Neutralitätsgesetz am Ende
Lehrerin gewinnt Rechtsstreit um Kopftuchverbot
Eine Lehrerin mit Kopftuch durfte nicht an einer Berliner Grundschule unterrichten. Sie sieht sich diskriminiert und zog vor Gericht. Das Landesarbeitsgericht hat ihr nun Recht zugesprochen. Berlins Justizsenator zufolge ist das Berliner Neutralitätsgesetz nicht mehr zu halten.
Freitag, 10.02.2017, 4:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 15.02.2017, 18:10 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Das Land Berlin muss einer muslimischen Lehramtsbewerberin 8.680 Euro Entschädigung zahlen, weil sie wegen ihres Kopftuches nicht eingestellt wurde. Das hat das Landesarbeitsgericht am Donnerstag in zweiter Instanz entschieden. Die Bewerbung der jungen Frau als Grundschullehrerin war im Frühjahr 2015 vom Land Berlin mit Verweis auf ihre religiöse Kopfbedeckung abgelehnt worden.
Die Behörden hatten sich dabei auf das Berliner Neutralitätsgesetz berufen, das religiöse Symbole bei Lehrkräften an staatlichen Schulen in bestimmten Fällen verbietet. Dagegen hatte die Frau geklagt. Das Land Berlin kann gegen das Urteil Berufung beim Bundesarbeitsgericht einlegen.
Benachteiligt wegen dem Kopftuch
Die Lehramtsanwärterin sei wegen ihres islamischen Kopftuchs benachteiligt worden, urteilte das Landesarbeitsgericht. Weil von der jungen Frau „keine konkrete Gefährdung des Schulfriedens“ ausgegangen sei, sei ihre Benachteiligung unzulässig gewesen. Das Berliner Neutralitätsgesetz sei aber dennoch verfassungskonform, betonte das Gericht.
Das Arbeitsgericht hatte im April vergangenen Jahres in erster Instanz entschieden, dass das Berliner Neutralitätsgesetz keine Benachteiligung der Klägerin darstelle, verfassungsgemäß sei und deshalb auch keine Entschädigung zu zahlen sei.
Keine Anhaltspunkte für Störung des Schuldfriedens
Das Bundesverfassungsgericht hatte im Frühjahr 2015 am Beispiel zweier muslimischer Pädagoginnen aus Nordrhein-Westfalen ein pauschales Kopftuchverbot für unzulässig erklärt. Vielmehr müsse dafür eine konkrete Gefahr für Neutralität und Schulfrieden nachgewiesen werden, hieß es mit Blick auf damalige Regelungen in Nordrhein-Westfalen.
Ein Sprecher des Landesarbeitsgerichtes betonte, dass das Berliner Neutralitätsgesetz kein generelles Verbot von religiösen Zeichen im Schuldienst beinhalte, sondern in Paragraf 3 auch Ausnahmen vorsehe. Im vorliegenden Fall habe das Gericht keine Anhaltspunkte gesehen, dass durch die junge Lehrerin mit Kopftuch der Schulfrieden gestört werde.
Berlins Justizsenator begrüßt Urteil
Berlins Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) hat das Kopftuch-Urteil begrüßt. „Das ist ein guter Tag für die Antikdiskriminierung in Berlin“, sagte er am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur. Das Urteil sei „der Anfang vom Ende des Neutralitätsgesetzes“. Die rot-rot-grüne Koalition werde darüber nun Gespräche führen. „Ich will den Beratungen nicht vorgreifen, gehe aber davon aus, dass das Berliner Neutralitätsgesetz nicht mehr zu halten sein wird“, so Behrendt. (epd/mig) Leitartikel Recht
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