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Bundesverfassungsgericht

Gerichte dürfen Asylbewerber keiner Glaubensprüfung unterziehen

Verwaltungsgerichte dürfen Asylbewerber keiner "Glaubensprüfung" unterziehen. Das hat das Bundesverfassungsgericht im Fall eines Iraners entschieden und damit der weitläufigen Verhandlungspraxis eine Absage erteilt.

Montag, 25.05.2020, 5:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 24.05.2020, 21:13 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Die Verwaltungsgerichte in Deutschland dürfen zum Christentum übergetretene Asylbewerber nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts keiner „Glaubensprüfung“ unterziehen. Sie müssten sich jedoch davon überzeugen, dass die im Herkunftsland zu einer Verfolgung führende Glaubensbetätigung für die religiöse Identität des Betroffenen auch eine zentrale Bedeutung habe, heißt es in einem am Freitag veröffentlichten Beschluss (AZ: 2 BvR 1838/15). Dies verletze weder das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen oder Religionsgemeinschaften noch die Glaubens-, Gewissens- und Religionsfreiheit des Einzelnen.

Die Karlsruher Richter nahmen deswegen eine Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung an, die sich gegen die Ablehnung des Asylantrags eines in Deutschland zum Christentum konvertierten Iraners richtete. Dieser hatte nach Überzeugung der Vorinstanzen „nicht in substanzieller Weise seine Beweggründe aufzeigen können, die ihn ausgerechnet zum christlichen Glauben geführt hätten“. So habe der Mann keinen Taufkurs besucht und „nicht unerhebliche Lücken“ im Grundwissen über das Christentum gezeigt.

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Kirchenmitgliedschaft Rechtstatsache

Es dränge sich angesichts der sozialen Unterstützung durch die Pfarrerin und die Kirchengemeinde der Eindruck auf, dass der Asylbewerber „sich dem Christentum vornehmlich aus sozialen und integrativen Gründen angeschlossen habe“, entschied der Verwaltungsgerichtshof. Das Bundesverwaltungsgericht wies die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision zurück. Das Bundesverfassungsgericht betonte, die Maßstäbe des Bundesverwaltungsgerichts für die Prüfung, ob eine begründete Furcht vor Verfolgung wegen der Religion bestehe, seien nicht zu beanstanden.

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Es betonte jedoch zugleich, dass die Verwaltungsgerichte eine nach Angaben der Glaubensgemeinschaft gültig vollzogene Taufe und damit die Mitgliedschaft in dieser Glaubensgemeinschaft nicht infrage stellen dürften. „Vielmehr haben diese die Kirchenmitgliedschaft als Rechtstatsache zu beachten und der flüchtlingsrechtlichen Prüfung zugrunde zu legen, selbst wenn Anhaltspunkte für eine mitbestimmende taktische Prägung des Übertritts zu einem Glauben oder gar für eine Missbräuchlichkeit der Konversion bestehen“, erklärten das Verfassungsgericht. Auch sei staatlichen Behörden eine inhaltliche „Glaubensprüfung“ verwehrt.

Kirchen kritisieren Glaubenstests

Bei der Prüfung, ob die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Flüchtling nach dem Asylgesetz vorliegen, handele es sich hingegen nicht um eine eigene Angelegenheit der Kirchen oder Religionsgemeinschaften. Sie falle nicht in den „der Erfüllung des religiösen Auftrags und der religiösen Sendung dienenden Bereich“, sondern sei Sache des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge und der Verwaltungsgerichte. „Auch wenn sich die Annahme verbietet, ohne ein ‚Mindestwissen‘ über einen Glauben könne eine prägende Glaubensüberzeugung nicht vorliegen, kann die Vertrautheit des Schutzsuchenden mit den Lehraussagen einer Religionsgemeinschaft ein Indiz für die identitätsprägende Bedeutung der Konversion zu dieser Religion sein“, entschieden die Verfassungsrichter.

In den vergangenen Jahren ist die Zahl der zum Christentum konvertierten Flüchtlinge gestiegen. Parallel dazu haben auch richterliche Glaubenstest in Asylverfahren zugenommen. Die Kirchen kritisierten die Glaubensprüfungen vor Gerichten und warfen Behörden Gesinnungsprüfungen bei Anhörungen vor. Bei Abfragen würde Wissen als Fleißleistung abgetan, Wissenslücken als Täuschungsversuch gewertet. (epd/mig) Leitartikel Recht

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