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Studie

Wie Rechtsextreme etablierte Medien (aus)nutzen

Etablierte Medien gehören zu den erklärten Feindbildern von Rechtsextremisten. Einer neuen Studie zufolge nutzen Rechtsextremisten jedoch genau diese Medien, um ihre Weltbilder zu bestätigen – oft selektiv und aus dem Zusammenhang gerissen.

Mittwoch, 09.12.2020, 5:20 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 08.12.2020, 17:14 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Rechtsextremisten beziehen sich nach einer Studie des hessischen Verfassungsschutzes in ihren Social-Media-Kanälen zum überwiegenden Teil auf Meldungen etablierter Medien. Alternative Nachrichtenportale spielten dabei wider Erwarten eine untergeordnete Rolle, sagte der Präsident des Landesamtes für Verfassungsschutz Hessen, Robert Schäfer, am Dienstag in Wiesbaden.

„Die Studie belegt, dass Rechtsextremisten die von ihnen als Lügenpresse diffamierten Medien sehr wohl wahrnehmen“, erläuterte Schäfer. „Sie nutzen diese Medien jedoch sehr selektiv und verbreiten nur das weiter, was zu ihrem rechtsextremistischen Weltbild zu passen scheint.“ Durch gezielte Kommentierung oder das Hineinstellen in einen neuen Kontext dienten ausgewählte Nachrichteninhalte der Szene sogar zur Festigung ihres Weltbildes.

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Untersucht wurden in der Studie mit dem Titel „Filter ohne Blase“ die Facebook-Profile und Twitter-Accounts bundesweit wichtiger rechtsextremistischer Gruppierungen und Einzelpersonen, insgesamt 64 Online-Präsenzen. Im Vordergrund stand dabei die Frage, wie und anhand welcher Medien sich die Szene dort mit dem politischen Geschehen auseinandersetzt.

Herstellung neuer Zusammenhänge

Eines der Ergebnisse: Die 2.046 Posts oder Tweets, die von Januar bis Juli 2019 verbreitet wurden, stammten lediglich zu einem knappen Viertel aus alternativen Medien. „Trotzdem wird das politische Geschehen in den untersuchten Profilen in einer Art und Weise präsentiert, die sich nahtlos einfügt in ein rechtsextremistisches Weltbild“, erläuterte die Autorin der Studie, Ann-Christin Wegener.

Ein häufig gebrauchtes Mittel dafür sei, dass die rechtsextremistischen Autoren ihre Inhalte aus einer Vielzahl von Medien auswählten und diese Inhalte durch Begleittexte in einen neuen Zusammenhang setzten. So brächten sie etwa gesellschaftliche Probleme erst durch einen neuen Begleittext mit dem Zuzug von Migranten in Verbindung.

Schleichende Verzerrung der Realität

Ein beliebtes Mittel sei auch, Berichte über einzelne Verbrechen von Zuwanderern zu verallgemeinern und im Begleittext eine grundsätzliche Kriminalitätsneigung von Migranten zu unterstellen. Kennzeichnend für das in rechtsextremistischen Medien vermittelte Weltbild sind nach Angaben der Studie die Annahmen, Migration sei das größte Problem, alle Migranten seien kriminell, linke Parteien führten das Land ins Verderben, und der Staat und die etablierten Parteien seien Versager.

Die Grenzen zwischen rechtsextremistischer Kommunikation und einer breiteren medialen Öffentlichkeit seien fließend, resümiert die Studie. Den rechtsextremistischen Posts könne man die ideologische Verzerrung des politischen Tagesgeschehens vielfach in keiner Weise ansehen, insofern könnten sich breite Teile der Öffentlichkeit mit ihnen identifizieren. Wer diese Posts jedoch regelmäßig lese, der beginne schleichend die Welt aus einer rechtsextremistischen Perspektive zu sehen, möglicherweise ohne sich dessen überhaupt bewusst zu sein, warnte die Studie. (epd/mig) Aktuell Panorama

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