Bundesverfassungsgericht
Vor Auslieferung nach Rumänien genaue Prüfung der Haftbedingungen
Vor der Auslieferung von Straftätern nach Rumänen müssen deutsche Gerichte die Haftbedingungen im Zielland genau prüfen. Sind diese unmenschlich, darf nicht ausgeliefert werden. Das hat das Bundesverfassungsgericht im Fall eines Rumänen entschieden.
Mittwoch, 08.09.2021, 5:23 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 07.09.2021, 17:42 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Deutsche Gerichte müssen bei der Auslieferung von Straftätern nach Rumänien mögliche unmenschliche Haftbedingungen in dortigen Gefängnissen genau prüfen. Bei unvollständigen oder widersprüchlichen Angaben rumänischer Behörden über die Situation in der Haftanstalt muss das Gericht selbst einschätzen, ob die Unterbringung vertretbar ist, entschied das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe in einem am Dienstag veröffentlichten Beschluss. (AZ: 2 BvR 908/21)
Im Streitfall ging es um einen in Deutschland aufgrund eines Europäischen Haftbefehls festgenommenen Rumänen. Der Mann war von einem rumänischen Gericht wegen Fahrens ohne Führerschein sowie wegen Fahrens mit einem nicht zugelassenen Auto zu einer Haftstrafe von einem Jahr und vier Monaten verurteilt worden.
Die Staatsanwaltschaft bat für die Prüfung der Auslieferung bei den rumänischen Behörden um Informationen über die örtlichen Haftbedingungen. Diese teilten mit, dass der Mann in einer zwei Quadratmeter großen Zelle, einschließlich Bett und Möbel, inhaftiert werden solle. Tagsüber könne er aber seinen Haftraum verlassen.
Drei Quadratmeter
Nachdem die Auslieferung wegen eines Verfahrens beim Europäischen Gerichtshof ausgesetzt wurde, rügte der Mann, dass ihm in Rumänien eine menschenunwürdige Haft drohe. Die rumänischen Behörden teilten daraufhin mit, dass der Haftraum drei Quadratmeter betragen solle.
Zudem wiesen sie darauf hin, dass „das sporadische Auftreten“ von Parasitenbefall nur durch „die Promiskuität einiger untergebrachter Häftlinge und das Profil der Haftanstalt verursacht sei“. Das Oberlandesgericht (OLG) Schleswig verließ sich dennoch auf die Zusicherung, dass der Mann menschenwürdig untergebracht werde.
Systematische Mängel
Das beanstandete jedoch das Bundesverfassungsgericht. Die Haftbedingungen in Rumänien wiesen systemische oder allgemeine Mängel auf. In solch einem Fall müssten deutsche Gericht eine eigene Gefahrenprognose treffen, inwieweit dem auszuliefernden Straftäter tatsächlich eine menschenunwürdige Unterbringung droht.
Das gelte erst recht, wenn die rumänischen Behörden widersprüchliche oder unvollständige Angaben zu den Haftbedingungen machen. Das sei hier etwa bei der Haftraumgröße der Fall. Das OLG muss nun erneut über die Auslieferung entscheiden. (epd/mig) Aktuell Recht
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