinie oder stattdessen bestehendes nationales Recht anzuwenden“, heißt es in einer gemeinsamen Mitteilung des Bündnisses.

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Dies sei wohl ein Zugeständnis an die Visegrad-Länder, die sich schon seit Jahren der Aufnahme von insbesondere nichteuropäischen Migranten aus Drittstaaten verweigern. „Arbeitsmigranten und Studierende aus Drittstaaten fallen laut EU Ratsbeschluss gleich ganz aus dem Schutzversprechen der EU. Sie dürfen zwar einreisen, aber nur, um ihre zeitnahe Weiterreise in ihre Herkunftsländer anzutreten“, so die Kritik des Bündnisses, zu dem Antidiskriminierungsverbände, Landesflüchtlingsräte sowie zahlreiche weitere Nichtregierungsorganisationen angehören.

Schwarze mit Problemen beim Grenzübetritt

„Es kommen viele Afghaninnen, die vor kurzem evakuiert wurden, ausländische Studierende, die dort studiert haben, Menschen, die dort im Asylverfahren waren oder dort gearbeitet haben als ausländische Fachkräfte“, sagte Maurer. Die Situation dieser Menschen sei aktuell unklar. Diese Menschen dürften nicht aus den Augen verloren werden. „Wir erleben, dass hier eine Unterscheidung zwischen Geflüchteten erster und zweiter Klasse entsteht, dass es eine unterschiedliche Art der Behandlung gibt“, beklagte Maurer.

An der polnisch-ukrainischen Grenze etwa hätten schwarze Menschen Probleme, in Busse zu kommen, und beim Grenzübertritt. „Da muss gegengesteuert werden, sodass alle Schutz bekommen, die Schutz benötigen“, betonte die Vertreterin des Flüchtlingsrats Berlin: „Es darf bei der Aufnahme von Kriegsflüchtlingen nicht mit zweierlei Maß gemessen werden.“

Staat darf Flüchtlingsversorgnung nicht auslagern

Mauer begrüßte die große Bereitschaft der Zivilbevölkerung, zu helfen, zu spenden und Flüchtlinge bei sich aufzunehmen. Gleichzeitig warnte sie, der Staat dürfe seine Aufgaben in dieser Lage nicht Privatleuten überlassen: „Berlin ist an der Kapazitätsgrenze angelangt. Viele Menschen sind auf private Übernachtungsmöglichkeiten angewiesen.“ Auch der Senat verweise auf Bettenbörsen.

Man könne sich nicht darauf verlassen, dass alle Angebote seriös seien: „Wir sehen mit Skepsis, dass da eine Tür für Missbrauch geöffnet wird.“ Private Bettenbörsen könnten nur ein zusätzliches Angebot sein. Überdies seien Kontrollmechanismen und eine Registrierung erforderlich: „Das kann nicht mal eben so am Bahnhof auf Zuruf stattfinden.“

Flüchtlinge aus anderen Länder nicht vergessen

Der Flüchtlingsrat befürchtet überdies, dass die Lage von Geflüchteten aus anderen Ländern in Vergessenheit gerät. Die Ausländerbehörde sei seit dem Beginn der Pandemie völlig überlastet. Wer dort seinen Aufenthaltstitel verlängern lassen oder eine Arbeitserlaubnis beantragten wolle, warte mitunter Monate auf einen Termin zur Vorsprache: „Da braucht es dringend eine schnelle pragmatische Lösung.“ (epd/mig) Aktuell Panorama

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