Interview mit Fritz Keller
„Wer eine rechte Partei wählt, ist im Fußball falsch“
Friedrich Walter „Fritz“ Keller, Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), erklärt im Gespräch, warum rechtes Gedankengut keinen Platz im Fußball hat und wie der DFB Missbrauch verhindern will.
Dienstag, 26.05.2020, 5:22 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 27.05.2020, 22:25 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Zu den Kernthemen Ihrer Präsidentschaft gehört das klare Bekenntnis zu Vielfalt, Integration, Inklusion und Menschenrechten. Wie viel gesellschaftliche Verantwortung steckt im Fußball – regional und national?
Fritz Keller: Der Fußball erreicht Millionen Menschen in Deutschland, über alle vermeintlichen Grenzen hinweg. Er führt Menschen zusammen, die sich sonst nie begegnet wären. Und deshalb kann er Werte, die für unser Zusammenleben von Bedeutung sind, transportieren wie kein anderer Sport und kaum eine andere Institution in Deutschland. Im Kleinen, wenn Kinder im Team Fußball spielen und merken, dass es nur gemeinsam geht. Und im Großen, wenn die Vorbilder aus der Nationalmannschaft und der Bundesliga unsere Werte vorleben.
Die Presse- und Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut in einer Demokratie. Was darf man rund um das Stadion sagen, rufen oder singen und wo verläuft Ihrer Meinung nach die Grenze zur Beleidigung oder Volksverhetzung?
Fritz Keller: In Deutschland ist das Sagbare klar durch Gesetze geregelt, die in solchen Fällen in aller Konsequenz angewandt werden sollten. Daneben ist jeder Einzelne von uns auf dem Rasen und auf der Tribüne gefordert, aufzustehen und gegen Beleidigungen oder Diskriminierungen seine Stimme zu erheben und einzuschreiten. Denn die Störer sind in der Minderheit und können nicht gegen die überwältigende Mehrheit ankommen. Das muss man sich nur von Zeit zu Zeit wieder vergegenwärtigen.
Der Rechtspopulismus wird zunehmend auch in der Mitte der Gesellschaft salonfähig. Rechte Parolen im Stadion sind die Folge. Wie möchte der DFB verhindern, dass der Fußball als politische Bühne missbraucht wird?
„Wer rechtes Gedankengut hat oder eine rechte Partei wählt, ist im Fußball falsch. Der Fußball steht für Verständigung und nicht für Ausgrenzung. Für Vielfalt, für Integration, für Akzeptanz und Toleranz. „
Fritz Keller: Gegen rechte Parolen schreiten wir mit aller Härte ein. Denn wer rechtes Gedankengut hat oder eine rechte Partei wählt, ist im Fußball falsch. Der Fußball steht für Verständigung und nicht für Ausgrenzung. Für Vielfalt, für Integration, für Akzeptanz und Toleranz. Diese Werte sind mit rechten Positionen nicht vereinbar. Gleichzeitig laden wir jeden ein mitzumachen und schlagen niemandem die Tür zu. Wer sich zu unseren Werten bekennt, den nehmen wir in unserer Gemeinschaft auf. Und die ist viel reizvoller als eine Ideologie, die Hass und Negativität verbreitet.
Sie haben zuletzt die WM-Vergabe an Katar kritisiert und betont, dass die Nationalspieler im Rahmen ihrer Möglichkeiten ihre Stimme gegen Menschenrechtsverletzungen und Rassismus erheben werden. Reicht das?
Fritz Keller: Auch der DFB hat selbstverständlich eine Stimme. Und auch die werden wir erheben. Wir werden Missstände klar benennen, wir werden uns mit Akteuren der Zivilgesellschaft austauschen. In einer zunehmend von Konflikten geprägten Welt sind wir der Ansicht, dass Verständigung, Austausch und Zusammenarbeit – insbesondere im und durch Sport – notwendig sind, um über politische, manchmal auch über moralische oder ethische Grenzen hinweg, Brücken bauen zu können und damit die Grundlagen für Verbesserung zu schaffen.
Mannschaftssport fördert nachweislich die Identitäts- und Wertebildung. Wie groß schätzen Sie in diesem Zusammenhang den Einfluss von Jugendfußball auf das Sozialverhalten von Kindern und Jugendlichen ein?
Fritz Keller: Diesen Einfluss kann man gar nicht hoch genug einschätzen. Beim Fußball, in der Gemeinschaft bekommen Kinder Werte vorgelebt und vermittelt, von denen sie ein Leben lang profitieren. Und deshalb ist es so wichtig, dass wir die Menschen, die den Kindern diese Werte wie Fair Play, Respekt, Freundschaft, oder den Umgang mit Niederlagen vermitteln, stärker wertschätzen. Denn was unsere Ehrenamtlichen in unseren rund 25.000 Vereinen in Deutschland leisten, wird allzu oft als selbstverständlich hingenommen. Das ist es aber keinesfalls. Es ist ein für die gesamte Gesellschaft unverzichtbares Engagement, für das wir allen ehrenamtlich Tätigen von Herzen danken müssen. Und wir müssen gemeinsam mit der Politik die Rahmenbedingungen für ehrenamtliches Engagement verbessern und die Anerkennung stärken.
Aktuell Interview PanoramaDieser Text ist zuerst erschienen im Initiative Gesichter der Demokratie.
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