Kommissionsbericht
Rassistische und antisemitische Sprache in Sachsen-Anhalts Polizei
Eine Sonderkommission hat Sachsen-Anhalts Polizei auf Antisemitismus und Rassismus überprüft. Das Ergebnis: Fremdenfeindliche und antisemitische Klischees sind verbreitet. Institutionellen Rassismus will die Kommission aber nicht gefunden haben.
Freitag, 26.03.2021, 5:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Freitag, 26.03.2021, 13:41 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Stereotype, rassistische und antisemitische Zuschreibungen wie „Jude“ für geschäftstüchtige Menschen, „Kanacke“ und „N…“ für Ausländer oder Schwarze: Unter Beamten der sachsen-anhaltischen Landespolizei sei die Verwendung solcher Ausdrücke verbreitet, heißt es im Bericht einer Sonderkommission des Justizministeriums in Magdeburg, der am Donnerstag dem Innenausschuss des Landtags vorgestellt wurde.
„Es steht außer Frage, dass dies nicht hinnehmbar ist“, schreiben die Autoren des 154-seitigen Berichts, der dem „Evangelischen Pressedienst“ vorliegt. Darüber hinaus sei in einigen Disziplinarverfahren gegen Polizisten Alltagsrassismus festgestellt worden. Hinweise auf institutionellen Rassismus oder Antisemitismus gebe es aber nicht.
Innenminister: Äußerungen unterlassen
Von Polizeibediensteten müsse man erwarten können, im dienstlichen und privaten Umgang solche Äußerungen zu unterlassen, sagte Innenminister Michael Richter (CDU): „Antisemitismus, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit haben in unserem Land und in unserer Polizei nichts zu suchen.“
Richters Vorgänger Holger Stahlknecht (CDU) hatte die Kommission im Oktober 2020 eingesetzt. Unter dem Vorsitz einer Justiz-Ministerialdirigentin hatte sie in den vergangenen Monaten unter anderem Gespräche mit Beamten, Polizeiführern und Organisationen geführt und interne Verfahren ausgewertet.
Auslöser: Eine anonyme E-Mail
Auslöser war eine anonyme E-Mail, wonach der Betreiber einer Kantine der Bereitschaftspolizei von Beamten über Jahre als „Jude“ bezeichnet worden sei. Das sei allgemein bekannt gewesen, aber vom Führungspersonal nicht unterbunden worden. Der Bericht bestätigt das und folgert, es sei denkbar, dass den Beamten die Herkunft des Begriffs bekannt gewesen sei, „sie aber kein Unrechtsbewusstsein haben, eine als besonders geschäftstüchtig geltende Person als ‚Juden‘ zu bezeichnen“.
An anderer Stelle resümiert die Kommission, dass es Bereitschaftspolizisten „an der erforderlichen Achtsamkeit im Umgang mit Begrifflichkeiten fehlt“. Genannt werden von Polizeianwärtern verwendete Begriffe wie „Faschistendienstag“ oder „Fettenmittwoch“ für die gezielte Kontrolle von Ausländern oder Übergewichtigen an bestimmten Tagen.
Kommission für unabhängige Beschwerdestelle
Um den Missständen zu begegnen, empfahl die Kommission unter anderem die Einrichtung einer zentralen Bearbeitungsstelle für strafrechtliche Vorwürfe gegen Polizisten und eine unabhängige Beschwerdestelle. Auch regelmäßige Supervisionen, ein Mentoring für Führungskräfte und eine stärkere Sensibilisierung für Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Antisemitismus werden empfohlen. Zudem solle die Landespolizei verstärkt unter Menschen mit Einwanderungsgeschichte nach Nachwuchs suchen, Abschiebungen sollten durch neutrale Beobachter begleitet werden.
Innenminister Richter erklärte, die Einrichtung einer unabhängigen Beschwerdestelle werde geprüft. Auch andere Empfehlungen werde man aufgreifen, andere seien bereits in der Umsetzung. (epd/mig) Leitartikel Panorama
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