Europarechtler
EU-Kommission nimmt erstmals Rechtsbruch in Kauf
Europa verstößt nach Überzeugung des Europa- und Asylrechtsexperten Jürgen Bast gegen EU-Recht und Menschenrechte. Dabei agiere die EU-Kommission erstmalig politisch und nicht als Hüterin der Verfassung.
Von Corinna Buschow Montag, 09.03.2020, 5:20 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 08.03.2020, 16:25 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Der Europa- und Asylrechtsexperte Jürgen Bast schätzt das Vorgehen der griechischen Behörden an der Grenze zur Türkei als nicht vereinbar mit dem Recht der EU ein. „Ein Asylverfahren an der Grenze gänzlich auszuschließen ist offensichtlich europarechtswidrig“, sagte der Professor für Rechtswissenschaften an der Universität Gießen. Die griechische Regierung breche EU-Recht und die Europäische Menschenrechtskonvention, ergänzte er. Zudem kritisierte Bast, dass die EU-Kommission dies akzeptiere.
„Zum ersten Mal macht die Kommission nicht das, was man von ihr erwartet: Sie drängt nicht auf die Einhaltung des EU-Rechts, sondern agiert politisch“, sagte Bast. Dabei nehme sie stillschweigend in Kauf, dass EU-Recht gebrochen werde. „Das steht doch im erheblichen Konflikt mit der Aufgabe der EU-Kommission, Hüterin der Verträge zu sein“, sagte der Experte für Europa- und Asylrecht. EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen hatte bei einem Besuch an der griechisch-türkischen Grenze den Griechen die Solidarität der EU bei ihrem Vorgehen versichert.
Bast erläuterte, das Gemeinsame Europäische Asylsystem sehe ausdrücklich die Möglichkeit vor, an der Grenze – also nicht erst innerhalb der EU – einen Asylantrag zu stellen. „Zumindest muss die Person also angehört werden. Das ist das unverfügbare Minimum, für das das europäische Recht keine Ausnahmen kennt“, sagte der Rechtswissenschaftler.
Illegale Push-Backs
Derzeit fänden sogenannte Push-Backs statt, die auch laut Europäischer Menschenrechtskonvention illegal seien, sagte Bast. Selbst wenn nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte Push-Backs in Ausnahmen erlaubt sind, habe das Straßburger Gericht klargestellt, dass es an den Grenzen die Möglichkeit zum Zugang zum Asylsystem geben müsse. Dagegen verstoße Griechenland mit der Erklärung, derzeit gar keine Asylanträge anzunehmen.
Nicht verwechseln dürfe man das Recht auf Zugang zum Asylverfahren mit einem Aufenthaltsrecht in der EU, betonte Bast. „Beantragt eine Person kein Asyl, werden ihre Chancen gering sein, bleiben zu dürfen“, sagte er. Genauso gebe es auch die Möglichkeit, die Personen im grenznahen Bereich festzuhalten und nach einem negativen Ergebnis der Prüfung zurückzuschicken. Mindestens anhören müsse man sie aber, betonte Bast. (epd/mig) Aktuell Panorama
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