NSU 2.0
Frankfurter Anwältin erhält erneut Drohbrief
Erneut hat die Frankfurter Rechtsanwältin Seda Başay-Yıldız einen Drohbrief mit öffentlich nicht zugänglichen Informationen über ihre Familie erhalten. Das Papier ist mit "NSU 2.0" unterzeichnet und bezieht sich auf die Suspendierung von "Polizeikollegen".
Dienstag, 15.01.2019, 5:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 20.01.2019, 17:03 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Die Frankfurter Rechtsanwältin Seda Başay-Yıldız hat einem Medienbericht zufolge erneut einen Drohbrief erhalten, der Informationen über ihre Familie enthält und mit „NSU 2.0“ unterzeichnet ist. Das Schreiben stütze sich wieder auf interne Daten aus dem Polizeicomputer, berichtete die „Süddeutsche Zeitung“ am Montag in ihrer Online-Ausgabe. Es nenne den Namen von Başay-Yıldız‘ Vater, ihrer Mutter, ihres Mannes und ihrer Tochter, die unter ihrer Adresse gemeldet seien. „So etwas kann man nicht über die sozialen Netzwerke herausfinden“, sagte die 42-jährige Anwältin der Zeitung.
Ein erster mit „NSU 2.0“-unterzeichneter Drohbrief war Anfang August vergangenen Jahres bei der türkischstämmigen Anwältin eingegangen. Darin wurde sie als „Türkensau“ beleidigt und auch damit gedroht, ihre Tochter zu „schlachten“. Başay-Yıldız hatte im Münchner NSU-Prozess eine der Opfer-Familien vertreten. Sie verteidigte auch die Gefährder und mutmaßlichen Terroristen Haykel S. und Sami A.
Im Rahmen der Ermittlungen zum ersten Drohbrief wurde bekannt, dass die persönlichen Daten zu Başay-Yıldız offenbar über einen Polizeicomputer im 1. Polizeirevier in Frankfurt am Main abgerufen worden waren. Im Verdacht stehen fünf Mitarbeiter des Reviers. Gegen die vom Dienst suspendierten Beamten wird seit Mitte Dezember wegen Volksverhetzung und Verwendung von verfassungsfeindlichen Symbolen ermittelt.
Vergeltung für „unseren Polizeikollegen“
Der neue Drohbrief bezieht sich laut SZ auf die Suspendierung der Frankfurter Polizisten. In dem Brief heiße es: „Dir hirntoten Scheißdöner ist offensichtlich nicht bewusst, was du unseren Polizeikollegen angetan hast!“ Außerdem wird in dem Schreiben erneut die Tochter der Anwältin bedroht.
In einem Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“ erklärt Başay-Yıldız, dass die Polizei das Risiko nicht als sehr groß ansehe. „Gleichzeitig bieten mir die Polizisten an, dass ich einen Waffenschein haben kann, um mich zu schützen“, erklärt die Anwältin. Da dränge sich ihr die Frage auf: „Brauche ich in Deutschland eine Waffe? Wozu?“
Daimagüler kritisiert Polizei
Mehmet Gürcan Daimagüler, ebenfalls Anwalt im NSU-Prozess, kritisiert das Vorgehen der Polizei. Im Kurznachrichtendienst „Twitter“ erklärt er: „Geht’s noch? Ein Organ der Rechtspflege und ihre Familie, darunter ein Kleinkind, werden mit dem Tode bedroht, möglicherweise aus Polizeikreisen und die Polizei rät zur Bewaffnung und Selbstschutz? Das ist ein Armutszeugnis, mehr noch, eine Bankrotterklärung des Rechtsstaates. Was ist eigentlich in Hessen los?“
Die Polizei empfiehlt Seda Basay sich einen Waffenschein zu besorgen. Geht’s noch? Ein Organ der Rechtspflege und ihre Familie, darunter ein Kleinkind, werden mit dem Tode… https://t.co/rSiw7PaUIz
— Mehmet G. Daimagüler (@DaimagM) 14. Januar 2019
Das Landeskriminalamt in Wiesbaden und die Frankfurter Staatsanwaltschaft wollten sich am Montag wegen der laufenden Ermittlungen nicht zu dem zweiten Drohbrief gegen Başay-Yıldız äußern. (epd/mig) Leitartikel Panorama
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