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Militärflugzeug (Archiv) © riko_23 @ pixabay.com (Lizenz), bearb. MiG

Visastelle fällt weg

Deutschland lehnt Reisekostenübernahme für afghanische Ortskräfte ab

Die Bundesregierung steht wegen der äußerst zurückhaltenden Aufnahme afghanischer Ortshelfer bereits stark in der Kritik. Jetzt lehnt die Bundesregierung zudem die Kostenübernahme für Flugtickets nach Deutschland ab. Auch eine geplante zentrale Anlaufstelle für Visumsanträge fällt vorerst weg.

Dienstag, 06.07.2021, 5:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 05.07.2021, 16:44 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Einheimische Ortskräfte in Afghanistan, die deutschen Soldaten bei ihren Einsätzen geholfen haben, sind nach dem Abzug der Bundeswehr aus dem Land in Lebensgefahr. Die Bundesregierung hält Racheakten der Taliban für möglich. Deshalb sollen Betroffene nach Deutschland reisen dürfen. Bislang wurden offiziellen Angaben zufolge rund 2.400 Visa für Ortskräfte und ihre engen Verwandten ausgestellt.

Doch das Verfahren steht massiv in der Kritik. Der Ko-Direktor der Forschungsorganisation „Afghanistan Analysts Network“, Thomas Ruttig wendet ein, dass selbst diejenigen Ortskräfte, die ein Visum haben, es oft nicht nutzen könnten, weil sie nicht genug verdient hätten, um die Flüge für sich und ihre Familie zu bezahlen. Eine Kostenübernahme der Flugkosten lehnt das Bundesinnenministeriums ab. Eine Sprecherin sagte, das bisherige Verfahren „und somit auch die eigenverantwortliche Ausreise der Ortskräfte“ habe sich bewährt.

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Diese Haltung stößt bei Menschenrechtsorganisationen auf scharfe Kritik. „Die afghanischen Ortskräfte trotz konkreter Lebensgefahr nicht auszufliegen, sondern ihnen lediglich ein Visum in die Hand zu drücken und ein lapidares ‚Wenn Du es schaffst, dann sehen wir uns in Deutschland!‘ hinterherzurufen, hat rein gar nichts mit der Dankbarkeit und dem Verantwortungsbewusstsein zu tun, die Mitglieder der Bundesregierung in ihren Sonntagsreden zum Truppenrückzug immer wieder beschwören“, sagt Albrecht Bähr, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der Diakonie in Rheinland-Pfalz.

Anlaufstelle wird nicht eröffnet

Für diejenigen, die noch kein Visum haben, hat sich die Aussicht auf eine Flucht nach Deutschland zudem weiter verschärft. Wie jetzt bekannt wurde, kann eine der beiden Anlaufstellen in Afghanistan für Ortskräfte der Bundeswehr vorläufig ihren Betrieb nicht aufnehmen. Die stellvertretende Sprecherin des Auswärtigen Amts, Andrea Sasse, sagte am Freitag in Berlin, der beauftragte Dienstleister für das geplante Büro in Masar-i-Sharif habe sich vor dem Hintergrund der aktuellen Lageentwicklung entschieden, das Büro noch nicht zu eröffnen – zum Schutz seiner Mitarbeiter.

Die Bundeswehr hatte ihr zentrales Feldlager in Masar-i-Sharif, mithin sind dort viele Ortskräfte. Die letzten Soldaten waren am Dienstag vergangener Woche ausgeflogen worden. Zurückgeblieben sind afghanische Helfer, die etwa als Koch oder Dolmetscher für die deutschen Streitkräfte oder die Polizei gearbeitet haben. Sie sollen sich an das Büro im über 420 Kilometer entfernten Kabul wenden, um eine Gefährdungsanzeige zu stellen. Es wird dann geprüft, ob sie für eine Aufnahme in Deutschland infrage kommen und ein Visum beantragen können. (epd/mig) Aktuell Politik

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  1. Gerrit sagt:

    Ein Sprichwort sagt: Ob und wer dein Freund ist, weiß man erst, wenn man sie/ihn braucht!

    Die Ortskräfte müssen sich regelrecht mißbraucht vorkommen. Helfen durften sie. Und jetzt, wenn sie unsere Hilfe brauchen, scheitert es an Tickets? Wie abscheulich!