Verfassungsgericht
Zweiter Anlauf für ein NPD-Verbot
Vor mehr als drei Jahren beschlossen die Länder einen neuen Antrag für ein NPD-Verbotsverfahren. In der nächsten Woche startet vor dem Bundesverfassungsgericht die Verhandlung. Damit ist das Verfahren bereits weiter als beim ersten Versuch 2003.
Von Corinna Buschow Montag, 29.02.2016, 8:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 03.03.2016, 22:26 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Während vor den Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt die AfD den etablierten Parteien Sorge vor einer neuen rechten Kraft in den Parlamenten macht, könnte eine alte rechtsrextreme Partei derzeit fast in Vergessenheit geraten. Die NPD sieht momentan kein Wahlforschungsinstitut in den drei Ländern in der Nähe der Fünf-Prozent-Hürde. Innerparteiliche Streitereien lieferten zuletzt ein desolates Bild vom Zustand der Partei. Dennoch wird sich in der kommenden Woche bundesweit Aufmerksamkeit auf die NPD richten. Vor dem Bundesverfassungsgericht startet die Verhandlung um ein Verbot der Partei.
Es ist der zweite Anlauf der Politik, die rechtsextreme Partei zu verbieten. Die demokratischen Parteien sehen bei ihr eine Wesensverwandtschaft zum Nationalsozialismus mit einem ethnischen Volksbegriff und der Ablehnung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Man könne mit öffentlich zugänglichen Beweismitteln belegen, dass die NPD eine verfassungsfeindliche Partei ist, erklärte Lorenz Caffier (CDU) am 5. Dezember 2012.
Erster Anlauf scheiterte an V-Leuten
An diesem Tag beschloss die Innenministerkonferenz, der Caffier als Ressortchef in Mecklenburg-Vorpommern damals vorsaß, einen neuen NPD-Verbotsantrag. Dass Caffier die „öffentlich zugänglichen Quellen“ hervorhob, war bewusst gewählt. 2003 scheiterte das erste NPD-Verbotsverfahren vor allem an der Quellengrundlage. Die Karlsruher Richter mussten davon ausgehen, dass V-Leute des Verfassungsschutzes in Führungsgremien der Partei selbst die Ausrichtung der NPD mit bestimmt und geprägt haben. Ein Verbot auf dieser Grundlage war nicht möglich. Noch bevor überhaupt verhandelt wurde, war das Verfahren bereits wieder eingestellt.
Das sollte nicht noch einmal passieren. Nach Aufforderung des Bundesverfassungsgerichts reichten die Länder bei ihrem nunmehr zweiten Versuch im vergangenen Jahr einen Schriftsatz ein, der belegen soll, dass alle wesentlichen V-Leute in den Führungsebenen der Partei abgeschaltet wurden. In „beispielloser Weise“ seien damit Akten der Sicherheitsbehörden offengelegt worden, die bis dahin der Geheimhaltung unterlagen, erklärte der Bundesrat damals. Immerhin kommt es nun zur Verhandlung. Damit ist das zweite NPD-Verbotsverfahren bereits jetzt weiter als das erste jemals kam.
Stahlknecht: Bei Scheitern kein Verbotsverfahren für Jahrzehnte
Als Beweis der Verfassungsfeindlichkeit der NPD reichten die Länder zudem Hunderte Seiten Belege ein. Allein 140 Seiten umfasst ein im August 2015 nachträglich eingereichter Schriftsatz, der auch aktuelle Fälle von Hetze gegen Flüchtlinge benannte. Es werde darin bewiesen, dass Anschläge auf Asylunterkünfte „eine konsequente Umsetzung der Ideologie der NPD“ darstellen, hieß es. Als konkretes Beispiel wurde unter anderem das sächsische Heidenau angeführt, wo rechtsextreme Ausschreitungen vor einer Erstaufnahmeeinrichtung anzettelten und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bei einem anschließenden Besuch ausgebuht und als „Volksverräterin“ beschimpft wurde.
Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) sieht gute Chancen für ein Verbot der NPD. „Aus unserer Sicht ist genügend Material für einen erfolgreichen Ausgang der Verhandlungen zusammengetragen worden. Wir haben die Hoffnung, dass dies auch zu einem Verbot führen wird“, betonte Stahlknecht. „Wenn wir nicht zu einem NPD-Verbot kommen, wird es allerdings in den nächsten Jahrzehnten in ähnlich gelagerten Fällen kein weiteres Parteienverbot mehr geben“, räumte Stahlknecht ein.
Ziel: NPD Geldhahn zudrehen
Verfahrensbevollmächtigte aufseiten des Staates im NPD-Verbotsverfahren sind die beiden Berliner Juristen Christoph Möllers und Christian Waldhoff. Sie vertreten den Bundesrat, der diesmal allein in das Verfahren zieht. Bundesregierung und Bundestag, die auch zu einem Antrag auf ein Parteiverbot berechtigt wären, haben sich jeweils nach kontroverser Debatte gegen eigene Initiativen entschieden.
Dennoch signalisierten beide Verfassungsorgane regelmäßig Unterstützung für die Länder. Bei der Verhandlung in der nächsten Woche in Karlsruhe, die vom Gericht auf drei Tage angesetzt ist, werden auch „Auskunftspersonen“ der Bundesregierung vertreten sein, sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums in dieser Woche.
In dem Ziel, der NPD den staatlichen Geldhahn abzudrehen, aus dem die Partei ihre oft menschenfeindlichen Kampagnen mitfinanziert, sind sich Bund und Länder immerhin einig. 2014 bekam die NPD rund 1,4 Millionen Euro an Zuwendungen aus der staatlichen Parteienfinanzierung. Die Zahlen für das vergangene Jahr sollen nach Auskunft des Bundestags in den kommenden Tagen veröffentlicht werden. (epd/mig) Leitartikel Politik
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