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Oberlandesgericht

Libanese muss Ex-Frau „Abendgabe“ nach islamischem Recht zahlen

Die nach islamischem Recht vereinbarte "Abendgabe" des Mannes muss im Falle einer Scheidung auch dann gezahlt werden, wenn die Frau die Scheidung einreicht. Das entschied das OLG Hamm. Die Unterhaltspflicht sei vom Trennungsgrund unabhängig.

Donnerstag, 07.07.2016, 8:20 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 07.07.2016, 20:37 Uhr Lesedauer: 1 Minuten  |  

Das Oberlandesgericht Hamm hat einen aus dem Libanon stammenden Mann dazu verpflichtet, seiner Ex-Frau die bei einer Scheidung nach islamischen Recht fällige „Abendgabe“ zu zahlen. Für den 2005 in Beirut geschlossenen Ehevertrag gelte das islamisch-sunnitische Recht, wonach der vereinbarte Abfindungsbetrag zur Absicherung der Ehefrau dienen soll, wie es in dem am Mittwoch veröffentlichten Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm heißt. (AZ: 3 UF 262/15) Das sei mit nachehelichen Unterhaltspflichten der deutschen Gesetzgebung vergleichbar und damit auch hierzulande anwendbar.

Das Oberlandesgericht bestätigte damit eine vorangegangene Entscheidung des Amtsgerichts Bochum. In dem Fall verlangte die Ehefrau den vertraglich zugesicherten Abfindungsbetrag in Höhe von 15.000 US-Dollar, umgerechnet 13.260 Euro.

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Der seit 1980 in Deutschland lebende Mann hatte Beschwerde gegen das erste Urteil eingelegt. Er argumentierte, dass seiner geschiedenen Frau die vereinbarte „Abendgabe“ nach islamisch-sunnitischem Recht nur zustehe, wenn der Trennung ein sogenannter Talaq – eine vom Ehemann ausgehende Scheidung – zugrunde liege. In ihrem Fall habe aber seine Ex-Frau 2014 die Scheidung eingereicht und nicht er.

Die Richter in Hamm wiesen die Beschwerde mit der Begründung ab, in dem Ehevertrag sei von den Beteiligten im Fall einer Trennung kein islamisches Scheidungsrecht vereinbart worden. Der dauerhafte Aufenthaltsort beider Partner liege in Deutschland. So sei auch die Ehe vom Familiengericht Bochum nach deutschem Recht geschieden worden. Danach stehe der geltend gemachte Abfindungsbetrag, die „Abendgabe“, der Frau zu.

Der „Talaq“ – also eine Verstoßung der Ehefrau durch den Ehemann – könne jedoch nicht auf das deutsche Recht übertragen werden. Diese Einschränkung des islamischen Rechts sei mit wesentlichen Grundgedanken des Ehescheidungs- und Nachscheidungsunterhaltsrechts in der Bundesrepublik Deutschland nicht zu vereinbaren, erklärten die Richter. Der Beschluss ist rechtskräftig. (epd/mig) Aktuell Recht

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  1. karakal sagt:

    Was sich dieser deutsche Staat anmaßt! Eheschließung und -Scheidung beruhen traditionell in den meisten Kulturkreisen auf der Religion. In diese Dinge hat sich der Staat nicht mit selbstgemachten anderslautenden Gesetzen einzumischen! Zusätzlich zur Abendgabe muss der geschiedene Ehemann dann vielleicht auch noch Unterhalt zahlen.

  2. Volker K. sagt:

    Der deutsche Staat maßt sich da wohl eine Rechtssrechung nach geltenden Gesetzen an. Wem das nicht paßt, der kann ja gerne schmollen. Hier in unserem Land werden die Gesetze immer noch vom Bundestag, bzw. bei entsprechenden Vorraussetzungen vom Bundesrat oder einem Ausschuß (wenn es gar nicht anders geht) gemacht. Das wäre ja noch schöner wenn sich hier jede Mindeheit traditionelle Gesetze bewahrt und anwendet, weil es gerade so schön paßt. Und genau in diese Dinge wie Scheidung und Unterhaltsgeld hat sich der Staat einzumischen und das ist auch sehr gut so. Wer es bevorzugt in einem rechtsfereien Raum zu leben, der kann sein Glück nun mal nicht in unserem Land finden.

  3. Frau1 sagt:

    Erst einmal finde ich es super das sich unser Land auch mit den Gewohnheiten und Traditionen aus den nicht-EU-Ländern vertraut macht und sich einbinden lässt um dann ein Recht quasi ins dt. zu übersetzen! – und da wir ja in 2018 leben, sollte das Recht zur Verstoßung des Ehegatten und die Abendgabe zu gleichen Teilen gelten, je nachdem wer hier das Geld nachhause gebracht hat – daher vollkommen legitim ! :)

    Diejenigen die es anders sehen, werden es aus anderen Gründen wohl nicht begrüßen (zB Patriarchismus, keine genügende Bildung um unser Rechtssystem zu verstehen oder auch die Enttäuschung neben dem Partner eine Geldsumme „verloren“ zu haben)

    Zudem regt es auch an, das zukünftige Paare sich mehr Gedanken über die Ehe machen, welche ja an sich, von beiden gewollt und ernst genommen werden sollte! ;)